Sapere aude! - Kant

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  • Sapere aude! - Kant

    Kants Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?

    [IMG:http://img33.picoodle.com/img/img33/4/7/12/f_Kantm_09ac4a7.png]

    Aufklärung ist der Ausgang des Menschen
    aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.


    Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! - "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

    Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, usw.: so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen.

    ...weiter: prometheusonline.de/heureka/ph…iker/kant/aufklaerung.htm
  • Das ist grundfalsch!

    Ich hatte in der Aussteuertruhe eines Nachbarn einige Reklamhefte aus der vorletzten Jahrhundertwende gefunden. Eines war ein Werk Kants. Ich habe versucht es zu lesen, aber es ging nicht. Da waren so viele Substantive die es in der Gegenwartssprache nicht mehr gibt, französischstämmige, politische Fachausdrücke und verschwurbelte Satzbauten. Und das war Kant im original! Wer hat überhaupt noch eine Vorstellung von dem, was Kant wirklich meinte, wenn wir sein Werk im original nicht mehr lesen können? Die einzige Erkenntnis, die wir gewinnen können ist, dass es einst in deutsch geschrieben war.

    Doch zurück zur Kernaussage - (mit einem kleinen Umweg) - ich lese gerade den Simplizius Simplizissimus von Grimmelshausen in einer kommentierten Gesamtausgabe. Grimmelshausen schildert hier das Leben des Simplizius, der als Sohn einfacher Bauern in die Wirren des 30jährigen Krieges (1618 - 1648 ) hineingezogen wurde.
    Kant lebte von 1724 bis 1804 - es will mir nicht in den Schädel, dass dieser gelehrte Herr bei seinen Überlegungen völlig vergessen hat, dass es Menschen gibt, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft von jeder Bildung ausgeschlossen waren (sind) und daher seine Forderung: "traut euch!" gar nicht erfüllen können, also ihre Unfähigkeit selbst ihr Schicksal zu bestimmen nicht aus ihrer Verweigerungshaltung, sonder an ihrer Unfähigkeit dies zu tun scheitert.

    Oder haben wir hier den wohlgelehrten Sonderfall, dass Kant erst definiert was "Unmündigkeit" eigentlich ist und dann erklärt, wie man da raus kommt, ergo einen breiten Teil der Bevölkerung bei seiner Definitionsfindung schlicht und einfach nicht zur Kenntnis nimmt?

    Fragt sich EO
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • die aufgrund ihrer sozialen Herkunft von jeder Bildung ausgeschlossen waren (sind) und daher seine Forderung: "traut euch!" gar nicht erfüllen können
    Was hat das mit sozialer Herkunft zu tun? Mag sein, das die Ausbildung weniger gut ist, aber wo tangiert das Kants Aussage? Es ist vollkommen irrelevant welche Vorbildung man hat, er fordert lediglich auf seinen eigenen Verstand zu benutzen und das kann jeder unabhängig von der Herkunft. Man wird nicht immer den gleichen Zugang haben zu Vorwissen, nicht so viel Zeit, aber seinen Verstand benutzen kann jeder. Dazu braucht man nicht studiert, ja noch nicht mal die Schule besucht zu haben. Dazu bedarf es auch keine zusätzlichen finanzielle Mittel.

    Gruß
    "Wir sind alle Sternenstaub, daher teilen wir alle dieselben Vorfahren, wir sind die Sterne. Und wir sind die Brüder der wilden Tiere und die Lilien auf dem Felde sind unsere Vettern." Trinh Xuan Thuan
  • Undialektischer wäre die Formulierung "Aus meiner Sicht ist das grundfalsch" gewesen... :P

    Ob die Sprache kompliziert erscheint, liegt wohl auch immer daran, was man ansonsten so liest.
    Und wieso können wir es denn nicht im Original lesen? Das versteh' ich nicht so ganz?

    Die Fragen, die sich Dir stellen, beantworten sich zum Teil vielleicht aus der Biografie Kants:
    daniel-von-der-helm.com/kant.html

    Du solltest ihn einfach als Denker und Philosophen betrachten, der die Erkenntnistheorie massgeblich beeinflusst hat. Man unterscheidet seinen philosophischen Weg in zwei Abschnitte: die "vorkritische" und die "kritische" Phase...
    Sprich: auch er überdachte, revidierte und/oder "schliff" seine Erkenntnisse im Laufe seines Lebens/Werdegangs.

    Heute würde man wohl sagen: "Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann." ;)
  • sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen.


