Folgender Artikel bzw. Interview lässt manch einem Leser bestätigen, dass Gewalt sowie Pornografie in Musik- und Filmstücken vermehrt auftauchen und beabsichtigt gesendet werden.

Grundlegende Verdummung
Geschrieben von: pasu
Montag, 30. Juni 2008 um 19:39

Einst drückte David K. Far-El, 35, beim Musiksender BET auf die Knöpfe, die aus Künstlern Stars machten. Doch mit dem Verkauf des Senders an den Medienkonzern Viacom starb die kreative Freiheit der Showproduzenten. Seine Online-Dokumentation "Confessions Of A BET Producer" zeigt, wie "Hip Hop" einen langsamen medialen Tod starb. Im Interview erklärt er, was hinter den Kulissen geschah.

Es war kein Abschied auf Raten, als David K. Far-El aka Dbrad sich entschloss, seinen Posten beim US-Musiksender BET freiwillig zu räumen. Die Karriere verlief reibungslos, Vorteile und Geschenke der Musikindustrie machten den Job attraktiv, doch seine persönliche Entscheidungsfreiheit als Produzent der wegbereitenden Show "Rap City" war inzwischen auf ein Minimum beschnitten. Längst war er nur noch ausführende Kraft und nicht mehr der kreative Kopf, der einst Formate wie den "Freestyle Rap Battle" im Fernsehen etablierte und gegen den Glauben seiner Vorgesetzten Videos von Künstlern wie Jay-Z, Eve, Dipset, Trick Daddy & Trina oder DJ Khaled spielte, lange Zeit bevor diese der breiten Masse überhaupt bekannt waren und zu hochdotierten Superstars wurden.

Monate nachdem er den lukrativen Job hinschmiss und der Glamourwelt des Fernsehens den Rücken kehrte, machte er in seiner Online-Dokumentation "Confessions Of A BET Producer" öffentlich, was genau hinter den Kulissen des heute immer wieder für Oberflächlichkeit und Gewaltdarstellungen in der Kritik stehenden Entertainment-Kanals passierte, nachdem der Sender im Jahr 2000 an den Medienriesen Viacom verkauft wurde, zu dessen Imperium auch MTV und VIVA gehören. Insbesondere über BET-Vizepräsident Stephen Hill sagt Dbrad heute, er habe maßgeblich dazu beigetragen, die Kultur auf dem Sender "grundlegend zu verdummen".

"Confessions Of A BET Producer" erzählt eine Geschichte aus "corporate America", in dem Firmen und Konzerne über Images und Inhalte entscheiden und persönliche Kunstfreiheit und Kreativität einer Diktatur gewichen ist. Womöglich hatte Nasir Jones Erlebnisse wie die von Dbrad im Hinterkopf, als er die Welt 2006 wissen lies, Hip Hop sei tot. Dass Dbrad mit seinem Anliegen auf offene Ohren stößt zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass Little Brother für das Intro zu "Sirens", dem ersten Track ihres letzten Albums "GetBack", seine Erfahrungen gesamplet haben. Dbrad ist heute 35. Er ist einer der wenigen, die ausgepackt haben.

WildstyleMag.com: Was genau war der Grund dafür, dass du mit der Dokumentation über deine Zeit bei BET an die Öffentlichkeit gegangen bist?

Dbrad: Es war an der Zeit.

WildstyleMag.com: Manche Leute sagen, persönliche Probleme mit dem BET-Vizepräsidenten Stephen Hill hätten zu der Entscheidung geführt.

Dbrad: Und damit liegen sie vermutlich richtig.

Ja, ich habe ein persönliches Problem damit, wenn man mich zwingt Dinge zum Nachteil der schwarzen Community zu tun. Ja, ich habe ein persönliches Problem damit, wenn der Vizepräsident ein von mir in den besten Absichten aufgebautes Format nimmt, um es in eine Titten- und Ärsche-Show zu verwandeln. Ja, ich habe ein persönliches Problem damit, wenn ich mit eigenen Augen ansehen muss, wie ein einzelner Mann mit dem was ich einst Hip Hop nannte das schöne Gesicht des urbanen, schwarzen Amerikas zerstört...

WildstyleMag.com: Du sagst er habe sich dir auch sexuell genähert.

Dbrad: ...und schließlich, ja, ich habe ein persönliches Problem damit, wenn ein Vizepräsident für höhere Posten sexuelle Gefälligkeiten von mir erwartet, insbesondere, wenn ich meine Position schon erreicht hatte, bevor er im Amt war und ich weder homo- noch bisexuell bin. Jeder, der nicht verstehen kann, dass ich damit Probleme habe, trägt dazu bei, dass Amerika heute so abgefuckt ist.

