An sogenannten Web 2.0-Angeboten wie MySpace freuen sich viele - und augenscheinlich auch die Geheimdienste. Die amerikanische NSA, berichtet "New Scientist", nutzt die Freunde-Netzwerke zur Erstellung von Pers?nlichkeitsprofilen und Beziehungsnetzwerken.
Was das Wissenschaftsmagazin "New Scientist" am Freitag berichtete, d?rfte die Euphorie ?ber manche neue Segnung des Internets empfindlich bremsen: Offenbar haben US-Geheimdienste damit begonnen, neue M?glichkeiten des Webs f?r das Sammeln privater Informationen ?ber Internetuser zu nutzen. Entgegen kommt ihnen dabei die Auskunftsfreude der Surfer selbst, die ohne gr??ere Bedenken private Informationen ?ber sich und ihre Beziehungen zu anderen Menschen im Web ver?ffentlichen.
So seien Angebote wie MySpace mit seinen 80 Millionen Mitgliedern ein gefundenes Fressen f?r das Pentagon und die Geheimen, berichtet "New Scientist". Nicht nur, dass die Nutzer solcher Freundschaftsnetzwerke dort pers?nliche Ausk?nfte ?ber die eigene Person, ?ber Vorlieben und Beruf g?ben, sie vernetzten sich zudem mit Anderen mit ?hnlichen Interessen.
Heraus kommen regelrechte Soziogramme, die interessengebundene Netzwerke von Gleichgesinnten offenbaren. Solche Daten, behauptet "New Scientist", versuchten die Geheimen mit anderen Datenpools zu kombinieren. Die M?glichkeiten sind schier grenzenlos: Die Kombination mit Finanzdaten von Banken, Grundbucheintr?gen, Einkaufs-Rabattkarten, Handy- und Kreditkartenabrechnungen verspr?che mittelfristig, die B?rger durch selbst zugelieferte Daten wahrhaft transparent zu machen.
M?glich w?re alles, von der Erfassung politischer Einstellungen ?ber verd?chtige Hobbys wie Fliegen oder Schie?en bis hin zu Bewegungsprofilen.
Bisher scheitere solcherart Datenkombination allerdings noch an der Inkompatibilit?t der Datens?tze. Diese miteinander vereinbar zu machen, daran arbeiteten allerdings nicht nur von der NSA finanzierte Entwicklungsfirmen, sondern auch die Internet-Community selbst. So treffen sich die Interessen der Geheimdienstler beispielsweise mit denen des World Wide Web Konsortiums (W3C) , das unter dem Oberbegriff "Semantisches Web" an einem Standard feilt, der verschiedenste Daten auf einer Plattform zusammenf?hren w?rde. Ihr Interesse an diesen Entwicklungen dokumentierte die NSA bereits dadurch, dass offenbar bereits Spendengelder aus T?pfen der NSA dem W3C zugeflossen seien.
Was man mit einer solchen Datenkombination erreichen k?nnte, erforschte im Auftrag der "National Security Agency" (NSA) ein Unternehmen namens ARDA, zwischenzeitlich in "Disruptive Technology Office" (DTO) umbenannt, berichtet "New Scientist". ARDA habe bereits demonstriert, wie man mit Hilfe der Dokumentation von Beziehungsgef?gen zwischen Personen, Artikel- und Buch-Ver?ffentlichungslisten und Finanzinformationen B?rsen-Insidergesch?ften auf den Grund kommen k?nnte oder Plagiaten im Bereich wissenschaftlicher Ver?ffentlichungen.
"New Scientist" warnt vor den Potenzialen solcher Schn?ffelm?glichkeiten, die weit ?ber Verbrechensbek?mpfung und Terrorabwehr hinaus gingen. Schon jetzt stolperten Menschen ?ber freiwillige MySpace-Ver?ffentlichungen und ?hnliches, indem sie sich durch die Offenlegung pers?nlicher Informationen beispielsweise bei der Jobbewerbung selbst disqualifizierten.
Eine These, die zeitgleich zur Ver?ffentlichung der NSA-Geschichte auf der Webseite des Wissenschaftsmagazins durch eine aktuelle Nachricht gest?tzt wird. Soeben verlor Travis Levitt, Mitarbeiter der Demokratischen Partei im US-Staat Kansas, seinen Job. Der Grund: Er hatte - in den Worten seines Ex-Chefs Corey Dillon - seine "schmutzige W?sche auf MySpace gewaschen".
Doch auch abgesehen von der Unvorsichtigkeit, empfindliche Informationen im Web ?ffentlich zu machen, sei der Trend hin zur Datenerhebung im Internet nicht aufzuhalten. Fatal seien solche "automatisierten Datenerhebungen" vor allem, weil die im Web ver?ffentlichten Informationen Personen durchaus nicht immer korrekt darstellten, ?bertrieben oder schlicht erfunden seien.
pat
Quelle: [url=http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,420514,00.html]Spiegel.de[/url]