    Also ich finde damit hat es Kant eigentlich sehr gut beschrieben.

    Man sollte sich seines eigenen Verstandes bedienen und ihn mit der Vernunft in Kombination als die Grundlage des eigenen Handelns nehmen.
    So würde ich es zumindest mit eigenen Worten ausdrucken und danach versuche ich auch zu leben.
    Alles andere ist für mit Unlogisch, wenn man es mit Freiheit in Einklang bringen möchte.

    Daher ist auch eigentlich Anarchie die bestmögliche Staatsform. Auf ihr beruht auch Utopia.
    Nur finde mal genug reife Menschen dies umzusetzen.

    Und würde man es finden, dann wäre manchen bestimmt aus welchen Gründen auch immer zu langweilig.
    Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
    - Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
  • Also noch Mal den Text in Gänze - da sind ein paar Formulierungen drin, die mir überhaupt nicht zusagen:

    sooma schrieb:

    Aufklärung ist der Ausgang des Menschen
    aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.

    Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! - "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
    Ich störe mich hier an der Verwendung des Begriffs "selbst verschuldet".
    Sich "seines Verstandes zu bedienen" muß man erst einmal lernen. Und zwar von seinen Eltern und Lehrern. Dazu braucht es aber auch eine Kultur des Lernens und Wissens. Man braucht also als erstes die Hilfe anderer um überhaupt fähig zu werden sich eigenständig seines Verstandes zu bedienen.

    Meint Kant hier wirklich den Fall, dass ein Mensch 1. alles Notwendige gelernt hat, um "sich seines Verstandes zu bedienen", dies 2. aber dann doch nicht tut, sondern eben immer nur seinem Lehensherrn, Fürsten, Vorgesetzten nach dem Mund redet?

    Und in dieser Situation ist das dann selbst verschuldete Unmündigkeit?

    Betrachten wir hier doch einmal einen Fall aus der Neuzeit: Da haben wir einen breitgefächert ausgebildeten Journalisten, der eben die Fähigkeit hat sein Wissen in gute Texte zu gießen. Nun gibt ihm sein Chefredakteur die Aufgabe zu einem bestimmten Thema zu einen Artikel zu schreiben, aber er erhält zusätzlich die Vorgabe seinem Artikel einen bestimmten Tenor zu geben, der mit der Realität nichts zu tun hat. Was macht der Journalist? Schreibt er den Artikel nach seinem besten Wissen und Gewissen und bedient sich hierbei SEINES Verstandes, dann wird der Artikel nicht gedruckt und er bekommt kein Geld und keine weiteren Aufträge mehr.

    Kuckst du z.B. da:
    ceiberweiber.at/index.php?type…&area=1&p=articles&id=944

    Wie steht es mit der selbst verschuldeten Unmündigkeit? Wer heute öffentliche Forschungsgelder möchte, muß die Klimakatastrophe im Munde führen, sonst gibt es nichts. Aber ist diese Abhängigkeit "selbst verschuldet"?

    Ich will´s nicht glauben.

    Gruß EO

    ...und nu ihr wieder!
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • Selbstverschuldet weil er nichts tut um es zu ändern. Was natürlich nicht ganz so leicht ist. Aber irgendwann musste die Entwicklung ja ihren Anfang nehmen und ich glaube auf diesen deutet Kant auch hin.
    Erinnert mich immer so an das meckern über die die mehr verdienen, aber selbst dann nix getan für Schulbildung, Weiterbildung und Wissens- und Fähigkeitserweiterung.

    Also meckern ohne was zu tun damit es besser wird.
    Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
    - Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
  • waterbrunn schrieb:

    Sich "seines Verstandes zu bedienen" muß man erst einmal lernen.
    Es geht ganz einfach darum, das man nicht einfach nachblah'n soll, sondern seinen Verstand einfach nutzen. Freilich wird jemand mit einer besseren Ausbildung vielleicht zu anderen (richtigeren?!) Schlussfolgerungen gelangen, aber das spielt in den Satz von Kant doch keine Rolle. Er kann mangels Bildunbg vielleicht auch grottenfalsch liegen. Is trotzdem im Sinne Kant. Wer seinen Verstand verwendet, macht es besser, im Sinne des Satzes von Kant, als diejenigen, die das 'richtige' bloß nach plabbern. Mehr steht doch da nich. Nirgendwo setzt Kant voraus oder fordert etwas, was nach der Verwendung des Verstandes zwingend folgen soll. Weder irgendwelche Zeitungsartikel schreiben, noch sonst was. Weder implizit, noch explizit.
    Sich "seines Verstandes zu bedienen" muß man erst einmal lernen.
    Wieso?

