Nubok schrieb:
Hier gehe ich noch weiter: ich hatte im Studium schon gelegentlich die Situation, dass Vorlesungen durch ausländische Gastdozenten gelesen wurden - und zwar auf Englisch, da die Gastdozenten dies deutlich besser als Deutsch konnten (die Prüfungen fanden natürlich auf Deutsch statt).Illuminatus schrieb:
Führt man aber englische Fachbegriffe in die deutsche Sprache ein, anstatt sie korrekt zu übersetzen, führt das langfristig dazu, dass man als Deutscher keine Chance mehr hat, ein Fach zu studieren, ohne perfekt Englisch zu können. Das ist teilweise schon so (besonders in den Naturwissenschaften) und ich halte das nicht für gut.
Nubok schrieb:
Es gibt sogar ernsthaft Professoren, die, obwohl sie perfekt Deutsch sprechen, gewisse Vorlesungen (besonders diplomvorbereitende) auf Englisch lesen mit dem Argument, dass es zu diesem Vorlesungsthema - weil es modernes Forschungsthema ist - gar keine deutschsprachige Literatur gibt.
Nubok schrieb:
Hier war die Kommunikation auf Englisch deutlich einfacher als auf Deutsch - einfach da die Betreuer diese Sprache besser konnten.
Nubok schrieb:
Es ging sogar so weit, dass aus eben diesem Grund vom Professor gewünscht wurde, dass ich meinen Seminarvortrag auf Englisch halten soll (mit einem deutlichen Wink in Richtung: wenn ich in der Wissenschaft bleiben will, werde ich mich daran gewöhnen müssen - warum also nicht gleich üben).
Hier noch ein kleiner Text zum Thema vom VDS:
"Die angeblich so überragende Wissenschaftstauglichkeit des Englischen ist sprachwissenschaftlich nicht bewiesen. Genau so berechtigt erscheint die Gegenthese: Englisch als internationale Wissenschaftssprache ist die schlechteste aller Möglichkeiten. Denn mit der stetig steigenden Anzahl der weltweit von Milliarden Menschen gesprochenen Abwandlungen (Varietäten) des Englischen verstärkt sich auch die Gefahr der Mehrdeutigkeit internationaler Kommunikation auf englisch. Selbst die naturwissenschaftliche Kommunikation ließe sich kaum auf eine verbindliche Spielart des Englischen festlegen. „Falsche Freunde “, d.h. ähnliche bis identische Wörter und Ausdrücke mit unterschiedlicher bis gegensätzlicher, kulturtypischer Bedeutung würden sich auch dort einnisten. Die Internationalität des Wissenschaftsbetriebs bietet dafür ideale Voraussetzungen.
Das Gewicht derjenigen anglophonen Staaten, die die meisten Wissenschaftler ausbilden oder an sich binden können und deshalb über die Forschungsthemen bestimmen, wird zwar für sprachliche Schwerpunkte und Einflusszonen sorgen, doch deren sprachlich-kommunikatorische Offenheit wird sich nicht nach wissenschaftssprachlichen Kriterien richten. Noch weniger ist vorstellbar, dass die amerikanische Wissenschaftswelt eine einzige, weltweit gepflegte wissenschaftliche Englisch-Varietät für sich als verbindlich anerkennen würde.
Nur eine Kunstsprache wie Esperanto, die allen Beteiligten dieselben sprachlichen Startvoraussetzungen ermöglichte und die weltweit in nur einer Varietät existiert, besäße das Zeug zu einer kommunikationsgerechten, kulturneutralen und internationalen Verständigungssprache - auch für die Wissenschaftler."
"Viele Sprachwissenschaftler beklagen zu Recht, das Deutsche verschwinde rasant aus Wissenschaft und Wirtschaft. Sie sagen: Eine Sprache, die „sich nicht weiterbildet, verarmt“."
"Die wechselseitige Abstoßung zwischen der Alltags- und den Fachsprachen droht unserer Alltagssprache jetzt die Wissenschafts-, ja Zukunftstauglichkeit zu nehmen, obwohl sie der ganzen Gesellschaft gehört. Die Wissenschaftler dürfen nicht den Kontakt zu ihr verlieren. Fachsprachen ohne Verankerung in einer gesprochenen Muttersprache und Muttersprachen ohne Zugang zu einer Fachsprache sind als Instrument schöpferischen, bildhaften und erklärenden Denkens nicht brauchbar. Es geht demnach nicht nur um das Wissenschaftsdeutsch, sondern um die Zukunft unseres Landes."
„..es ist von grosser Bedeutung, dass der Allgemeinheit Gelegenheit geboten wird, die Bemühungen und
Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschungsarbeit bewusst und verständnisvoll mitzuerleben. Es ist nicht genug,
wenn jede gewonnene Erkenntnis von einigen Spezialisten aufgenommen, weiter verarbeitet und angewendet
wird. Beschränkung des Erkenntnisgutes auf einen engen Kreis tötet den philosophischen Geist in einem
Volke und führt zur geistigen Verarmung.“ (Albert Einstein)
Weiterführendes:
Sieben Thesen zur deutschen Sprache in der Wissenschaft
"Zu Englisch als internationaler Wissenschaftssprache gibt es keine Alternative." Widerrede
Entschließung von Klosterneuburg für Deutsch als Wissenschaftssprache
Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache
Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
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