Die andere Methode war so eine Art Hechtrolle in Zeitlupe. Ich brauchte eine Anhöhe, nahm Anlauf und sprang ab, wie zu einer Hechtrolle. Nur fiel ich nicht, sonder glitt langsam mit ausgebreiteten Armen dahin. Diese Art von Flug konnte ich innerhalb gewisser Grenzen auch steuern, aber es blieb immer so eine Art Sinkflug in Zeitlupe. Ich verlor kontinuierlich an Höhe, um dann letztendlich mit dem Bauch flach auf dem Boden liegend zu enden. Natürlich brachte hier ein höherer Startpunkt auch einen weiteren Flug. Mein Vater war mit uns Kindern viel in den Harz gefahren und so waren mir die dortigen Höhen bekannt. Ich träumte also immer wieder von steilen Hängen und hoch aufragenden Klippen von den ich mich schwungvoll stürzte um dann leicht wie ein Papierflieger ins Tal zu gleiten.
In meiner Realschule, einem alten Backsteinbau aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, gab es einen Anbau in dem die Turnhalle untergebracht war und daneben noch einmal ein enges Treppenhaus, dass zu verschiedenen Funktionsräumen neben der Turnhalle führte. Die speckigen Betontreppen, die kahlen Wände und das Eisengeländer sind mir noch immer in lebhafter Erinnerung. Unzählige Male bin ich diese Treppen runter gerannt nach dem Musikunterricht um auf den Schulhof in die Pause zu kommen. Dieses Treppenhaus kam in einem wiederkehrenden Traum vor. Ich rannte die Treppe runter, verstolperte mich gleich oben und stürzte kopfüber die Treppe runter. Aber statt nun auf den Stufen aufzuschlagen, breitet ich die Arme aus, fing meine Sturz in der Luft ab, glitt durch das kleine Fenster und sauste in einem weiten Bogen auf den Schulhof runter wo ich wie Supermann landete. Das letzte war immer der Blick zurück zu dem kleinen Fenster im dritten Stock, das seltsamer Weise immer heile war und der Gedanke: "Puh, gerade noch Mal gut gegangen!"
Wir zogen dann später von der kleinen Sozialbauwohnung in den 11. Stock des Hochhauses, das direkt vor unserer Nase gebaut wurde. Von der Oberkante der Terrassenbrüstung im 11. Stock waren es 43 Meter bis zum Boden. Die Aussicht von dort oben vermisse ich noch heute. Natürlich kam auch irgendwann unsere Terrasse in meinen Träumen vor. Was war ich überrascht, als ich das erste Mal über die Brüstung hopste. Es ging plötzlich nur steil nach unten. Könnt ihr euch das vorstellen, kopfüber von einem Hochhaus zu fallen? 2 Meter von der Wand weg rast man dem Erdboden entgegen. Mir gelang es immer nur auf die letzen 3 Meter meinen Sturz in eine Vorwärtsbewegung umzuwandeln, nur um mich dann wie eine Comicfigur die die Pflasterfläche des Parkplatzes vor dem Haus zu graben. Ich habe mehrfach versucht vom Hochhaus zu fliegen, aber es blieb nur dieses elende Gefühl in der Magengegend, dass man bekommt wenn einem der Boden unter den Füßen wegsackt. Ich hätte vielleicht nicht vom 5-Meter Brett im Schwimmbad springen sollen. Genauso fühlte sich das an, nur das ich eben nicht starb, wenn ich aufschlug. Meine Weltsicht hatte sich gefestigt, man könnte auch sagen "verhärtet" und es war vorbei mit Fliegen im Traum.
Ich versuchte immer wieder im Traum zu fliegen, aber erzielte nur noch lausige Resultate. Ich beherrschte nur noch eine Art anstrengendes Schweben, wobei ich mich mit den Händen nach unten wegdrücke, als würde ich mich auf einen Barren stützen. Statt des Barrens sind da dann unsichtbare Kräfte auf die ich meine Hände stütze und ich muß mich quasi drauf stemmen um wenige Zentimeter vom Boden abzuheben. Das ist selbst im Traum anstrengend und wenig befriedigend. Doch dann, vor einigen Monaten hatte ich einen Traum. Ich führte eine Gruppe Menschen durch eine mittelalterliche Strasse. Sie war breit, Kopfstein gepflastert und die Bürgersteige aus Sandstein waren schmal. Links und rechts ragten altertümliche Hausfassaden auf. Ich ging schnell, es war dämmerig, das Wetter war lausig und ich trug einen Mantel. Da verstolpere ich mich, und um meinen Fall abzufangen nehme ich die Arme hoch, der Mantel öffnet sich und statt zu stürzen hebe ich mich 3 Meter in die Luft, um vor dieser Gruppe Menschen die Straße lang zu schweben. Ich war richtig erfüllt von Freude über diesen kurzen Flug.
Seit dem habe ich wieder öfter Träume in denen ich fliegen kann. Mein angestrengtes Schweben ist einem leichten Schweben gewichen. Aufrecht, als würde ich an zwei Schnüren an einem Kran hängen schwebe ich in niedriger Höhe herum. Dann gibt es da ein sitzendes Schweben, als würde ich auf einem Luftpolster sitzen. Leicht zurückgelehnt gleite ich niedrig über dem Erdboden schwebend herum und gebe die Richtung mit der ausgestreckten Hand vor. Das ist auch spassig, weil ich mich dann in einem großen Haus befinde, wie ein Krankenhaus oder eine Verwaltung mit langen Fluren und einigen Menchen drin, an denen ich mich dann schwebend vorbei schlängele.
Dann ist da noch ein liegendes Gleiten. Zuerst war es so, als würde ich auf einer dicken Decke liegen, die jemand zieht. Ich spüre die Unebenheiten des Bodens nicht, gleite aber quasi auf Höhe Null. In einem Traum entwickelte ich die Vorstellung eines Energieflusses, an dem ich mich entlang ziehen kann. Er fließt durch mich hindurch und ich gleite auf ihm vorwärts. Es erinnert mich an eine gut besuchtes Schwimmbad, wenn man zwischen den Beinen der anderen Menschen im Nichtschwimmerbereich hindurch taucht. Allerdings ohne jede eigene Bewegung und ohne den Luftmangel. Ich glaube, ich bin auf dem Weg mir wieder das Fliegen im Traum zu erlauben. Und auch die Freude, die ich dabei empfinde.
nenn mich EO
zu Ende denken
zu Ende denken
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In meinem letzten Flugtraum habe ich die Messe in Düsseldorf besucht und bin mit meinem Hubschrauber von Halle zu Halle geflogen. Auch ich empfinde bei diesen Träumen immer Glück und Leichtigkeit.

