John Stuart Mill: ?ber die Worte produktiv und unproduktiv

  • John Stuart Mill: ?ber die Worte produktiv und unproduktiv

    John Stuart Mill
    ?ber die Worte produktiv und unproduktiv


    Vermutlich lassen sich kaum zwei Worte finden, ?ber deren richtigen Gebrauch die Meinungen unter den National?konomen st?rker geteilt sind als bei den zwei Worten produktiv und unproduktiv, gleichg?ltig, ob sie sich nun auf Arbeit, Konsum oder Ausgaben beziehen.

    Obwohl es sich hier lediglich um eine terminologische Frage handelt, so rechtfertigt ihre Wichtigkeit doch, da? wir einen weiteren Versuch unternehmen, sie zufriedenstellend zu beantworten. Denn obwohl die ?konomen sich nicht ?ber die Vorstellungen geeinigt haben, die sie gew?hnlich mit diesen Ausdr?cken bezeichnen, so werden diese Termini doch im allgemeinen dazu verwandt, sehr bedeutsamen Ideen Ausdruck zu verleihen, und es ist unm?glich, da? die Ideen selbst durch die Ungenauigkeit der Worte, mit denen sie gew?hnlich ausgedr?ckt werden, nicht auch in gewisser Weise an Klarheit verlieren. Au?erdem sind, solange der pedantische Widerstand gegen die Einf?hrung neuer technischer Ausdr?cke bestehen bleibt, die sorgf?ltigen Denker, die sich mit Fragen der Moral und der Politik auseinandersetzen, auf ein sehr k?rgliches Vokabular angewiesen, wenn sie ihren Gedanken Ausdruck verleihen wollen.

    Es ist daher sehr wichtig, da? die Worte, die den Menschen vertraut sind, so gut wie nur m?glich zu Instrumenten des Denkens umgeformt werden; da? ein Wort nicht dazu verwendet wird, einen Gedanken zu bezeichnen, der mit einem anderen Terminus bereits hinreichend genau ausgedr?ckt werden kann; und da? Worte, die zur Bezeichnung sehr wesentlicher Gedanken n?tig sind, nicht daf?r in Anspruch genommen werden, relativ unwichtige Gedanken auszudr?cken.

    Die Ausdr?cke produktive Arbeit und produktiver Konsum sind von einigen Autoren der National?konomie mit sehr gro?em Bedeutungsspielraum verwandt worden. Diese ?konomen haben alle Arbeit, die einen sinnvollen Zweck erf?llt, und allen Konsum, der nicht nutzlos ist, als produktive Arbeit bzw. produktiven Konsum betrachtet und klassifiziert. McCULLOCH hat sehr wortreich behauptet, die Arbeit Madame PASTAs k?nne mit dem gleichen Recht als produktiv bezeichnet werden wie die eines Baumwollspinners.

    In diesem Sinne angewandt, sind die Worte produktiv und unproduktiv ?berfl?ssig, da die Worte n?tzlich und angenehm auf der einen Seite und nutzlos und wertlos andererseits ohne weiteres ausreichen, um alle Gedanken auszudr?cken, die hier mit den Worten produktiv und unproduktiv wiedergegeben werden sollen.

    Dieser Gebrauch der beiden Worte ist dem Zweck der Sprache abtr?glich.

    Diejenigen unter den Autoren, die die Termini in einem engeren Sinne benutzt haben, haben unter produktiver oder unproduktiver Arbeit gew?hnlich solche Arbeit verstanden, die Wohlstand produziert, bzw. solche, die keinen Wohlstand schafft. Aber was ist Wohlstand? Somit erhielten die Worte produktiv und unproduktiv hier eine zus?tzliche Vieldeutigkeit je nachdem, wie weitgefa?t die verschiedenen Autoren den Begriff Wohlstand verstanden.

    Einige verwandten den Begriff Wohlstand f?r alle Dinge, die dem Nutzen oder der Freude der Menschen dienen und einen Tauschwert besitzen. Diese letztere Einschr?nkung hat man hinzugef?gt, um Luft, Sonnenlicht und andere ?hnliche Dinge auszuschlie?en, die ohne Arbeit und Verzicht in unbegrenzter Menge erh?ltlich sind, sowie auch alle Dinge, die zwar mit Arbeit erzeugt werden, aber im allgemeinen nicht f?r so wertvoll erachtet werden, da? sie auf dem Markt einen Preis haben.