    Gruß
    "Wir sind alle Sternenstaub, daher teilen wir alle dieselben Vorfahren, wir sind die Sterne. Und wir sind die Brüder der wilden Tiere und die Lilien auf dem Felde sind unsere Vettern." Trinh Xuan Thuan
  • Hallo Phasenverschobener,

    Phasenverschobener schrieb:

    Zitat
    Sich "seines Verstandes zu bedienen" muß man erst einmal lernen.

    Wieso?
    Du weißt, dass es Leute gibt, die auf Grund von Vernachlässigung im Kleinkindalter so strunzdumm sind, dass sie es als persönliche Kulturleistung betrachten zum Pinkeln nach draußen zu gehen. Und es liegt nicht daran, dass sie nicht lernen könnten, sondern daran, dass ihnen nie etwas gelehrt wurde.

    SO meine ich dass. Verstand fällt nicht vom Himmel. Er muß gebildet werden, und zwar von wohlwollenden Eltern und Lehrern.

    Gruß, EO
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • RE: Sapere aude! - Kant

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.
    Arthur Schopenhauer, 22.02.1788 - 21.09.1860
    dt. Philosoph

    @Waterbrunn. Kann es sein, dass Du Verstand mit Bildung verwechselst?
    Bildung ist im weitesten Siine die Entfaltung und Entwicklung der geistigg/seelischen Werte eines Menschen durch Formung und Erziehung.

    Der Verstand dagegen ist "das Vermögen der Einheit der Erscheinungen vermittelst der Regeln.“ Und anderer Stelle: "Der Verstand begrenzt die Sinnlichkeit, ohne darum sein eigenes Feld zu erweitern."
    Wie Immanuel Kant den Bereich des Verstandes formuliert.

    Für Arthur Schoppenhauer beschränkt sich der Verstand auf das Erkennen von Ursache und Wirkung: "Das subjektive Korrelat der Materie oder der Kausalität, denn beide sind eines, ist der Verstand, und er ist nichts außerdem. Kausalität erkennen ist seine einzige Funktion, seine alleinige Kraft.“

    Ist im Grunde – vom Sinn her das Gleiche – nur eben bei Kant etwas komplizierter ausgedrückt.
    Was Kant hier schreibt, ist m.E. ganz gut zu verstehen. Aufklärung bedeutet, den Menschen aus seiner selbstverschuldetet Unmündigkeit heraus zu holen. Selbstverschuldet ist dessen Unmündigkeit, da er seinen eigenen Verstand nicht nutzt und sich stattdessen auf anderes Menschen Verstand einlässt und sie somit selber zum Herrschenden über sich erhebt. Er begibt sich damit in eine Anhängigkeit und dadurch, dass er nicht den Mut aufbringt, sich seines eigen Verstandes zu bedienen - und sich eventuell damit in eine Außenseiterrolle zu begeben - beschert ihm die Unmündigekeit.
    Der Mensch hat erkannt, dass die Natur selber, sich ohne Fremdeinwirkung weiter entwickelt und ist nicht willens (oder wie Kant es ausdrückt: zu feige und zu faul) es der Natur gleich zu tun. Er vertraut aus Bequemlichkeit anderen die Entwicklung seines Lebens an, ohne es selbst in die Hand zu nehmen, also seinem eigenem Verstand und Erkennen zu vertrauen.

    Das ist das was ich unter der Antwort Kants: "Was ist Aufklärung" verstehe
    [size=medium]Nicht wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt.[/size]
    Niccolò Machiavelli
  • RE: Sapere aude! - Kant

    Heinrich schrieb:



    @Waterbrunn. Kann es sein, dass Du Verstand mit Bildung verwechselst?
    Bildung ist im weitesten Siine die Entfaltung und Entwicklung der geistigg/seelischen Werte eines Menschen durch Formung und Erziehung.

    Der Verstand dagegen ist "das Vermögen der Einheit der Erscheinungen vermittelst der Regeln.“ Und anderer Stelle: "Der Verstand begrenzt die Sinnlichkeit, ohne darum sein eigenes Feld zu erweitern."
    Wie Immanuel Kant den Bereich des Verstandes formuliert.



    Äähhh -
    ...das Vermögen der Einheit der Erscheinung der Regeln. - Hä?

    "Der Verstand begrenzt die Sinnlichkeit, ohne darum sein eigenes Feld zu erweitern."

