über die Verschleppungen von Terrorverdächtigen durch die CIA
informiert. Das berichtet der stern.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier gerät in Erklärungsnot. Was
wusste der damalige Kanzleramtschef wirklich über die illegalen
US-Praktiken?
Der frühere Europachef der CIA, Taylor
Drumheller, belastet seine deutschen Kollegen schwer. Die Spitzen der
deutschen Sicherheitsbehörden sowie die Verantwortlichen im Kanzleramt
waren nach Aussage des CIA-Mannes frühzeitig über das umstrittene
CIA-Entführungsprogramm - so genannte "extraordinary renditions" -
informiert, wie der stern in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.
Die Deutschen waren zunächst wenig angetan von den US-Praktiken,
weltweit Terrorverdächtige zu kidnappen und in Drittstaaten zu
verschleppen, wo sie dann verhört wurden, auch unter Folter. "Die
Hauptsorge unserer Verbündeten war: Unilaterale US-Aktionen auf
europäischen Boden, Terroristen abfischen, ohne ihre Genehmigung, um
die dann in einen Drittstaat zu schicken", sagt CIA-Mann Drumheller zum
stern.
Solche Bedenken teilten die Deutschen im Herbst 2001 auch der
CIA-Vertretung in Berlin mit. Die CIA habe dann "versprochen, unsere
Verbündeten bei Operationen einzubeziehen".
Die Aussage von Drumheller, einst Stellvertreter von CIA-Direktor George Tenet,
bringt vor allem Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Bedrängnis.
In seiner Zeit als Kanzleramtschef war Steinmeier für die deutschen
Geheimdienste zuständig und hatte immer wieder beteuert, von den
rechtsstaatswidrigen CIA-Praktiken lange Jahre nichts gewusst zu haben.
Im BND-Ausschuss sagte Steinmeier 2006: Von den Verschleppungen durch
die Amerikaner habe er erst im Juni 2004 erfahren. Die Präsidentenrunde
im Kanzleramt, der Steinmeier vorsaß, diskutierte damals über den Brief
des Anwalts von Khaled el Masri.
Darin informierte der Anwalt die Bundesregierung,
wie die CIA seinen zwischenzeitlich wieder frei gelassenen Mandanten im
Dezember 2003 nach Afghanistan verschleppt hatte. "Ich will Ihnen eines
gestehen", schilderte Steinmeier dem Ausschuss im Dezember 2006, "ich
habe die anderen Teilnehmer der Präsidentenrunde bei diesem
Tagesordnungspunkt ziemlich ungläubig angeschaut und ich verrate kein
Geheimnis, wenn ich Ihnen sage: Niemand in dieser Runde konnte sich
vorstellen, dass sich die Geschichte von der Entführung und den
Begleitumständen wirklich so zugetragen haben könnte."
<h5>Erst Ende 2004 von US-Entführungsprogramm erfahren?</h5>
Ernst Uhrlau, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) und damals
Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, will gar erst Ende 2004 aus den
Medien von US-Entführungsprogramm erfahren haben: "Wir in der Abteilung
6", des Kanzleramtes "hatten dazu keine eigenen Erkenntnisse, die über
die Presseberichterstattung hinausgingen."
Der
Ex-Geheimdienstoffizier Taylor Drumheller kennt sowohl Steinmeier als
auch Uhrlau persönlich. Drumheller war im Oktober 2001 in Europa und
habe später "bei Uhrlau im Kanzleramt gesessen, und wir hatten mit
wirklich komplizierten Dingen zu tun", sagt Drumheller im stern.
Steinmeier und Uhrlau müssen vor dem BND-Ausschuss aussagen
Steinmeier und Uhrlau müssen nun vor dem BND-Ausschuss aussagen. Es
geht dabei um den Fall Mohammed Haydar Zammar. Der Deutsche wurde Ende
2001 mit Hilfe der CIA in Marokko festgenommen und dann nach Syrien
verschleppt. Unmittelbar vor der Festnahme hatte die CIA entscheidende
Informationen über Zammar vom Bundeskriminalamt (BKA) erhalten, etwa
über Rückreisepläne nach Hamburg sowie Erkenntnisse aus abgehörten
Telefonanten zwischen Zammar und seiner Familie in Hamburg.
Das
BKA lieferte dem US-Geheimdienst auch Details wie Nummer und Datum der
deutschen Einbürgerungsurkunde von Zammar, Schulzeit und Berufsweg,
Anschriften, Geburtsdaten, Handy- und Passnummern von Geschwistern und
Verwandten in Hamburg und Syrien.
<h5>"Du musst die Geschichte der Zielperson kennen"</h5>
Für "Überstellungen" wie im CIA-Jargon solche Entführungen genannt
werden, "musst du die Geschichte der Zielperson kennen", sagt
Ex-CIA-Offizier Tyler Drumheller, der selbst Verschleppungen von
Terrorverdächtigen organisierte, zum stern.
Von der Verschleppung Zammars, gegen den in Deutschland nichts
vorliegt, profitierten letztlich auch die deutschen
Sicherheitsbehörden. Im November 2002 wurde Zammar in Damaskus von
Beamten des BND, des BKA und des Bundesamt für Verfassungsschutz zu
möglichen Terrorverbindungen verhört. Er sagt ihnen, dass er in
syrischer Haft "geschlagen" wurde, wie es in einem BND-Protokoll über
die "Befragung" heißt.
Quelle: stern.de/politik/deutschland/:…Mann-Kollegen/613825.html
Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
- Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
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