Wie beeinflusst Stress unser Gehirn?

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Wie beeinflusst Stress unser Gehirn?

      Bei Stress-assoziierten Erkrankungen wie Depression oder Posttraumatischer Belastungsstörung treten oft erhöhte Konzentrationen des Neuropeptids Corticotropin-releasing Hormone (CRH) auf. Forscher ginge jetzt den Folgen auf den Grund.
      Dauerhafter Stress macht krank. Besonders anfällig für Überlastung ist unser psychisches Gleichgewicht und reagiert mit Angsterkrankungen oder Depression. Dem Stresshormon CRH, einem Hauptakteur in der hormonellen und neuromodulatorischen Stressreaktion, wird bei der Krankheitsentwicklung eine entscheidende Rolle zugeschrieben. Patienten mit Depression oder Angsterkrankungen reagieren auf Stress mit einer erhöhten CRH-Ausschüttung im Gehirn und weisen eine gestörte Regulation in der Stressreaktion auf. In zahlreichen Tiermodellen konnte der krankheitsfördernde Effekt von erhöhten CRH-Konzentrationen bestätigt werden. Bisher war es jedoch nur auf zellulärer Ebene möglich, die neuromodulatorische Wirkung von CRH zu analysieren.
      Der Arbeitsgruppe von Matthias Eder am Max-Planck-Institut für Psychiatrie gelang nun die Entwicklung eines in vitro Modells, mit dem die Aktivitätsausbreitung in ganzen Hirnregionen sichtbar gemacht werden kann. Dazu wird Hirngewebe von Mäusen mit Farbstoffen behandelt, welche nach Aufnahme in die Nervenzellen durch elektrische Impulse ihre Fluoreszenzstärke ändern. Nach elektrischer Reizung des Hirngewebes kann die neuronal vermittelte Reizweiterleitung von Hirnregion zu Hirnregion in räumlichen Mikrometer-Schritten und zeitlichen Millisekunden-Intervallen verfolgt werden. Erstmalig können nun die funktionalen Nervenzellnetzwerke der verschiedenen Hirnareale sichtbar, aber auch mögliche Störungen in deren Kommunikation detektiert werden.
      Matthias Eder verglich nun die Aktivitätsausbreitung in Hirngeweben von Mäusen vor und nach der Gabe von CRH und konnte eine deutliche Verstärkung der Reizweiterleitung nachweisen. In mit CRH behandeltem Hirngewebe wurden wesentlich mehr Nervenzellen in das Reaktionsnetzwerk mit einbezogen. Dieser Effekt wird direkt über CRH ausgelöst, da Hirngewebe aus Mäusen, denen der spezifische Bindungspartner CRH-Rezeptor 1 fehlt, keine verstärkte Aktivitätsausbreitung zeigte. „Unsere Studie ist der erste experimentelle Beleg, dass CRH die neuronale Aktivitätsausbreitung im Hippokampus, der zentralen Schaltstelle des limbischen Systems, maßgeblich moduliert. Diese Fähigkeit ist höchstwahrscheinlich an pathologischen Gedächtnisleistungen wie Flashbacks bei der Posttraumatischen Belastungsstörung oder verringerter Merk- und Konzentrationsfähigkeit bei der Depression verantwortlich,“ erläutert Matthias Eder.

      In zukünftigen Studien wollen die Wissenschaftler mit Hilfe des neuen in vitro Systems den neuronalen Ursachen psychiatrischer Erkrankungen im Detail auf die Spur kommen und mögliche pharmakologische Eingriffe in die neuronale Kommunikation testen.

      Originalveröffentlichung:

      Voltage-sensitive dye imaging demonstrates an enhancing effect of corticotropin-releasing hormone on neuronal activity propagation through the hippocampal formation. Max-Planck Institut