    Was ist das Feld des Verstandes? Ich versuche für Gegenwartsmenschen zu schreiben. Ich kann mit deinen Erläuterungen/Definitionen nichts anfangen. Kannst du etwas mehr Worte machen, was diese Sätze der ach so klugen Filosofen bedeuten sollen, bzw. wie DU sie interpretierst?

    Gruß, EO
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • RE: Sapere aude! - Kant

    waterbrunn schrieb:


    Was ist das Feld des Verstandes? Ich versuche für Gegenwartsmenschen zu schreiben. Ich kann mit deinen Erläuterungen/Definitionen nichts anfangen. Kannst du etwas mehr Worte machen, was diese Sätze der ach so klugen Filosofen bedeuten sollen, bzw. wie DU sie interpretierst?
    Gruß, EO


    Eo, ich werde versuchen es in einfache und mehr Worte zu bringen, so wie ich es verstehe. Also das Feld des Verstandes ist das Erkennen von Ursache und Wirkung. (das ist die Einheit Erscheinung vermittelst der Regeln) Ursache und Wirkung sind eine Einheit und sie unterliegen einer Regel. Desweiteren grenzt sich der Verstand gegen die Gefühle (Sinnlichkeit hat viele Bedeutungen und darum nenn ich es jetzt mal Gefühle) ab, was ihn (den Verstand) klar hält, das heißt nicht, dass er sie nicht zulässt - nur sie spielen eine dem Verstand untergeordnete Rolle.
    Im Volksmund: Jemand hat einen eiskalten Verstand, das bedeutet ohne jegliche Art von Gefühlen bzw. Sinnlichkeit.

    Kannst du damit was anfangen?

    Gruß Heinrich
    [size=medium]Nicht wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt.[/size]
    Niccolò Machiavelli
  • RE: Sapere aude! - Kant

    Kehren wir noch Mal zu deinem Zitat von Schopenhauer zurück:

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.
    Arthur Schopenhauer, 22.02.1788 - 21.09.1860
    dt. Philosoph


    Schon der Begriff "natürlicher Verstand" trifft nicht das, was wir in der Realität vorfinden.
    Was ist denn natürlicher Verstand? Betrachten wir einfach einige Negativbeispiele, wo ist der natürliche Verstand bei dem Ghettorapper, der die Überzeugung hat: "Alles Schlampen ausser Mutti - Was kuckst du? Ich mach dich platt!"
    Schauen wir uns die verzogenen Bälger an, die in Supernannie vorgeführt werden und als frühreife Konsumterroristen ihre Eltern drangsalieren.

    Natürlicher Verstand? Fehlanzeige - aber nicht weil es an Geist fehlen würde, also an geistigen Fähigkeiten, sondern weil dieser Geist niemals wohlwollend gebildet wurde sondern nur (konsum-)zielgerichtet manipuliert wurde.

    Um den Bogen zu schlagen, die von dir zitierten Philosophen definieren ein recht begrenztes Weltbild und in diesem begrenzten Weltbild und den dort definierten Begrifflichkeiten bewegen sie sich. Das hat aber nichts mit der Realität zu tun.

    Der Kern des Problems ist ein Fehler in unserer Sprachlogik. Wir machen statistische Beobachtungen zu Subjektiven. Wir reden von "Der Mensch", obwohl es diesen nur als statistische Beschreibung gibt.

    Es werden wohl 30 von 1000 Leuten einen Golf kaufen, wenn sie ein neues Auto brauchen, trotzdem wird der Jochen Bergjohann aus Kattenvenne nicht beim AWD-Versicherungsmakler unterschreiben, auch wenn dieser zehnmal Anzug und Krawatte trägt und Jochen mit seinem Golf zufrieden ist.

    Filosofen schaffen sich ihre eigene, kleine Sichtweise der Welt und versuchen dann ihre Mitmenschen dort reinzupressen. Aber das funktioniert nur mit Leuten, die schon lange nicht mehr in der Natur leben.

    Gruß, EO
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • RE: Sapere aude! - Kant

    waterbrunn schrieb:


    Kehren wir noch Mal zu deinem Zitat von Schopenhauer zurück:

    Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.
    Arthur Schopenhauer, 22.02.1788 - 21.09.1860
    dt. Philosoph


    Schon der Begriff "natürlicher Verstand" trifft nicht das, was wir in der Realität vorfinden.
    Was ist denn natürlicher Verstand? Betrachten wir einfach einige Negativbeispiele, wo ist der natürliche Verstand bei dem Ghettorapper, der die Überzeugung hat: "Alles Schlampen ausser Mutti - Was kuckst du? Ich mach dich platt!"
    Schauen wir uns die verzogenen Bälger an, die in Supernannie vorgeführt werden und als frühreife Konsumterroristen ihre Eltern drangsalieren.



