Originalität, Kreativität und deren Ostkopie

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    • Originalität, Kreativität und deren Ostkopie

      Dass fortschrittliche Technik gerne in China auseinandergenommen, mit billigsten Methoden nachgebaut und dann wieder für wenig Geld auf den Markt geworfen wird, ist ja den meisten bekannt. Das gilt nicht nur für Technik, sondern beispielsweise auch für kulturelle Errungenschaften aus Architektur und Kunst. Gerade das Kopieren von Kunstgegenständen hat dort eine eigene Tradition. [1] Kopien von technischen Geräten und anderen Gegenständen aus China und Hongkong verursachen in Deutschland einen volkswirtschaftlichen Schaden von jährlich etwa 30 Milliarden Euros. [2]
      Woran liegt das? Seit die Welt stärker vernetzt ist und kultureller Austausch stattfindet, bemühen sich unterentwickelte Länder, von den reichen Ländern zu profitieren. Jedes Land, nicht nur die armen Länder, möchte auch mit Hilfe besserer Technik Missstände beheben und wirtschaftlich erfolgreicher werden. Wenn es an Innovationen mangelt, gibt es die Möglichkeit, kreative Menschen aus fremden Ländern zu importieren, die einem auf die Sprünge helfen. Eine andere Option ist es, Industriespionage zu betreiben und somit auf weniger moralischem Weg an technologisches Wissen zu gelangen. Derartige Methoden sind weltweit verbreitet. Im westlichen Kulturkreis (europäisch geprägte Länder, d.h. Europa, Nordamerika, Australien) jedoch wird das als Diebstahl von Ideen angesehen. Das Stichwort ist Geistiges Eigentum. Urheberrecht, Copyright, Patent- und Markenschutz verhindern eine unkontrollierte Verbreitung von unterschiedlichen Werken. In China gibt es de facto keine vergleichbaren Einschränkungen oder Gesetze, die auch in angemessenem Maße durchgesetzt würden. Dementsprechend wird in unvorstellbaren Ausmaßen kopiert, nachgebaut, imitiert und plagiiert. Nicht nur Elektrogeräte, Computerteile, Hygieneprodukte, Fernsehsendungen, Spiele, Kleider oder Medikamente; ganze Firmen mit Fabriken, Forschungsabteilungen, Verkaufsnetzwerk und Büros werden nachgebaut. [3] Ortschaften leben von der Produktpiraterie. Und weil sie mit aller Gewalt den Preis niedrig halten müssen, um wirtschaftlich gegen die wahren Schöpfer anzukommen, sind die Produkte meist minderwertig und geben nach kurzer Zeit den Geist auf, oder führen im Falle von Lebensmitteln und Medikamenten zu ernsthaften bis tödlichen Gesundheitsschäden. [2]

      Chinesische Unternehmen:
      • Nur 0,03 Prozent verfügen über eigene Technologie/Urheberrechte
      • 99 Prozent haben nie Patente beantragt
      • Knapp zwei Drittel haben kein eingetragenes Markenzeichen
      (Pekinger Behörde zum Schutz des Geistigen Eigentums) [3]

      Ein Grund dafür ist: In der chinesischen Gesellschaft gibt es keine besonders ausgeprägte Wertschätzung für ein Original, wie wir es verstehen. Es wird nicht in bedeutendem Ausmaß von Fälschungen und Plagiaten unterschieden. Im Gegenteil, Kopieren gilt in China als eigene Kunst und Zeichen der Wertschätzung und Huldigung für den kopierten Gegenstand. [1] Auch wenn die chinesische Regierung die Produktpiraterie offiziell nicht gutheißt, wird nichts ernsthaft dagegen unternommen. Also wird die Welt weiterhin mit Schrott überflutet. Die geplante Obsoleszenz tut dann noch ihr Übriges, wobei sie in den meisten Fällen vermutlich gar nicht notwendig ist, da die Geräte ganz von alleine sehr rasch verschleißen.

