Wie z?chte ich mir einen Feind? *Satire*

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  • Wie z?chte ich mir einen Feind? *Satire*

    Liebe Kinder,

    heute erkl?rt euch der liebe Thomas, wie man sich einen
    Feind bastelt.

    "Wie, einen Feind?" (fragt da schon der vorlaute Klausi)
    "Ich brauch keinen Feind."

    Ja, Klausi, du nicht.
    Aber andere schon.

    "Warum?"
    Das ist eine gute Frage, Klausi.
    Na schau mal - wenn man ein ganz ganz grosses Imperium hat
    und da sind viele Leute dabei, dann braucht man
    Gemeinsamkeiten.

    Und wie die Vergangenheit zeigt, helfen da nicht nur sch?ne
    Gemeinsamkeiten (eine gemeinsame Sprache, gemeinsame
    Verhaltensregeln...), sondern auch scheinbar schlechte, wie
    ein gemeinsamer Feind.

    "Wie die USA und die Sowjetunion?!"

    Ja, richtig, Pauli.

    "Wie der Hitler mit den Juden?"

    Ja, das war auch so eine Masche. Danke f?r den Hinweis,
    Seppi.

    "Ich will auch einen Feind!"

    Na, so leicht ist es nicht, liebe Paula.
    So ein Feind kommt ja nicht pl?tzlich irgendwoher. Den muss
    man sich sch?n selber basteln.
    Und heute erz?hle ich euch, wie das so geht.


    "Das ist langweilig!"

    Na gut, dann erz?hle ich euch eine Geschichte.

    "Oh ja toll, eine Geschichte!!"

    Also, es war einmal ein Papst.
    Und der stammte aus Deutschland.
    Und pl?tzlich war ganz Deutschland voll der Fan vom Papst.

    "Warum?"

    Das weiss ich leider auch nicht. Aber weiter: Der Papst kam
    also nach Deutschland, in seine Heimat.

    "Das ist nett!"

    Ja, das fanden auch gaaaanz viele Leute und die haben ihn
    dann besucht. Und der Papst hat ganz viele Reden gehalten
    und alle haben ihm zugeh?rt.

    Aber bei einer Rede ist was seltsames passiert.

    "Ui, was denn?"

    Nun, ich war ja nicht dabei - aber in der Zeitung stand, der
    Papst habe bei einer Rede irgend einen alten Kaiser zitiert,
    der vor tausenden von Jahren mal etwas gegen Mohammed gesagt
    haben soll.

    "Wer ist Mohammed?"

    Aber Paula, den kennst du doch. Das ist der Prophet vom
    Islam.

    "Wie Jesus bei den Christen?"

    Soweit ich weiss, ja.

    "War das b?se, was der Papst gesagt hat?"

    Naja, f?r uns westliche Menschen war das nat?rlich nicht
    b?se. Er hat ja nur jemanden zitiert. Er hat es also gar
    nicht selbst gesagt und es war ja nicht seine Meinung.

    Aber in anderen L?ndern nahm man diese Aussage vom Papst
    ?bel und hat begonnen, dagegen zu protestieren.

    "Woher weisst du das?"

    Das stand in der Zeitung.

    "Und das stimmt?"

    Gute Frage. Na, ich habe Bilder gesehen, von w?tenden
    Moslems.

    "Wegen dem Papst?"

    Ehrlich gesagt, das konnte man auf dem Bild nicht erkennen.
    Man sah nur ein paar grimmig schauende M?nner mit B?rten,
    die irgendwie protestiert haben.

    "Kann es sein, dass das Bild aus dem Zusammenhang gerissen
    wurde oder schon 3 Jahre alt war?"

    ??h, ja.
    Aber egal jetzt, ihr vorlauten Rotzl?ffels - weiter im Text:

    Also sagt man uns, dass ganz viele Leute in islamischen
    L?ndern jetzt total gegen den Papst sind.

    "Aber der Papst ist doch so ein netter!"

    Ja schon, gell. Also m?ssen die anderen wohl die b?sen sein.
    So ein unzivilisiertes Pack, unrasiert und schmuddelig und
    immer bereit zur Gewalt.

    "B?h, die mag ich nicht."

    Ja genau, Seppi, die mag jetzt bei uns keiner mehr.

    "Dann haben wir jetzt einen Feind?"
    Nana, Paula, so schnell geht das nicht. Aber du hast schon
    recht - wir fangen an, einen Feind zu haben.

    "Duuu, Thomas..."
    Ja, kleine Annemarie?

    "Du willst doch nicht sagen, der nette Papst habe da
    absichtlich die Leute ge?rgert, damit die in unseren Medien
    schlecht wegkommen, er gut, und wir uns einen Feind
    z?chten?"

    Aber nein, Annemarie, das w?rde mir im Traum nicht
    einfallen, so etwas auch nur anzudeuten.

