Sermo II
Die Toten standen in der Nacht den Wänden entlang und riefen: Von Gott wollen wir wissen, wo ist Gott? Ist Gott tot?
Gott ist nicht tot, er ist so lebendig wie je. Gott ist Creatur denn er ist etwas Bestimmtes und darum vons Pleroma unterschieden. Gott ist Eigenschaft des Pleroma, und alles was ich von der Creatur sagte gilt auch von ihm.
Er unterscheidet sich aber von der Creatur dadurch, dass er viel undeutlicher und unbestimmbarer ist, als die Creatur. Er ist weniger unterschieden als die Creatur, denn der Grund seines Wesens ist wirksame Fülle, und nur insofern er bestimmt und unterschieden ist, ist er Creatur, und insofern ist er die Verdeutlichung der wirksamen Fülle des Pleroma.
Alles, was wir nicht unterscheiden, fällt ins Pleroma und hebt sich mit seinem Gegensatz auf. Darum, wenn wir Gott nicht unterscheiden, so ist die wirksame Fülle für uns aufgehoben.
Gott ist auch das Pleroma selber, wie auch jeder kleinste Punkt im Geschaffenen und im Ungeschaffenen das Pleroma selber ist.
Die wirksame Leere ist das Wesen des Teufels. Gott und Teufel sind die ersten Verdeutlichungen des Nichts, das wir Pleroma nennen. Es ist gleichgültig, ob das Pleroma ist, oder nicht ist, denn es hebt sich in allem selber auf. Nicht so die Creatur. Insofern Gott und Teufel Creaturen sind, heben sie sich nicht auf, sondern bestehen gegen einander als wirksame Gegensätze. Wir brauchen keinen Beweis für ihr Sein, es genügt, dass wir immer wieder von ihnen reden müssen. Auch wenn beide nicht wären, so würde die Creatur, aus ihrem Wesen der Unterschiedenheit heraus, sie immer wieder aus dem Pleroma heraus unterscheiden.
Alles was die Unterscheidung aus dem Pleroma herausnimmt, ist Gegensatzpaar, daher zu Gott immer auch der Teufel gehört.
Diese Zusammengehörigkeit ist so innig, und wie Ihr erfahren habet, auch in euerm Leben so unauflösbar, wie das Pleroma selber. Das kommt davon, dass die Beiden ganz nahe am Pleroma stehen, in welchem alle Gegensätze aufgehoben und eins sind.
Gott und Teufel sind unterschieden durch voll und leer, Zeugung und Zerstörung. Das WIRKENDE ist ihnen gemeinsam. Das Wirkende verbindet sie. Darum steht das Wirkende über beiden und ist ein Gott über Gott, denn es vereinigt die Fülle und die Leere in ihrer Wirkung.
Dies ist ein Gott, von dem Ihr nicht wusstet, denn die Menschen vergaßen ihn. Wir nennen ihn mit seinem Namen ABRAXAS. Er ist noch unbestimmter als Gott und Teufel.
Um Gott von ihm zu unterscheiden, nennen wir Gott HELIOS oder Sonne.
Der Abraxas ist Wirkung, ihm steht nichts entgegen, als das Unwirkliche, daher seine wirkende Natur sich frei entfaltet. Das Unwirkliche ist nicht, und widersteht nicht. Der Abraxas steht über der Sonne und über dem Teufel. Er ist das unwahrscheinlich Wahrscheinliche, das unwirklich Wirkende. Hätte das Pleroma ein Wesen, so wäre der Abraxas seine Verdeutlichung.
Er ist zwar das Wirkende selbst, aber keine bestimmte Wirkung, sondern Wirkung überhaupt.
Er ist unwirklich wirkend, weil er keine bestimmte Wirkung hat.
Er ist auch Creatur, da er vom Pleroma unterschieden ist.
Die Sonne hat eine bestimmte Wirkung, ebenso der Teufel, daher sie uns viel wirksamer erscheinen als der unbestimmbare Abraxas.
Er ist Kraft, Dauer, Wandel.
Hier erhoben die Toten großen Tumult denn sie waren Christen.