Beste Gr??e
Sparta
Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben sich auf eine Initiative f?r ein drittes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz geeinigt, und nun will die gro?e Koalition eine monatliche Pension von 250 Euro f?r die Opfer des SED-Regimes einf?hren, so wird es in alle Nachrichtenkan?le gepustet. Man klopft sich nach 16 Jahren, in denen die meisten Opfer der ?lteren Generation, die als Jugendliche die Lasten der kommunistischen Terrorjustiz am brutalsten zu ertragen hatten, gro?kotzig auf die Schulter: ?Es ist ein gro?er Erfolg von CDU und CSU?, hei?t es in einer Mitteilung aus der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages, ?dass in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner SPD die Schaffung einer Opferpension verhandelt werden konnte. Das ist eine gute Nachricht f?r alle diejenigen, die als politische H?ftlinge in der SED-Diktatur Gewahrsam erdulden mussten. Durch die Opferpension wird ein gro?er und wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung unserer j?ngsten Geschichte im geteilten Deutschland geleistet. Dies ist gerade in einer Zeit wichtig, in der wir feststellen m?ssen, dass die T?ter und Mitglieder der alten Nomenklatura immer unverfrorener in die ?ffentlichkeit treten und sich geschichtsklitternd bet?tigen.?
Das klingt gut, nicht wahr? Doch am Ende kommt die sch?bige Wahrheit zu Tage: Die 250 ? Opferpension wird nicht ?den? Opfern des SED-Regimes zugestanden, sondern lediglich einer kleinen Minderheit von ?wirtschaftlich Bed?rftigen?.
Wer also in den Genuss dieser ?gro?z?gigen? Rente kommen will, darf nur ein Einkommen bis zu 1.035 ? haben, Ehepaare bis zu 1.380 ?. Das bedeutet zum Beispiel: Ein Mann sa? 6 Jahre wegen ?staatsfeindlicher Hetze? im Zuchthaus, seine berufliche Karriere wurde ebenso zerst?rt wie seine Gesundheit, er bekommt nun an seinem Lebensabend satte 520 ? Rente, seine Frau hat zum Gl?ck Arbeit und verdient noch bei ALDI mit ?berstunden 870 ? dazu.
Pech gehabt!
Der Kollege, der ihn verpfiffen, der Staatsanwalt, der ihn angeklagt, der Richter der ihn verurteilt hat, sie bekommen wie jeder ehemalige SED-Kreissekret?r oder Offizier im besonderen Einsatz das Dreifache an Pensionsgeldern. Was n?tzt es den ehemaligen Widerst?ndigen, dass sie zwar rehabilitiert wurden, aber die T?ter des Unrechtsstaates weder bestraft, noch zu einer Wiedergutmachungsleistung verpflichtet worden sind?
Wer nun den Phantom-Opfern dieses armselige Trostpflaster als ?Anerkennung und W?rdigung des Widerstandes der ehemaligen politischen H?ftlinge? verkauft, muss als Schaumschl?ger, ja als Betr?ger entlarvt werden.
Wenn der Pressesprecher der gr??ten H?ftlingsorganisation, der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), die Einigung der regierenden Parteien auf solche Bed?rftigkeitspr?missen, also diese Kom?die gut betuchter Abgeordneter, als einen ?gro?en Tag f?r alle Regimegegner? bezeichnet, weil der jahrelange Kampf f?r die Opferrente endlich zu einem greifbaren politischen Erfolg gef?hrt habe, dann muss man sich fragen, welche Interessen dieser Verein eigentlich vertritt, die der Machthaber oder die der Betroffenen?
Ulrich Schacht, selber ein wichtiger Oppositioneller, der in der DDR-Diktatur ?Zersetzungsarbeit? betrieben und ?eine gro?e Anzahl von feindlichen Schriften? verfasst hatte, wie es in seinen Gerichtsakten steht, und der wegen ?staatsfeindlicher Hetze? zu sieben Jahren Gef?ngnis verurteilt worden war, schrieb in einer Kolumne: ?Die deutsche Politik-Mentalit?t konnte mit politischen Widerstandsk?mpfern noch nie viel anfangen. Die von ihr begr?ndeten politischen Strukturen vertrauen in der Regel den Angepassten, Unauff?lligen, den Funktionierenden, und der Aufstieg der 68er ist hier gerade keine Gegenbeispiel, sondern, sozialph?nomenologisch gesehen, Konsequenz eines gesamtgesellschaftlichen Opportunismus-Exzesses, der sich an der Figur Fischer idealtypisch zeigt: Die Wohlstandsprotestler riskierten nichts und gewannen alles. Ihre F?higkeit, sich den Staat zur Beute zu machen, teilen sie mit den von ihnen so lange verachteten Funktion?ren der etablierten Parteien.