    Obwohl Fragen offen bleiben:

    Liebe Kirchenanh?nger,

    ich habe zwei M?glichkeiten f?r euch:

    1.) Der Papst ist ein netter, naiver alter Mann. Ihm ist
    nicht ganz klar, was er sagt und wie er es sagt, er kennt
    sich mit dem Islam nicht aus und weiss auch gar nicht, dass
    wenn er ?ffentlich ein Anti-Mohammed-Zitat bringt, ihm das
    Proteste einbringen wird. Ups.

    2.) Der Papst ist ein kluger, erfahrener Mann. Im Vollbesitz
    seiner geistigen Kr?fte ?berlegt er sich genau, was er wie
    sagt und welchen Effekt dies haben wird.
    Er w?hlt absichtlich dieses Zitat, wohl wissend, dass die
    westliche Welt darin nichts schlimmes erkennen kann. Wohl
    wissend auch, dass in islamischen L?ndern irgendwelche Leute
    nur darauf warten, ihn absichtlich falsch zu interpretieren,
    um ihren eigenen Feind zu z?chten.
    Wohl wissend, dass dies noch Stoff f?r viele Titelbl?tter
    geben wird. Wohl wissend, dass ein gemeinsamer Feind der
    Kirche nutzt.


    Drehe es, wende es - so oder so, der Mann scheint f?r den
    Posten nicht so ganz geeignet zu sein.
    (Wenn man davon ausgeht, dass er ein friedliches
    Kirchenoberhaupt ist, der sich ehrlich f?r Frieden einsetzt.
    Geht man davon aus, dass er ein Imperium zu f?hren hat,
    macht er seinen Job hervorragend!)


    "Aber wie nutzt jetzt ein Feind?"

    Eine gute Frage. Schau, Paula, wenn es jemanden gibt, von
    dem du glaubst, dass er b?se ist, dann ist das ein Feind.
    Und was will man vom Feind?

    "Dass er wegbleibt."

    Ja, genau - aber was passiert, wenn dir einer sagt, dass der
    Feind herkommt oder plant herzukommen?

    "Dann muss ich ihn daran hindern!"

    Du allein?

    "Nein, wir alle!"

    Das ist sch?n, dann seid ihr alle besch?ftigt, alle
    miteinander habt ihr ein Ziel und geh?rt zusammen.

    "Und wem nutzt das?"

    Na, eurem F?hrer.

    "Ich brauche keinen F?hrer!"

    Das stimmt. Bis ein grosser Feind kommt. Dann freust du
    dich, wenn dich jemand besch?tzt. Der F?hrer soll das dann
    machen. Und du wirst tun, was der F?hrer befiehlt.

    "Aber den Feind hat der F?hrer doch selber gemacht!"

    Ja. Ist das nicht witztig?

    "Merkt das denn keiner?"

    Schaut nicht so aus, wenn ich mir die aktuellen Schlagzeilen
    in der Zeitung so anschaue...

    "Die Menschen sind ja dumm!!"

    Pass nur auf, kleiner Seppi, dass du nicht dumm bist.



    Tja, liebe Kinder, das wars f?r heute.
    Und das n?chste Mal erz?hle ich euch, warum ich bestraft
    werde, wenn ich 10 Freunde daf?r bezahle, das Haus meiner
    Nachbarn zu ?berfallen, auszurauben, die Nachbarn zu t?ten
    und selbst dort einzuziehen.
    Gleichzeitig erz?hle ich euch, dass wenn man aber 100.000
    Freunde hat, die man f?r sowas bezahlt, dass man dann gar
    nicht bestraft wird, wenn man ganze L?nder ?berf?llt.


    Und ich erz?hle euch, was das beste Mittel gegen
    Gammelfleisch ist.

    "Gar kein Fleisch essen?"

    Haha, Annamarie, jetzt hast du mir die Pointe versaut.
    Auf so viel Weisheit ist leider noch keiner unserer
    Politiker gekommen und in keiner Zeitung konntest du das
    bisher lesen.

    "Aber das ist doch Baby-Einfach!"

    Nana, Annamariechen, einfach ist gar nichts in dieser Welt.
    Man braucht da viele Experten und Doktoren, die einem die
    Welt erkl?ren und Zeitungen, die das alles aufschreiben.
    Und du brauchst Gesetze, und Leute, die die Gesetze
    verstehen k?nnen oder wenigstens so tun und...


    "Was machen Sie bei diesen Kindern!"
    Wir quatschen bloss so Kinderkram.

    "Hinfort, Unhold, Sie verderben unsere Kinder. Hier
    Annemarie, h?r nicht auf diesen Typen, iss lieber einen
    Fruchtzwerg."

    "Ist der Thomas jetzt unser Feind?"

    "Ja."



    *ohne Worte*
    Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
    - Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste