Produktion - die wirtschaftliche Basis unserer Gesellschaft

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

  • Produktion - die wirtschaftliche Basis unserer Gesellschaft

    Ein interessanter Text den ich auf hartgeld.com gefunden habe:

    "Es können sich ja nicht alle gegenseitig die Haare schneiden."
    Ole von Beust, Hamburgs Erster Bürgermeister, 2006
    Für mich war immer schon die Produktion die wirtschaftliche Basis unserer Gesellschaft. Ursprüngliche Güter werden in solche mit höherem Nutzwert transformiert; dadurch wird Mehrwert und Einkommen geschaffen.
    Menschen graben Gold, Öl, oder Kartoffeln aus der Erde; schrauben Autos, Stehleitern, oder Flachbildschirme zusammen, oder sie entwickeln neue innovative Technologien.
    Die produktive Leistung all jener Menschen generiert deren Einkommen und sichert Wohlstand. Quasi als "Nebeneffekt" wird dadurch auch unser Sozialstaat finanziert. Es werden Krankenhäuser und Schulen, Autobahnen und Kläranlagen gebaut. Selbst die hintersten Winkel unseres Landes sind an Strom, öffentliche Verkehrsmittel, und Postdienstleistungen angeschlossen. Wir leben in einem Rechtsstaat; und Kinder, Alte und Kranke werden von der Gemeinschaft versorgt.
    Das war bis vor kurzem tatsächlich meine Vorstellung von Wirtschaft; erst in den letzten Jahren wurde mir klar, dass da irgendetwas nicht stimmt.
    Abgesehen von der Produktion gibt es ja auch noch den Handel: Die produzierten Güter werden an andere Menschen verkauft, die sie haben wollen. Und die Dienstleistungen. Neben Dienstleistungen, die die Menschen haben wollen (wie zum Beispiel Haare schneiden) entstehen allerdings immer mehr Dienstleistungen, die eigentlich nur ihrer selbst wegen existieren: "Berater" für alle möglichen Situationen, die im Endeffekt aber keinerlei Verantwortung übernehmen und oft kaum Wertschöpfung generieren.
    Ich produziere selbst übrigens auch nichts; als Arzt ohne Krankenkassenverträge bin ich wohl am ehesten den "Dienstleistungen" zuzuordnen.
    Ich zahle wie die meisten Freiberufler deutlich mehr als die Hälfte meines erwirtschafteten Gewinnes als Steuern und Abgaben, die unseres Sozialstaat erhalten.
    Verwunderlich ist, dass es mir möglich ist, auch noch einen ganzen Stab an Beratern mitzufinanzieren.
    Unter anderem beraten mich:
    Steuerberater
    Versicherungsberater
    Finanzberater
    Technischer Sicherheitsbeauftragter
    Medizinphysikexperte
    Arbeitsmediziner
    Ersteller eines zweijährlichen "Elektrobefundes"
    Natürlich werde ich nicht nur beraten, sondern auch überwacht. Das ist prinzipiell auch gut so, damit meine Patienten davon ausgehen können, dass ich tatsächlich Arzt bin, alle Berufsberechtigungen habe, und nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft arbeite.
    Ich will ja auch davon ausgehen, dass ich keine verdorbenen Mahlzeiten vorgesetzt bekomme, wenn ich in ein Restaurant essen gehe. Ich arbeite manchmal mit radioaktiver Strahlung, daher wird alles noch ein bisschen komplizierter. Mich überwachen unter anderem:
    Magistratsabteilung 15 der Gemeinde Wien
    Arbeitsinspektorat
    Amtsarzt
    Lebensministerium
    Eichamt
    ÖQMed Qualitätsevaluierung und Qualitätskontrolle der Österreichischen Ärztekammer
    Fortbildungsreferat der Österreichischen Ärztekammer
    Die korrekte Zahlung meiner Abgaben zur Finanzierung des Sozialstaates wird natürlich auch kontrolliert; unter anderem durch:
    Finanzamt
    Gebietskrankenkasse
    Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft
    Gemeinde Wien
    Finanzamt und Gebietskrankenkasse scheinen recht effizient zu arbeiten, es kommt eine Vorschreibung, die problemlos mittels Telebanking überwiesen werden kann, die Zahlung wird dann entsprechend zugeordnet.
