Visualisierung von Standardscheiben um rotierende Sch.L?cher

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    • Visualisierung von Standardscheiben um rotierende Sch.L?cher

      Kerr Ray Tracing - Visualisierung von Standardscheiben um rotierende Schwarze L?cher

      Die Auswirkungen eines Schwarzen Loches auf die Umgebung sind sehr drastisch. Die Effekte erscheinen seltsam, wenn man sie visualisiert. F?r einen Betrachter, der die Allgemeine Relativit?tstheorie nicht kennt bzw. an eine allt?gliche, flache, Newtonsche Welt gew?hnt ist, muss das Ergebnis exotisch, fast surreal anmuten. Sie haben noch kein Schwarzes Loch gesehen? Hier ist eines!

      Das Bild ist eine Simulation mit einem relativistischen Ray Tracer, der den Weg von Strahlung aus der Umgebung rotierender Schwarzer L?cher (Kerr-L?sung) verfolgt. Hier zeigt sich der Vorteil der theoretischen Astrophysik: der numerische Forscher bekommt Dinge zu Gesicht, die nie ein Beobachter sehen k?nnte! Daf?r liegt der Reiz der Beobachtung in der Prise Unberechenbarkeit nat?rlicher, komplexer Vorg?nge, was wohl auch ihre besondere ?sthetik ausmacht.
      Die emittierende Region in der Abbildung ist eine hauchd?nne Akkretionsscheibe, die in der ?quatorebene liegt, hier gesehen unter einem recht grossen Winkel von 70?. Durch die relativistische Lichtablenkung (Lensing, Aberration) werden die Lichtstrahlen um das Schwarze Loch gebogen und verzerren so das Bild der Scheibe, indem es hinten hochgeneigt scheint. Genauso w?rde die Scheibe einem Beobachter erscheinen, w?rde er die Chance haben, die Scheibe um ein Schwarzes Loch in dieser N?he zu sehen! Die Scheibe endet direkt am Ereignishorizont (gestrichelte, blinkende Linie), dort, wo alles, Materie und Strahlung, die Rotation des Schwarzen Loches aufgezwungen bekommt. Das Schwarze Loch befindet sich also innerhalb des gestrichelten Bereichs. Die physikalische Gr?sse, die farbcodiert (von gold nach schwarz) auf der Scheibenoberfl?che dargestellt ist, nennt man generalisierten Rotverschiebungsfaktor. Sie ist ein Mass f?r den Energieverlust der Strahlung und ist hier in der vierten Potenz dargestellt. Diese Wahl habe ich getroffen, da jede Emission in der N?he Schwarzer L?cher mit diesem Rotverschiebungsfaktor in der vierten Potenz gewichtet wird. Genauer gesagt, wird dieser Faktor in das Strahlungsflussintegral gefaltet, das schliesslich den kompletten Strahlungsfluss ?ber die Scheibe aufsummiert (F?r Experten: bei einem Raytracer Code, der die so genannten Transferfunktionen benutzt ist es "nur" die dritte Potenz im Rotverschiebungsfaktor g, was jedoch ein sehr ?hnliches Bild ergeben sollte. Der von mir entwickelte Code nutzt die Carter-Konstante als vierte Erhaltungsgr?sse, neben Masse, Energie und Drehimpuls. Bei Verwendung einer Deltafunktion f?r die intrinsische Linienemission im Ruhesystem kommt ein weiterer Faktor g hinzu).

