Düstere Zukunftsmusik? Leider nein.
"Wien: Permanente Videoüberwachung in 23 kommunalen Siedlungen
Die Videoüberwachung in Wiener kommunalen Wohnbauten (Gemeindebauten) wird ausgebaut und von einem Probebetrieb in eine permanente Einrichtung überführt." heise, 18.09.2010 10:18
In Wien werden bereits 23 (natürlich 23) "kommunale Wohnbauten" komplett visuell Überwacht. Vom Parkplatz bis zum Keller steht seit 2008 alles unter Beobachtung. Von April 2008 bis Ende 2009 seien die Vandalismusschäden deutlich zurückgegangen.
Auf sämtliche Aufnahmen haben offenbar nur 4 Leute Zugriff. Das gesammelte Material muss nach 72 Stunden gelöscht werden, sofern kein Verbrechen gemeldet wird.
So weit so gut. Spielen wir das Spiel mal gedanklich ein bisschen weiter und denken uns in das Szenario, welches auch auf uns zukommen kann. Der Test in Wien ist erfolgreich verlaufen, die Graffiti-Vandalen sind ausgemerzt. Angesprochen durch diesen Erfolg, führen auch weitere Gemeinden und Städte im Umkreis Kameraüberwachung ein. Verbrechen geschehen immer noch, wobei die Täter entweder maskiert sein werden, oder die Kameras mit verschiedenen Methoden überlisten. Denkbar wären Infrarot-Blendlaternen, einfache Tücher die man über die Kamera hängt, Farbe oder Aufkleber die man über das Objektiv klebt, Mikrowellenstrahler, die die Elektrik zum Verschmoren bringen, Zangen mit denen man die Kabel durchschneidet, Steine mit denen man die Linse zertrümmert und so weiter. Der Phantasie ist dabei keine Grenze gesetzt. Vom Zuschauen werden Verbrechen auf Dauer nicht verhindert. Das Filmmaterial wird nach einiger Zeit zentral gespeichert werden. Die Polizei hat nun Zugriff auf hochauflösendes Kameramaterial und kann Otto Normalverbraucher beim Einkaufen zuschauen und ihn bei Bedarf bis nach Hause verfolgen. Er hat ja auch nichts zu verbergen, der Otto. Was kümmert es den Otto, wenn er 24/7 beobachtet wird.
Was also ist so schlimm daran? Die Sache hat einen kleinen Nebeneffekt. Vordergründig wird die Kriminalitätsrate eingedämmt, wobei noch nicht einmal sicher ist, ob das überhaupt ein dauerhafter Effekt ist. Das große Aber: Die Kameras sorgen auch für ein Konformitätsverhalten, das beängstigend sein kann. Otto wird es sich zweimal überlegen, ob er auf eine Demo geht, die etwas am Staat anprangert, wenn irgendwo eine Kamera mitläuft und die Gefahr besteht, dass das Material in Zukunft mal unangenehm werden könnte. Diese Form der Überwachung erzieht Bundesbürger zu systemkonformen, loyalen Schafen. Demokratie braucht aber keine Schafe, sondern Löwen (siehe Banner), die auch mal aufstehen, wenn ihnen etwas nicht passt.
Weiterführendes:
http://www.daten-speicherung.de/index.php/faelle-von-datenmissbrauch-und-irrtuemern/
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Wien-ueberwacht-mehrere-Wohnhausanlagen-kuenftig-per-Video-181099.html
Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
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