WildstyleMag.com: Du sagst auch, dass die Medien Hip Hop zerstören würden. Was kritisierst du genau?

Dbrad: Lass es mich so sagen: Die Leute fürchten sich vor ihrem eigenen Schatten. Sie bekämpfen sich lieber gegenseitig und leben in Angst, anstatt sich den wirklichen Problemen zu stellen. Sie glauben, wenn jemand ihr "Boss" ist oder sich in einer übergeordneten Führungsposition befindet, seine Worte heilig wären, selbst wenn es ihr persönliches Leben tangiert.

Diese Menschen würden alles tun um ihren Job zu behalten, als hätten sie nie wieder die Chance, eine andere Anstellung zu bekommen. Ich bezeichne solche Menschen als ängstliche Löwen. Sie sorgen dafür, das ein "Boss" jederzeit hat Gefühl hat, auf alle und jeden scheißen zu können, nur weil er der "Boss" ist.

WildstyleMag.com: Gab es bei BET weitere Mitarbeiter, die deine Einstellung teilten, die sich aber nicht trauen würden damit an die Öffentlichkeit zu gehen so wie du?

Dbrad: Aber hallo, bis auf ein paar wenige betraf das nahezu jeden! Aus diesem Grund ist bis heute auch niemand aufgestanden und hat behauptet ich würde lügen oder falsch liegen - niemand! Was sagt dir das? Alle Verantwortlichen bei BET hoffen, dass ich den Mund halte oder die Leute zumindest denken ich sei verrückt. Aber dadurch, dass sie auf dem Sender nachwievor dieselben Shows und Videos zeigen, lassen sie mich wie einen Propheten aussehen.

WildstyleMag.com: Was passierte genau hinter den Kulissen, nachdem BET im Jahr 2000 an Viacom, ein weltweit führendes Medienkonglomerat, verkauft wurde?

Dbrad: Weiße Geschäftsmänner erhielten die kreative Freiheit mit dem Image von Hip Hop und dem Bild des urbanen Amerikas zu tun was sie wollten. Bei BET entscheiden heute nur weiße Leute was passiert. Neunzig Prozent der Videos laufen nur, weil Weiße darüber entschieden haben. Das ist der Tod von Hip Hop. Ich sage nicht, dass Weiße nicht involviert sein sollten, aber genau dieser Weg zeichnet immer wieder die schwarze Erfahrung - die black experience.

Ich widerspreche Russel Simmons und P.Diddy wenn sie sagen, Hip Hop wäre universal, denn eine Kultur ist immer eindeutig - informiert euch was Kultur genau bedeutet. Musik kann universal sein, aber nicht die Gründe, die sie entstehen lassen.

WildstyleMag.com: Es geht dabei also auch um die Hautfarbe?

Dbrad: Natürlich, denn es gibt Situationen die Schwarze durchleben müssen, über die dir kein weißer Mann etwas sagen kann, zumindest nicht wenn er aktiv oder passiv die beiden "isms" in Amerika unterstützt: Racism und Sexism. Wie also kann ein weißer Mann entscheiden, welche die angemessenen Images und Lyrics auf einer Platte sein sollen oder welche im TV gezeigt werden?

Ein anderes Beispiel: Wie können Männer in der Abtreibungsfrage entscheiden, obwohl sie nie ein Kind austragen werden? Das Seltsamste daran ist wie sie es geschafft haben, die ganzen Rapper zu täuschen und ihnen zuzuhören. Als ein Weißer in seiner Position als Creative Director mir sagte was er gerne bei "Rap City" sehen würde, wusste ich, dass meine Zeit abgelaufen ist und in der Woche darauf war ich weg.

WildstyleMag.com: Das ist sehr konsequent. Immerhin hast du einen gut bezahlten Job und viele Vorzüge dafür aufgegeben. Hast du deine Entscheidung jemals bereut?

Dbrad: Nicht einen Tag. Jedesmal, wenn ein Rapper zur Unterhaltung der Leute auftritt, die wir einst verflucht haben, wird ein Teil von Hip Hop zerstört. Es ist beeindruckend wie transparent diese rassistischen, alten, weißen Männer sind, die Rap damals nicht abkonnten. Niemand kann mir erzählen ein Rassist ändere seine Gesinnung über Nacht. Noch erstaunlicher ist es da nur, wie schnell diese Rapper vergessen, wie diese Typen sie damals behandelt haben, bevor sie gemerkt haben, wie man mit Rap Geld verdienen kann. Heute lachen diese weißen Rassisten den Rappern ins Gesicht, während sie ihr Geld zählen. Nur Hoes sind so durchsichtig, aber so ist das halt.