    Von der Gemeinde Wien allerdings erhalte ich jedes Quartal einen Brief, in dem die Abführung der "U Bahn Steuer" (ein Bagatellbetrag von wenigen Euro pro Monat) für die Folgemonate erklärt wird. Es dauerte über ein Jahr, bis ich das System begriffen hatte: In das Feld Kundendaten muss meine individuelle Steuernummer der Gemeinde Wien und anschliessend "1/7/Monat/Monat/letzte-Ziffer-des Jahres" geschrieben werden.
    Ich nehme also die Email der Lohnverrechnerin, die mir sagt, dass ich 3.60 U Bahn Steuer zahlen muss, suche den Brief der Gemeinde Wien heraus, in dem die aktuellen Kundendaten für das betreffende Monat stehen und überweise 3.60 Euro.
    Jedesmal denke ich dabei an das Gespräch mit einer netten Frau Magister, die mich in einem Telefonat bat, unbedingt die korrekten Kundendaten anzugeben, da sonst jede Überweisung händisch zugeordnet werden muss. Ich denke an die Leute, die die Briefe mit den aktuellen Kundendaten an tausende Dienstgeber in Wien ausdrucken, zukleben und verschicken, an die Postler, die die Briefe zustellen, und an die Beamten, die dann die Zahlungen zuordnen. Um eine Steuer von 3.60 Euro einzutreiben.
    Es verwundert mich, dass die Patienten, die zu mir kommen und mich für meine Leistung bezahlen (obwohl sie als gesetzlich Krankenversicherte durch ihre Beitragszahlungen eigentlich sogar Anspruch auf kostenlose Betreuung durch Vertragsärzte hätten) eine so hohe Wertschöpfung generieren, dass nicht nur ich und meine Mitarbeiter davon leben können und alle Steuern und Sozialabgaben bezahlt werden können, sondern auch noch mein ganzer Stab von Beratern, Überwachern und Kontrolloren mitfinanziert werden kann.
    Wer zahlt nun den Rest? Die Kindergärten, die Kläranlagen und den Autobahnbau? Machen das vielleicht all die tüchtigen österreichischen Arbeiter, die durch ihre Arbeitskraft Güter produzieren und so Wertschöpfung generieren?
    Das Problem ist: Diese Arbeiter gibt es in Österreich kaum mehr.
    Ich kenne in meinem Bekanntenkreis nur ganz wenige Leute, die tatsächlich Güter produzieren: Ein Freund aus meiner Jugend hat eine Schlosserei, ein Bekannter ist Zimmermann, und mein ehemaliger Nachbar betreibt eine Firma, die Impfstoffe entwickelt.
    Alle anderen meiner Freunde und Bekannten sind Dienstleister, Berater oder Kontrollore.
    Prägend war auch mein kürzliches Maturatreffen: Meine früheren Schulkollegen wurden nahezu ALLE Berater, Kontrollore oder Dienstleister. Es war alles dabei; Beamte, Qualitätsmanager, Unternehmensberater. Sogar ein hauptberuflicher technischer Sicherheitsbeauftragter. Niemand meiner ehemaligen Schulkollegen produziert heute Güter; ihre gesamte Wertschöpfung entsteht durch Beratung und Verwaltung ihrer Mitmenschen.
    Wie können wir in Österreich nun mit dieser Produktivität unseren Lebensstandard halten? Nahezu alle meine Freunde und Bekannten haben eine Lösung gefunden: Sie haben einen Kredit aufgenommen.
    Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
    - Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
  • Ja, so ist es. Meiner Meinung nach sollte jeder, der über dieses Thema redet, sich mal mit deutschem Außenhandel beschäftigen. Denn da, übrigens, wird nämlich die sog. Wertschöpfung erbracht. Deutschland ist m.E. ein reines Exportland. Klar wir müssen auch viel importieren. (Weil es sich hier nicht mehr lohnt es zu produzieren.) Aber Netto, also uter dem Strich, exportieren wir mehr als wir importieren.
    Und gerade deshalb ist es so wichtig das es soviele Kontrollmaßnahmen hier gibt.
    Die ganze Welt verlässt sich auch unsere Produkte, wenn die mal nich funktionieren ist es aus mit dem unangefochtenem Ruf der dt. Industrie.

    Gruß, rotti