      Wie man klar erkennen kann, segmentiert die Scheibe bei dieser hohen Neigung (Inklination) in zwei Bereiche: einen, wo die Emission durch Beaming verst?rkt wird (links: Licht) und einen, wo sie stark unterdr?ckt wird (rechts: Dunkelheit). Beaming nennt man einen speziell-relativistischen Effekt, wo die Strahlung, die ein sich relativistisch bewegendes Teilchen emittiert stark in Bewegungsrichtung kollimiert wird. Besonders nahe am Horizont bewegt sich das Plasma in der Scheibe mit diesen Geschwindigkeiten, so dass dort dieser Effekt wichtig wird. Weil die hier simulierte Scheibe von oben betrachtet gegen den Uhrzeigersinn und prograd mit dem Kerr-Loch rotiert, ist das Beaming-Segment links vom Loch. Die Emission blitzt hell auf! In der unmittelbaren N?he des Horizonts ist sogar jede Emission unabh?ngig von der Richtung stark unterdr?ckt. Diesen Effekt nennt man Gravitationsrotverschiebung, weil das starke Gravitationsfeld jedes Licht- und Materieteilchen am Entkommen zu hindern sucht. Entsprechend muss Linienemission (z.B. die bekannte Emissionslinie von Eisen Fe K alpha), starke Bremsstrahlung oder Comptonisierte Strahlung, die dann hochenergetische R?ntgenstrahlung sein wird und in diesem Bereich entstehen k?nnte, stark unterdr?ckt werden.
      An der Peripherielinie der Scheibe und an der Kontur des Horizonts erkennt man ausserdem die besonderen asymmetrischen Verzerrungen, die ein rotierendes Schwarzes Loch hervorruft: der linke Teil der Scheibe, der hier auf den Beobachter zu rotiert, wird anders verformt als der rechte nach hinten rotierende, rechte Teil. Das Kerr-Loch bewirkt also beim Scheibenbild eine Symmetriebrechung zur Axialsymmetrie hin, die durch die Rotation verursacht wird, und ist somit v?llig wesensverschieden vom sph?risch symmetrischen (statischen) Schwarzschild-Loch.


      Diese neue Studie zeigt die Emission eines Rings unter sehr hoher Inklination (80 Grad). Das Geschwindigkeitsfeld des Plasmas ist ein Akkretionsmodell, dass neben der Kepler-Rotation um das Loch eine radiale Drift ber?cksichtigt: ab einem bestimmten Radius, f?llt die Materie frei auf den Geod?ten der Kerr-Metrik in das Loch. Das resultierende Geschwindigkeitsfeld in der ?quatorialebene ist eine komplizierte ?berlagerung aus Rotations- und Einfallbewegung.
      Die Emissivit?t wurde als Gauss-Funktion modelliert, die gerade am Driftradius maximal ist. Dadurch kann ad?quat das Emissionsverhalten einer ringf?rmigen Region um das Schwarze Loch simuliert werden. Der Driftradius, also der Radius, ab dem die Materie radial in das Schwarze Loch zu fallen beginnt, ist physikalisch mit dem Trunkationsradius assoziiert. Aus radiativen, hydrodynamischen und MHD-Modellen erwartet man, dass Akkretionsscheiben bei etwas gr?sseren Radien als dem f?r marginale Stabilit?t abgeschnitten, trunkiert, sind. Dies war die Motivation dieses hier abgebildeten Szenarios.
      In der Abbildung sind alle wesentlichen Effekte beschrieben: die weisse Aussparung in der Mitte ist gerade das rotierende Schwarze Loch, das durch den Ereignishorizont (event horizon) berandet ist. Die Emission ist durch den bereits beschriebenen Beaming-Effekt links erh?ht und rechts reduziert. Der Gravitationsrotverschiebungseffekt sorgt f?r eine deutliche Unterdr?ckung der Emission nahe am Horizont. Durch die hohe Inklination des Rings (80 Grad; der Beobachter schaut also eigentlich fast senkrecht auf die Vorderkante des Rings) wird durch einen Gravitationslinseneffekt der hintere Teil des Rings hochgeklappt. Diese "optische T?uschung" kommt dadurch zustande, weil die Strahlung, die nahe am Horizont vorbeigeht ("kleiner Impaktparameter") stark um das Loch herum gebogen wird: das Bild des Rings erscheint stark deformiert! Der aufmerksame Betrachter wird erkannt haben, dass durch die schnelle Rotation des Loches (Kerrparameter a = 0.8) auch die Links-Rechts-Symmetrie des Rings gebrochen ist. Diese Information kann dazu dienen, den Umlaufsinn der Lochrotation aus der hochaufgel?sten Beobachtung zu extrahieren: Beaming links vom Loch bedeutet Rotation im Gegenuhrzeigersinn; Beaming rechts vom Loch bedeutet Rotation im Uhrzeigersinn. Bisher reicht die Aufl?sung moderner Teleskope nicht aus, um den Unterschied zwischen heller Beamingregion und nahezu schwarzer Lochregion zu messen. Das mag in naher Zukunft im Radiobereich mittels Very Long Baseline Interferometry (VLBI) m?glich sein.