WildstyleMag.com: Jetzt stellst du die gesamte Mainstream-Szene Amerikas als von Geld gelenkten und ehrlosen Haufen hin. Ist es so einfach?

Dbrad: Ich muss eigentlich nicht extra betonen, dass das gesamte Superstar-Level in der Hip Hop-Industrie voll mit Hoes und Trickbetrügern ist. Ich kann nicht verstehen, wie Jungs wie Jay-Z oder Nas, die in meinem Alter sind, jemals mit diesen alten Männern Geschäfte machen konnten, speziell angesichts der Tatsache, dass sich nichts verändert hat bis heute. Wie können Kanye West, Jay-Z, 50 Cent, Nelly, Ludacris und all die anderen glauben, sie würden Hip Hop helfen, indem sie für dieselben Leute auftreten, wegen denen einst Hip Hop überhaupt erst entstand?

WildstyleMag.com: Interessant.

Dbrad: Wenn dieses Land sein Wort gehalten hätte und alle "Sklaven" befreit worden wären, würde keiner der schwarzen Jungs diesen Rap-Shit brauchen und nun sind sie gefangen in der rassistischen, sexistischen Bullshit-Elite Amerikas. Das Ganze ist ein abgekartetes Spiel und man muss eine Sache verstehen: Über 70% der Hip Hop-Verkäufe kommen durch weiße Kids in den städtischen Außenbezirken zustande. Es ist also nicht die schwarze Community, für die diese Rapper rappen, denn es ist offensichtlich, dass wir keine 50Cent-Alben kaufen.

Wenn also ein Rapper damit prahlt, wie viele Alben er verkauft hat, dann spricht er davon, wie viele weiße Kids sein Album gekauft haben. Wenn Hip Hop also gewaltverherrlichend ist und es dann Probleme gibt, sollte vielleicht eher das weiße Amerika bei Oprah und CNN´s "Crossfire" sitzen anstelle des schwarzen Amerikas oder ein paar alberne Rapper.

WildstyleMag.com: Mit einer solchen Einstellung kann man nicht auf Gegenliebe hoffen. Wer hört solchen Ausführungen noch zu?

Dbrad: Sicher, wir sagen das ist scheiße, aber niemand hört uns zu. Wir sagen unsere Babies sterben, aber niemand hört zu. Wenn es nicht um das "System" gehen würde, hätte Schwarze niemals Hip Hop benötigt um gehört zu werden. Wenn also 50 Cent sagt "fuck the hood" frage ich, wie kann er sagen, scheiß auf dieselben Leute in der Hood, die dort aus denselben Gründen leben, wegen denen er dort einst hauste? Und dann kommt er an und wackelt mit dem Hintern für das System?

Wenn 50 sagt Oprah wäre zu einer Weißen mittleren Alters geworden, dann sage ich, 50 Cent ist ein kleiner weißer Teenager, denn genau die sorgen dafür, dass seine Alben Platin und Doppelplatin einheimsen. Weiße Kids kaufen nicht Yayo, Buck und Banks, die gehen Gold und versuchen nur Street-Credibility zu bekommen. Nein, die jungen, weißen Kids kaufen 50 Cent-Alben. Ich würde ihn einen kleinen weißen Teenager nennen.

WildstyleMag.com: In der Dokumentation sagst du, dass Vizepräsident Stephen Hill von Viacom eingesetzt wurde, um die Kultur "grundlegend zu verdummen". Das ist eine harte Anschuldigung.

Dbrad: Ist das eine Anschuldigung? Oder ist es die Wahrheit? Ich ermuntere dich dir "106 & Park" anzusehen und du wirst anders denken.

WildstyleMag.com: In der Zwischenzeit soll BET gedroht haben, dich wegen Diffamierung zu verklagen. Stimmt das?

Dbrad: Nein, der Vizepräsident weiß, dass ich nicht lüge. Dieses Verhalten von ihm hat eine lange Geschichte. Ich warte bis heute vergeblich darauf, dass jemand ankommt und sagt, ich würde auch nur in einem Punkt, den ich angesprochen habe, lügen.