Inzwischen genie?t man gemeinsam und bescheinigt sich gegenseitig ?demokratische Reife'. Glaubw?rdige Widerstandsk?mpfer dagegen, man denke nur an den Umgang mit der milit?rischen Opposition gegen Hitler, sind bis heute Zielscheiben ideologisch getr?nkter Hassanalysen. Mal kommen sie von rechts, mal von links, mal aus der pseudoliberalen Mitte - aber immer aus tiefstem Neid auf die moralische St?rke desjenigen, in dem sich nichts als die eigene Schw?che spiegelt.
Was verlangen die Betroffenen eigentlich?
Nichts, was der unbeteiligte Normalb?rger dem ehemaligen politischen H?ftling neidvoll missg?nnen k?nnte. Sie verlangen lediglich eine nachhaltige Milderung ihrer Folgesch?den.
Ist das zuviel verlangt in diesem Staat, der sich ansonsten weltweit als der spendenfreudigste zeigt?
Und wie haben sich die 68er f?r jeden in aller Welt verhafteten Kommunisten stark gemacht, nach Kuba zog es einst die Revolutions-Fanatiker, und dann sind einige sogar, die hier den Wehrdienst verweigerten, auf Seiten der Sandinisten bewaffnet in den Kampf gezogen, doch f?r ihre eingekerkerten Landsleute in der DDR interessierten sich die progressiven Intellektuellen einen feuchten Kehricht!
Das Bundesjustizministerium, das federf?hrend f?r die Gesetzesinitiative ist, hat sich schon in der Kohl-?ra unter Justizminister Kinkel blamiert, als den rehabilitierten H?ftlingen nicht einmal die H?lfte der gesetzlich festgeschriebenen ?Kapitalentsch?digung?, das waren 30 DM pro unschuldig abgesessenen Haftmonat, einger?umt wurde. Der ebenfalls den Unschuldigen zustehende Berufsausfall wurde nicht einmal erw?hnt. Vertreter der H?ftlingsverb?nde brachten den Vorschlag ein, die Rehabilitierten kostenlos auf der damals noch staatlichen Bundesbahn fahren zu lassen, so lange wie sie ?gesessen? haben, was dem Steuerzahler faktisch nichts gekostet h?tte, aber nicht einmal zu einer solchen Geste war die hartherzige Politikerkaste bereit.
Wenn es den Opfern des SED-Regimes insgesamt nicht so dreckig gehen w?rde in diesem unserem Land der st?ndig steigenden Lebens- und ?berlebenskosten, dann w?rden sie ihrer W?rde wegen gern auf diese Almosen verzichten, aber das k?nnen leider nur Maulhelden, die etwas Gl?ck hatten und gut verdienen.
Echte Widerst?ndler gegen das Unrechtsregime wussten, dass es nichts einbringt, nur Recht gehabt zu haben. ?Die Genugtuung des Widerstandes?, so der Bloch-Sch?ler G?nter Zehm, der selber vier Jahre wegen ?Boykotthetze? im Zuchthaus sa?, ?liegt in ihm selbst, nicht in einem sp?teren eventuellen Lohn, was freilich nichts mit heroischem Pessimismus ? la Camus zu tun hat, mit Revolte um der Revolte willen.?
Keinen Lohn fordern die Widerst?ndler und Opfer des Kommunismus, sondern Gerechtigkeit.
Was ist das schon?
Aber die Herrschenden wissen genau, was hier als Vergleichsma?stab dienen k?nnte. Die Opfer der 2. Diktatur in Deutschland wollen wenigstens Opfer 2. Klasse und nicht 3. Klasse sein.
Ist das zuviel verlangt?