Die deutsche Regierung strebt nach Medienberichten konkrete Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung mit Hilfe von Steueroasen wie Liechtenstein an. Das gehe aus einem Papier des deutschen Finanzministeriums hervor, berichteten gestern mehrere Tageszeitungen übereinstimmend.
Die Financial Times Deutschland und die Frankfurter Rundschau schrieben unter Bezug auf dieses Papier des Finanzministeriums, deutschen Bürgern solle der Geschäftsverkehr mit derartigen Ländern erschwert werden. So könne beispielsweise eine Quellensteuer auf alle Geldströme erhoben werden.
Entspannung brachte auch das gestrige Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem liechtensteinischen Regierungschef Otmar Hasler nicht. Deutschland erhöht den Druck auf das Fürstentum. Man erwarte von Vaduz konstruktive Mitarbeit beim Kampf gegen unfairen Steuerwettbewerb.
Im Ministeriums-Papier steht laut Frankfurter Allgemeine Zeitung auch, dass der Finanzplatz Liechtenstein zu einem guten Teil vom internationalen Steuerhinterziehungsgeschäft lebe.
Für den Linzer Volkswirtschafts-Professor Friedrich Schneider ist diese Aussage eindeutig zu hart: So kann man das wirklich nicht sagen! Liechtenstein müsse sich ändern und und überalterte Gesetze reformieren.
Aber Liechtenstein sei längst nicht das größte Problem: Wer genug Geld hat, geht in die Karibik, sagt Schneider im OÖN-Gespräch. Dort gäbe es genügend Steueroasen.
Dass die Steuerflucht gerade in Deutschland so ein Problem sei, habe sicher auch mit dem komplizierten Steuersystem zu tun. Wer findig sei, finde dort legale und illegale Wege, Steuer zu vermeiden. Mit einigen Maßnahmen könnte man das deutsche Steuersystem sicher transparenter und gerechter machen, sagt Schneider.
Die pragmatische Lösung Österreichs mit der Kapitalertragssteuer (KESt) und der Privatstiftung könne man sicher als Vorbild für Deutschland ansehen. Eine deutsche Variante der KESt, bei den Nachbarn Abgeltungssteuer genannt, ist ohnehin in Vorbereitung.
Aufregung in deutschen Medien löste Schneider mit seiner Berechnung aus, dass der Großteil des von ihm auf 25 Milliarden Euro geschätzten Schadens durch Steuerhinterziehung von Beziehern kleiner und mittleren Einkommen verursacht werde. Steuerhinterziehung ist die Rache des kleinen Mannes an der Gier der Großen, sagte Schneider.
Um diese Gier der Reichen zu bekämpfen, seien aus seiner Sicht Gefängnisstrafen die richtige Form der Abschreckung. Die Leute müssten vorher wissen, dass etwa bei einem Schaden von mehr als einer Million Euro eine Haftstrafe unabdingbar sei, dann wäre das eine ungleich wirksamere Abschreckung als hohe Geldstrafen und Freiheitsstrafen auf Bewährung.
Quelle: nachrichten.at