WildstyleMag.com: Gab es denn jemals offizielle Reaktionen nachdem "Confessions" rauskam?

Dbrad: Ich bin ein 1,85m großer, 80kg schwerer Dunkelhäutiger, ich bin eine Kämpfernatur. Mein Stammbaum reicht bis weit nach Haiti, meine Familie kämpfte im Haitianischen Revolutionskrieg. Du kannst einen spirituellen Krieger nicht mit banalen, materialistischen, erdigen Dingen bekämpfen, also scheiß auf deren Reaktion. Sie haben sich distanziert und ich habe jetzt genügend Spielraum. Ich hoffe andere werden sich mir anschließen und nicht mehr soviel Angst vor allem haben. Die Leute, die in der Industrie arbeiten wissen, dass ich Recht habe, aber die meisten haben nicht die Eier dem zu folgen und mein Anliegen zu unterstützen.

WildstyleMag.com: Ist das was bei BET passiert symptomatisch für die gesamte Musik-Medienlandschaft?

Dbrad: Zu gewissen Teilen ja. Als ich in der "Wendy Williams Show" off Air ging nahm Wendy ihre Kopfhörer ab und erzählte mir die Geschichte ihres Freundes Skelator vom New Yorker Radiosender Hot97, wo der Vizepräsident exakt dasselbe tat wie in meinem Fall bei BET. Die Leute im Game wissen was Sache ist. Sie sehen mich auf der Straße und flüstern mir zu wie sehr sie bewundern was ich tue.

Ich wünschte sie würden damit aufhören, denn ich respektiere sie noch weniger dafür, dass sie heimlich auf mich zukommen. Das ist ein spiritueller Krieg und ich werde die Karrieren von allen beenden, die sich gegen mich stellen. Man ist entweder für das Imperium oder dagegen, aber es gibt keinen Zwischenweg. Die Zeit ist vorbei.

WildstyleMag.com: M1 von den Dead Prez sprach kürzlich über den "Mechanismus der Angst" und sagte, das System würde den Menschen ihre natürlich Träume stehlen, um diese in imperialistische Träume zu verwandeln. Er sagte dies sei der Grund, warum es heute kaum noch Platz für progressive Musik geben würde.

Dbrad: Wenn es das ist was er gesagt hat. Er ist Rap-Artist, ich nehme an es wird seine Gültigkeit besitzen. Die Sache ist, hier geht es um mehr als einen dummen Rap-Song. Ich spreche über ein globales, ein gesellschaftliches Problem. Musik und Entertainment sind nur die Vehikel die benutzt werden.

WildstyleMag.com: Jemand sagte mal: "Aus der Verbitterung kommt die Wahrheit." Glaubst du die Verbitterung der Leute ist über die letzten Jahre gewachsen?

Dbrad: Vielleicht. Ich bin jemand der in Freude eine ähnliche Emotion sieht wie in Verdruss, nur anders polarisiert. Meiner bescheidenen Meinung nach müssen Menschen erst voller Zorn sein, bevor sie in der heutigen Gesellschaft glücklich werden. This is such a fake ass society. Wenn sich jemand umschaut und glücklich ist bei dem was er sieht, kann mit dieser Person etwas nicht stimmen.

Unser Land kämpft in einem schwachsinnigen Krieg, Kinder töten sich gegenseitig, Moral ist auf einem Langzeittief. Wie kann man dabei glücklich sein? Es ist egal ob Verbitterung mich dazu gebracht hat an die Öffentlichkeit zu gehen, ich habe etwas Konstruktives getan. Die Dokumentation kann sich jeder meiner MySpace-Seite myspace.com/dbrad76 kostenlos ansehen oder die DVD für 10 Dollar bestellen.


Quelle: wildstylemag.com/index.php/mag…-grundlegende-verdummung/


David K. Far-El merkt man meiner Meinung nach an, dass er schon sehr verärgert, wenn nicht sogar zum Teil verhasst gegenüber den "Weißen Bossen" ist.

"Das ist ein spiritueller Krieg und ich werde die Karrieren von allen beenden, die sich gegen mich stellen. Man ist entweder für das Imperium oder dagegen, aber es gibt keinen Zwischenweg. Die Zeit ist vorbei." Dies ist mir nicht ganz koscher. Spiritueller Krieg? Imperium?
Dennoch halte ich den Text recht Interessant, da die Informationen sich mit manch einer "Verschwörungstheorie" decken.

Das Unternehmen Viacom fiel mir in der Woche dann nochmals in diesem Artikel zu: spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,563651,00.html