      Die andere Seite der Medaille: Ein Original entsteht selten aus dem Nichts. Es baut immer auch auf dem Wissen von anderen auf. Ein Erfinder benutzt Methoden und Technik, die von anderen erfunden wurden und setzt sie neu zusammen. Wenn es jedem freisteht, die Werke anderer zu vervielfältigen, dann vermehren sich natürlich die Möglichkeiten. Manche sind der Meinung, dass das zu einer beschleunigten Entwicklung der Technologie führen würde und damit allen geholfen wäre. Aber wie wir gezeigt haben, ist das nur die halbe Wahrheit. Neben den oben genannten Folgen würde das nämlich auch dazu führen, dass der Anreiz, etwas neues und besseres zu erschaffen, geringer wird. Alle schauen nur noch, was die Nachbarn machen und imitieren es, aber verbessern es nicht. Die Konsequenz ist völlige Kreativlosigkeit, die durch eine bestimmte Form der Erziehung noch gefördert wird.

      Das Fazit fällt moderat aus: Es muss ein Mittelmaß gefunden werden. Die Menschen brauchen die Möglichkeit, vom Wissen und den Erfindungen ihrer Vorgänger zu profitieren. Das Rad soll ja nicht zweimal erfunden werden müssen. Aber das grenzenlose Verbreiten und die Legitimierung von Fälschungen und Plagiaten zerstört Kreativität und verhindert Innovationen. Eine schöpferische Tätigkeit muss gewürdigt und mehr anerkannt werden, als ein bloßes Kopieren.

      Beispiel: Herr Räuber nimmt ein Buch von Dr. Schneider, tauscht die Namen der Personen darin und den Titel aus und ändert den Umschlag. Dann verkauft er das Buch billiger. Er hat ja auch kaum Arbeit gehabt, also kann er sich das leisten. Dr. Schneider ist darüber wenig erfreut. Die Gewinne aus seiner Arbeit kommen nämlich nicht bei ihm an. Auch die Anerkennung für sein Werk geht nun zum Teil an einen anderen. Wenn Räuber das Buch von Dr. Schneider als Grundlage für ein eigenes Buch verwendet hätte, wäre das ein völlig anderer Fall. Dr. Schneider erhält die Anerkennung für sein Werk. Räuber war schöpferisch tätig und hat der Menschheit etwas neues gebracht, indem er auf vorhandenem Wissen aufgebaut hat. Dabei kann er auch Zitate verwenden, die ihm Stoff liefern, den er verarbeiten muss. Dieser Umgang mit Originalen ist in den meisten Ländern legal.
      Fehlt jedoch ein solcher kreativer Prozess, findet keine Innovation statt und es handelt sich um eine Fälschung oder ein Plagiat, die nicht öffentlich verkauft werden dürfen. Der einzige Vorteil, den ein Plagiat haben kann, ist der niedrige Preis. Ärmere Leute (die es in China zuhauf gibt) können sich damit vielleicht Fälschungen von Schuhen der Marke Adolf Dasslers oder seines Bruders leisten. Aber dass billig nicht gleich preiswert bedeutet, ist offensichtlich. Die Passform ist orthopädisch bedenklich, Feuchtigkeit vom Boden kommt bald ungehindert in den Schuh, Sohlen sind schnell durchgelaufen oder brechen vom Schuh ab, das Gummi wird brüchig und enthält giftige Chemikalien, die Senkel reißen. Insofern ist der Preis meist kein wirklicher Vorteil. Wer jedoch kaum Geld hat, kann sich das nicht aussuchen. Die Verbreitung der Fälschungen löst dieses Problem allerdings auch nicht.