      Der Gravitationslinseneffekt bei Schwarzen L?chern ist auch interessant in seiner Wirkung auf kreisf?rmige Bahnorbits. Die nebenstehende Simulationsstudie zeigt die verzerrten Bilder von Kreisbahnen um ein Schwarzes Loch unter verschieden geneigten Blickwinkeln auf die Bahnebene.
      Die Kreisbahnen haben einen Abstand von 5 bis 10 Gravitationsradien zum zentralen, maximal rotierenden Schwarzen Loch (nicht dargestellt). Es handelt sich bei allen vier F?llen um Prim?rbilder, also nur um Strahlung, die direkt zum Beobachter propagiert. Die klassische elliptische Bahnform hat man nur bei kleinen Neigungen (Inklinationen) der Bahnebene, wie die beiden oberen Darstellungen belegen. Bei h?heren Inklinationen hingegen, etwa ab 60 Grad, machen sich deutlich die relativistischen Linseneffekte bemerkbar: Der Beobachter blickt zwar eher auf die Kante der Bahnebene, aber die Strahlung wird um die kompakte Masse herumgebeugt. So kann man auch Bereiche direkt hinter dem Loch beobachten, die sich im geometrischen Schatten befinden und Newtonsch unbeobachtbar w?ren.
      Bei der hier h?chsten Inklination von 88 Grad, was sehr nahe am Maximum von 90 Grad liegt, erh?lt man ein stark verzerrtes Abbild des Orbits: Obwohl der Beobachter fast exakt auf die Kante der Bahnebene schaut, wo die klassische Ellipse wie eine Linie erscheinen und der Orbiter auf ihr hin- und her oszillieren w?rde, sieht man in diesem gelinsten Beispiel den hinteren Teil des Bahnorbits! Leider reichen die aktuellen Aufl?sungen der Teleskope nicht aus, um solch befremdliche Bahnbewegungen am Himmel zu beobachten. Wenn dies gel?nge k?nnte man auch hier den Umlaufsinn der Lochrotation direkt sehen.
      Im hier gerechneten Beispiel rotiert das Loch maximal (Kerr-Parameter a = 1) im Gegenuhrzeigersinn. Deshalb befindet sich bei der Bahnform unter 88 Grad die kleine Ausst?lpung der beobachteten Bahn links unten. Auf der gleichen Seite zeigen leuchtende Standardakkretionsscheiben das charakteristische Vorw?rts-Beaming, ein Gebiet hoher Blauverschiebung.
      Neben der starken Abh?ngigkeit von der Inklination, spielt nat?rlich der Abstand des Orbits zum Loch eine gewichtige Rolle. Bei grossen Abst?nden verschwinden die relativistischen Linseneffekte, weil man in den asymptotisch flachen Bereich der Raumzeit Schwarzer L?cher kommt. Dieser Fall ist aktuell bei demjenigen Stern mit der Bezeichnung S2 beobachtbar, der als Stern mit engster Bahn das supermassereiche Schwarze Loch im Galaktischen Zentrum (etwa 3 Millionen Sonnenmassen) umkreist. S2 ist zwar mit einer Periastronentfernung von 17 Lichtstunden sehr nahe am Loch, doch entspricht diese Entfernung im relativistischen Einheitensystem gewaltigen 4142 Gravitationsradien. Diese Distanz ist zu gross (vergleiche 5 bis 10 Gravitationsradien in der Abbildung), als dass relativistische Effekte, wie Linsenbeugung eine Rolle spielen w?rden: die Bahnform von S2 ist eine exakte Kepler-Ellipse, wie mit Very Large Telescope (VLT) verifiziert werden konnte.
      Die Verh?ltnisse sind bei linsenden Schwarzen L?chern aber tats?chlich noch komplizierter: Neben den dargestellten Prim?rbildern entstehen Bilder h?herer Ordnung dadurch, dass eng am Loch vorbeilaufende Strahlung das Loch mehrfach umrunden kann (unter gewissen Umst?nden kann es sogar auf dem Photonenorbit eingefangen werden, siehe Kerr-L?sung). So gibt es im Allgemeinen auch noch Sekund?r- und Terti?rbilder, die es erm?glichen, die Bahnorbits gleichzeitig von oben und unten zu beobachten!

      Quelle: http://www.vfgp.de/