    Doch als man sich daran machte, diese Definition zu erkl?ren, war man vielfach geneigt, den Satz "alle Dinge, die dem Nutzen oder der Freude der Menschen dienen" so zu interpretieren, da? er sich lediglich auf alle materiellen Dinge bezog. Viele Autoren weigerten sich, immaterielle G?ter als Wohlstand anzuerkennen, und charakterisierten Arbeit oder Ausgaben, die lediglich immaterielle G?ter hervorbrachten, als unproduktiv.

    Die Anwort darauf lautete, oder h?tte lauten k?nnen, da? dieser Klassifikation zufolge die Arbeit eines Zimmermanns, der sein Handwerk aus?bt, produktive Arbeit ist, die Arbeit desselben Zimmermanns aber, wenn er sein Handwerk erlernt, unproduktive Arbeit ist. Es steht jedoch au?er Frage, da? in beiden F?llen seine Arbeit ausschlie?lich zu dem diente, was als Produktion anerkannt worden ist, n?mlich dem Endergebnis, und eins von dem anderen nicht zu trennen ist. Dar?ber hinaus w?ren wir bei Annahme der obigen Definition gezwungen, zu behaupten, eine Nation, deren Handwerker doppelt so viel k?nnen wie die einer anderen Nation, sei ceteris paribus nicht reicher als die andere, obwohl es doch offensichtlich ist, da? das erstere Land jedes einzelne Resultat des Wohlstandes und jedes einzelne Gut, um dessentwillen der Wohlstand angestrebt wird, in h?herem Ma?e besitzt als das letztere.

    Jede Klassifikation, die es erlaubt, einen Korb mit Kirschen, die gepfl?ckt und in der n?chsten Minute aufgegessen werden, als Wohlstand zu bezeichnen, w?hrend sie den erworbenen F?higkeiten von Arbeitern, die man als produktive Arbeiter anerkennt, diese Bezeichnung abspricht, ist rein willk?rlich und entspricht nicht dem Zweck, f?r den Klassifikation und Terminologie bestimmt sind.

    Um alle Schwierigkeiten auszur?umen, scheinen einige ?konomen geneigt, die beiden Worte einen Unterschied ausdr?cken zu lassen, der zwar in der Tat ausreichend definitiv, daf?r jedoch noch sehr viel willk?rlicher ist und sich noch viel weniger auf die Natur gr?ndet als alle fr?heren Unterscheidungsmerkmale. Sie erkennen einer Arbeit oder einer Ausgabe nur dann die Bezeichnung produktiv zu, wenn das Produkt, das sie hervorbringt, wieder in die H?nde derselben Person zur?ckkehrt, die die Arbeit geleistet oder die Ausgabe get?tigt hat. Eine Hecke ziehen oder einen Graben ausheben bezeichnen sie als produktive Arbeit, obgleich diese Arbeiten nur indirekt zur Produktion f?hren, indem sie n?mlich das Produkt vor Zerst?rung bewahren.

    Doch die Ausgaben, die eine Regierung zwangsl?ufig hat, um Eigentum zu sch?tzen, sind nach unumst??licher Meinung dieser Autoren unproduktiver Verbrauch. Daran ?ndert auch die Tatsache nichts, da?, wie McCULLOCH sehr zu recht festgestellt hat, diese Ausgaben in Relation zum Wohlstand der Nation vollkommen den L?hnen eines Arbeiters entsprechen, der Hecken oder Gr?ben zieht. Der einzige Unterschied liegt darin, da? der Bauer, der das Hecken- und Grabenziehen bezahlt, hinterher auch diejenige Person ist, die den Nutzen der h?heren Produktion hat, wogegen die Regierung, die die Kosten f?r Polizeibeamte und Gerichte tr?gt, den aus dem Schutz des Eigentums resultierenden Zuwachs an Volkswohlstand nicht als notwendige Folge ihrer T?tigkeit wieder in ihre Schatztruhen zur?ckerh?lt.

    Es w?rde zu keinem Ende f?hren, wollten wir die Eigent?mlichkeiten und Ungereimtheiten aufz?hlen, die sich aus dieser Klassifikation ergeben. Ob wir nun die Worte Wohlstand und Produktion im weitesten oder engsten Sinne betrachten, in dem sie jemals verwandt worden sind: niemand wird bestreiten, da? Stra?en, Br?cken und Kan?le in sehr betr?chtlichem Ma?e und sehr direkt zu einer h?heren Produktion und einer Steigerung des Wohlstandes beitragen. Die bei ihrem Bau eingesetzte Arbeit und investierten Geldmittel w?rden, der obigen Theorie zufolge, nur dann als produktiv gelten, wenn jeder Anlieger durch Gesetz gezwungen w?rde, ein so langes St?ck der Stra?e oder des Kanals zu bauen, wie durch seinen Landbesitz f?hrt. Baut stattdessen die Regierung oder eine Vereinigung von Einzelpersonen die Stra?e und ?bergibt sie der ?ffentlichkeit, ohne Zoll zu erheben, so w?ren Arbeit und Ausgaben nach dem obigen Denkschema eindeutig unproduktiv.