    Sie haben vielleicht keinen eingeschaltet? Aber im Ernst, dass ist Formung (oder in dem Fall eben keine Erziehung) Es fehlt auch hier das Ursache/Wirkungs-Prinzip, ist für mich jedenfalls nicht ersichtlich. (Du hat natürlich Recht, Kommentar weiter unten)

    waterbrunn schrieb:



    Natürlicher Verstand? Fehlanzeige - aber nicht weil es an Geist fehlen würde, also an geistigen Fähigkeiten, sondern weil dieser Geist niemals wohlwollend gebildet wurde sondern nur (konsum-)zielgerichtet manipuliert wurde. .



    Jeder Mensch hat einen natürlichen Verstand, der ihn Ursache und Wirkung (diese Abhängigkeit) erkennen lässt. In diesem Fall hat die Sinnlichkeit, (in dem Fall das Konsumieren), die Oberhand. Auch falsche Formgebung (Bildung, Manipulation, Erziehung – wie immer du es nennen möchtest)

    Ein Beispiel:
    Eine Lehrerin beschließt, die Intelligenz ihrer Schüler zu testen.
    Sie fragt Hänschen: "Wenn auf einem Zaun 2 Vögel sitzen und ich schieße zweimal mit einer Pistole auf sie, wie viele Vögel sind dann tot?"
    Hänschen: "Einer."
    Die Lehrerin ist enttäuscht und fragt Hänschen noch einmal dasselbe..
    Hänschen antwortet wieder: "Einer."
    Die Lehrerin ist völlig verwirrt und fragt: "Erkläre mir bitte, warum nur ein Vogel tot sein sollte."
    Hänschen: "Ganz einfach, weil der zweite Vogel nach dem ersten Schuss davon
    fliegt."

    Also Hänschen (meinetwegen kann man Hänschen auch durch Achmed ersetzen) hat einen natürlichen Verstand und billigt diesen auch dem Vogel zu, nämlich, dass dieser Ursache / Wirkung erkennt und dass er nicht sitzen bleibt, obwohl es auf dem Zaun schön bequem ist.

    waterbrunn schrieb:



    Um den Bogen zu schlagen, die von dir zitierten Philosophen definieren ein recht begrenztes Weltbild und in diesem begrenzten Weltbild und den dort definierten Begrifflichkeiten bewegen sie sich. Das hat aber nichts mit der Realität zu tun. .


    Kant ist die Hauptfigur in diesem Faden und natürlich halte ich mich daran. Schopenhauer habe ich genommen, weil seine Sprache nicht so "verkompliziert" ist. Es geht auch hier nicht um ein Weltbild, sondern einzig um Begriffe und deren Definition. Wenn alles ein Brei wäre, also Verstand, Bildung, Geistige Schulung, Erziehung usw, bräuchten wir dafür nur ein Wort, meinetwegen "geistiger Brei" in diesem wäre das dann alles enthalten


    waterbrunn schrieb:



    Der Kern des Problems ist ein Fehler in unserer Sprachlogik. Wir machen statistische Beobachtungen zu Subjektiven. Wir reden von "Der Mensch", obwohl es diesen nur als statistische Beschreibung gibt.



    Wir differenzieren erst wenn wir einen bestimmten Menschen meinen, dann kennen wir auch im allgemeinen den Namen, oder etwas, was ihn identifiziert. Ansonsten schmeißen wir sie in einen Pott "geistiger Brei" halt.

    waterbrunn schrieb:



    Es werden wohl 30 von 1000 Leuten einen Golf kaufen, wenn sie ein neues Auto brauchen, trotzdem wird der Jochen Bergjohann aus Kattenvenne nicht beim AWD-Versicherungsmakler unterschreiben, auch wenn dieser zehnmal Anzug und Krawatte trägt und Jochen mit seinem Golf zufrieden ist.



    Jochen Bergjohann hat einen natürlichen Verstand, sein Verstand lässt sich nicht durch Schönheit (angenehme Sinneswahrnehmung) beeinträchtigen, die von dem Verstand begrenzt wird und entspricht der Definition von Kant.

    waterbrunn schrieb:



    Filosofen schaffen sich ihre eigene, kleine Sichtweise der Welt und versuchen dann ihre Mitmenschen dort reinzupressen. Aber das funktioniert nur mit Leuten, die schon lange nicht mehr in der Natur leben.


