"Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann 'ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen."
Hier wird also trivialerweise bemängelt, dass in der Schule wenig gelernt wird, das man im Alltag direkt umsetzen kann. Der Beitrag wird stark überbewertet. Diese Kritik am Schulsystem gibt es schon sehr lange. Aber die Kritiker denken teilweise zu kurz.
Die Schule ist gar nicht dazu gedacht, alles zu lehren, was man im Alltag gebrauchen kann. Speziell Steuern, Miete und Versicherungen wären allerdings ein sinnvoller Unterrichtsbestandteil. In der Schule lernt man zu lernen. Man eignet sich Wissen und Fähigkeiten an, die es einem später erleichtern, sich in der Welt zurechtzufinden. Das Wissen, das einem vermittelt wird, kann sinnlos erscheinen, wenn man gar keinen direkten Bezug dazu hat. Man erhält dadurch aber wertvolle Informationen, auf die man später ableitend zugreifen kann, um neue Erfahrungen zu bewerten und richtig einzuordnen. Dafür sind eben auch Fächer wie Sprachen, Religion und Geschichte essenziell wichtig. Wenn man solche Fächer abschaffen würde, um sich rein auf die technische, alltägliche und berufliche Fortbildung zu konzentrieren, beschränkt man den geistigen Horizont des Volkes in hohem Maße und erschafft Bürger, die unfähig sind, außerhalb der Grenzen ihrer alltäglichen Lebenswelt zu denken und damit auch zu handeln.
Niemand behauptet, dass unser Schulsystem perfekt ist. Es wird manches gelehrt, das man weglassen könnte und vieles könnte man noch hinzufügen. Aber man sollte es auch nicht an den falschen Stellen beschneiden.
Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
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