(SPD) durften wir jüngst lesen: "Ich werde zu Silvester
wahrscheinlich ein Glas Sekt trinken und auf den Jahreswechsel
anstoßen." Das klingt nicht sehr ausgelassen. Geht uns aber nichts
an. Denn es ist Privatsache, mit wie viel Promille oder stocknüchtern
jemand ins Neue Jahr prostet.
Bereits der alte Fritz sagte, jeder
solle nach seiner Fasson glücklich werden.
Diese Liberalität eines feudalen Herrschers scheint ausgerechnet
unser demokratischer Staat zunehmend aufzugeben. Was Politiker in
diesem Jahr nicht alles an Verbots-Diskussionen losgetreten haben:
Alkoholverbot für Jugendliche, Rauchverbot, Glühbirnenverbot,
Fernreiseverbot, Gib-Gas-ich-will-Spaß-Verbot und ganz frisch auf dem
Tisch das Alkoholreklame-Verbot.
Es ist richtig, alles Erdenkliche zu tun, junge und erwachsene
Bürger über die Gefahren des Lebens aufzuklären und Hilfen
anzubieten. Und natürlich muss der Staat die Allgemeinheit durch
konsequente Verbote schützen. Dabei sollte sich aber die Politik so
weit es geht aus dem Privatleben der Bürger heraushalten. Denn bei
aller Liebe zur Gesundheit nimmt vor allem die Debatte über den
privaten Genuss mittlerweile bevormundende Züge an. Es scheint, dass
in unseren Ministerienstäben die sozialpädagogisch geschulte
Fürsorgefraktion die Überhand gewonnen hat.
Aber so wenig, wie die amerikanische Regierung in den 30er Jahren
durch die Prohibition den Alkoholkonsum in den Griff bekommen hat
(dafür bekam sie Al Capone und die Mafia), wird es unseren Politikern
gelingen, das Volk auf das angepeilte Maß der Gesundbeter zu bringen.
Es wird weiterhin geraucht und getrunken werden, der Ökobratling wird
im Ruhrgebiet der fetten Currywurst, Pommes rot-weiß und dem Döner
niemals den Rang ablaufen. Und sonntags gibt es auch zukünftig
Schwarzwälder Kirsch und danach ein Likörchen. Und das, obwohl alle
wissen, dass es eigentlich anders gesünder wäre.
Keineswegs dürfen die Gefahren von Nikotin-, Fett und
Alkoholsucht heruntergespielt werden. Aber sie gehören zu den
Begleiterscheinungen einer freien, aufgeklärten Bürgergesellschaft,
in der jeder sich auch in Eigenverantwortung für die Höhe seines
Genusspegels sollte entscheiden dürfen.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
- Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
- Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
											
 )									
 
 