    Siehst du das so? Es gibt immer einen der presst und einen der pressen lässt! Der, der pressen lässt, hat dann die selbstverschuldete Unmündigkeit gepachtet. (damit meine ich nicht Dich, das dürfte wohl klar sein)
    Im Gegenteil, das Weltbild Kants ist/war sehr komplex.
    hier kannst du, wenn du willst, ein bißchen über sein Weltbild erfahren
    Aber ich verstehe jetzt nicht, was die Definition von Begriffen damit zu tun haben soll, ob einer in der Natur lebt oder nicht? Du magst wohl die Filosoffen nicht besonders?:shy:

    Kommentar zum Sprichwort: Wenn ich Deine Beispiele lese, dann graust es mir. Und du hast völlig Recht, wenn du sagst: hier fehlt die ethisch/moralische Hand, die anleitet.
    Jetzt müßte man definieren was ist natürlicher Verstand: So wie ich es verstehe, beinhaltet der natürliche Verstand Ethik und Moral, während Bildung für sich genommen, etwas ist, was einem Menschen anerzogen wird und nicht unbedingt Ethik und Moral zum Inhalt haben muß.

    Gruß Heinrich
    [size=medium]Nicht wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt.[/size]
    Niccolò Machiavelli
  • RE: Sapere aude! - Kant

    Wir waren ja bei der "selbstverschuldeten Unmündigkeit".

    Wenn du dich in das Werke eines Philosophen einarbeitest, dir seine Begrifflichkeit und Definitionen erarbeiten mußt, weil er sie ganz anders verwendet als man es umgangssprachlich tut und du dann ganz in der von ihm geschaffenen Welt von Begriffen und Metaphern aufgehst und ihm kopfnickend nachfolgst - hast du dich dann nicht auch in eine selbstverschuldete Unmündigkeit begeben, nur auf "geistig hohem Niveau"?

    Kant ist mir zu kompliziert um wahrhaftig zu sein. Große Wahrheiten sind so einfach, dass man sie auch Oma Käthe in ihrem Schrebergarten zuschreiben kann.

    Filisofen sind alte Männer, die sich die Welt erklären.
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • RE: Sapere aude! - Kant

    waterbrunn schrieb:


    Wir waren ja bei der "selbstverschuldeten Unmündigkeit".

    Kant ist mir zu kompliziert um wahrhaftig zu sein. Große Wahrheiten sind so einfach, dass man sie auch Oma Käthe in ihrem Schrebergarten zuschreiben kann.

    Filisofen sind alte Männer, die sich die Welt erklären.


    Ich schätze Deine unverblümte Direktheit.

    Beim Ersten hast Du recht. Die Wahrheit ist einfach. Warum sehen wir sie dann so oft nicht?

    Das Zweite sehe ich ein bisschen anders. Philosophen waren durch aus nicht alt, als sie mit dem philosophieren anfingen. Heute allerdings schon, sie weilen ja immerhin schon 200 Jahre nicht mehr unter uns.

    Zur selbstverschuldeten Unmündigkeit: Ich denke nicht, dass ich eine selbstverschuldete Unmündigkeit habe. Ich habe mich ganz bewusst dafür entschieden, zu versuchen, die Frage, die hier im Faden gestellt wurde, zu beantworten und das aus einem ganz einfachen Grund, es machte mir Spaß und unterliegt in keiner Weise irgendeiner Anstrengung.

    Aber Kant hat u.a. auch noch etwas sehr schönes geschrieben, kommt Dir vielleicht näher?

    »Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Beide darf ich nicht als in Dunkelheiten verhüllt oder im Überschwänglichen außer meinem Gesichtskreis suchen und bloß vermuten. Ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz.« Kant verlässt hier den Boden interlektuellen Philosophierens zugunsten eines tiefsinnigen Glaubensbekenntnisses. Der Kosmos um uns und das Gewissen in uns verbinden sich zur Grundlage einer Ethik, deren Grundgesetz lautet: »Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.« Kant formulierte es auch so: »Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.« Das ist Kants berühmter »kategorischer Imperativ«

    Trotz Nichtübereinstimmigkeit, danke für die angenehme Diskussion,

    Gruß Heinrich
    [size=medium]Nicht wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt.[/size]
    Niccolò Machiavelli