      Eine moralische Grauzone sind Kopien, die als solche gekennzeichnet oder erkenntlich sind. Die Frage lautet: Darf man ohne Einwilligung des Urhebers ein Gerät oder ein Buch 1:1 kopieren und vermarkten, wenn man es als Kopie kennzeichnet? Nach deutschem Recht ist auch das nicht erlaubt, weil damit der Schöpfer seines geistigen Eigentums beraubt und gegen das Urheber- oder Patentrecht verstoßen wird. Dennoch ist das ein Punkt, über den es sich nachzudenken lohnt, da durch eine Erlaubnis der Verbreitung von Kopien beispielsweise die Verfügbarkeit von Wissen für alle erhöht werden könnte. Nur: Darf man das über den Kopf des Urhebers hinweg entscheiden?


      Quellen und weiterführende Seiten:
      1. Das Geschäft mit der Fälschung - Fälschungen aus China
      2. Welt der Wunder - Gefährliche Plagiate
      3. Urheberrechte in China - Im Schattenreich der Mitte
      WISO - Wie Chinesen fälschen, nachbauen und kopieren
      Wirtschaftswoche: Zoll beschlagnahmt immer mehr Fälschungen
      Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
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    • Chinesische Apple-Kopie

      Aktuelles Beispiel:

      Apple-Gründer Jobs ist das Vorbild von Lei Jun. [...] Leis Traum: Das Unternehmen soll einmal so groß und wichtig werden wie Apple. [...] Im Herbstquartal hat das Unternehmen mit den Hasen-Logo in China sogar bereits [mehr?] Geräte abgesetzt als Apple. [...] Vermutlich hat es ihm dabei geholfen, dass er eine klare Richtung hatte. Leis Kompass ist Steve Jobs. [...] Zu den Zielen des 44-jährigen gehört es erklärtermaßen, einmal ein Marken-Image aufzubauen wie Apple. [...] Bis 2016 wolle er pro Modell weltweit mehr als 100 Millionen Stück absetzen, sagte er. In der Vergangenheit haben ihn chinesische Technikliebhaber viel dafür verspottet, wie detailbesessen er Jobs nachahmt. Bei Vorstellung seines ersten Handy-Modells trug er so ein ähnliches Hemd wie Jobs bei seinen Auftritten zur Präsentation von Neuheiten. Er ließ ähnliche Kamerawinkel wählen. Er brachte ähnliche Sprüche. Und das erste Handy sah verdächtig aus wie ein iPhone. Bei Produktvorstellungen im Elektroviertel von Peking ließ er sich von kreischenden Teenagern feiern wie ein Popstar. Jedes neue Gerät inszenierte er als Ereignis, zuletzt den Multimedia-Fernseher “Xiaomi TV”, den er wie gewohnt nur im Internet anbieten ließ - und die lieferbare Stückzahl anfangs bewusst niedrig hielt, um den Hype zu schüren.
      [...]
      Doch inzwischen emanzipiert er sich etwas von der Apple-Manie. „Ich habe nie platt Steve Jobs nachgeahmt“, sagt er heute. „Wer einfach nur nachahmt, hat keine Zukunft.“ Bei seinen jüngeren Auftritten ist er in einem konservativen Hemd mit Anzugshose erschienen – und auch die Frisur wirkte deutlich chinesischer.
      [...]
      Doch trotz des Bekenntnisses zur Originalität: Die Gemeinsamkeiten springen weiterhin ins Auge. Wie Apple gestaltet Xiaomi die Handys nur – die Produktion übernehmen Auftragshersteller wie Foxconn. Auch die Margen sollen die bei Xiaomi sehr hoch sein. „Ich glaube sogar, dass Lei seine Gewinne in der Öffentlichkeit untertreibt, damit die Kunden nicht denken, sie werden abgezockt“, sagt Zhou Hongwei von Softwarefirma 360, ein erklärter Kritiker Leis.

      Insgesamt, da sind sich seine zahlreichen Feinde einig, sei Lei vom Charakter her eher das Gegenteil von Steve Jobs. Wo Jobs ein Idealist gewesen sei, der seinen Weg aus Prinzipien gegangen sei, giere Lei nur als Nachahmer nach Ruhm und Profit.
      Quelle: Handesblatt
      Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
      ~☤~

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