    Baut die Regierung oder eine Gruppe von Einzelpersonen jedoch die Stra?e und erhebt einen Zoll zur Deckung der Ausgaben, so k?nnten diese Autoren sich unserer Meinung nach nicht weigern, diesen Auslagen die Bezeichnung "produktive Ausgaben" zuzuerkennen. Daraus w?rde folgen, da? genau dieselbe Arbeit und genau dieselben Ausgaben unproduktiv genannt werden m?ssen, wenn sie kostenlos zur Verf?gung gestellt werden, und produktiv, sobald eine Bezahlung daf?r verlangt wird.

    Wann immer diese Konsequenzen der rein willk?rlichen Klassifikation, auf die wir uns hier beziehen, herausgearbeitet und kritisiert worden sind, war die einzige Antwort, die wir bisher darauf zu h?ren bekamen, die Trennungslinie m?sse nun einmal irgendwo gezogen werden, und bei jeder Klassifikation g?be es solche dazwischenliegenden F?lle, die mit fast gleicher Berechtigung in jede der beiden Klassen eingeordnet werden k?nnten.

    Diese Antwort l??t unserer Ansicht nach das Fehlen einer hinreichend pr?zisen und kritischen Vorstellung davon erkennnen, welche Art von Ungenauigkeit sich bei einer Klassifikation im allgemeinen nicht vermeiden l??t und von welcher anderen Ungenauigkeit eine Klassifikation stets frei sein kann und sollte.

    Die Klassen selbst lassen sich - theoretisch gesehen - absolut scharf voneinander abgrenzen, obwohl es vielleicht nicht immer leicht ist, zu bestimmen, in welche Klasse ein bestimmtes Objekt geh?rt. Wenn unklar ist, in welche von zwei Klassen ein Objekt eingestuft werden soll, so kann sich - wenn die Klassifikation richtig durchgef?hrt und korrekt ausgedr?ckt ist - die Unsicherheit lediglich um ein Faktum drehen. Es ist also nicht klar, zu welcher Klasse ein Objekt geh?rt, da man nicht genau wei?, ob es in st?rkerem Ma?e die Merkmale der einen oder der anderen Klasse besitzt. Die Merkmale selbst aber k?nnen - und sollten auch stets - mit der sch?nsten Exaktheit definiert und unterschieden werden.

    Dies gilt besonders f?r einen Fall, wie wir ihn gerade er?rtern, denn hier ist lediglich die Unterscheidung der zugrundeliegenden Vorstellung von Bedeutung. Da? es uns m?glicherweise nicht leicht f?llt, alle praktischen Anwendungen den beiden Klassen zuzuordnen, ist von keinerlei besonderer Bedeutung.

    Man sagt oft, Klassifizieren sei nichts anderes als eine Sache der Bequemlichkeit. Diese Behauptung ist in gewissem Sinne richtig, allerdings dann nicht, wenn sie besagen soll, die beste Klassifikation sei die, bei der man am leichtesten sagen k?nne, da? ein Objekt in die eine oder andere Klasse geh?rt. Der Sinn der Klassifikation ist es, die Aufmerksamkeit auf die Unterschiede zu lenken, die zwischen den Dingen bestehen, und die beste Klassifikation ist die, die sich auf die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale gr?ndet, gleichg?ltig, wie leicht es sein mag, bei dieser Klassifikation die verschiedenen in der Natur bestehenden Objekte zu etikettieren und einzuordnen. Wenn wir die Bedeutung der Worte produktiv und unproduktiv festlegen, so sollten wir uns daher bem?hen, sie die wichtigsten Unterschiede wiedergeben zu lassen, die wir sie - ohne ein zu offenkundiges Abweichen von ihrem bisherigen Gebrauch - ausdr?cken lassen k?nnen.

    Wir sollten ferner, wenn wir auf die Verwendung ?berkommener Worte angewiesen sind, soweit als m?glich zu vermeiden suchen, da? wir sp?ter gegen die Assoziationen k?mpfen m?ssen, die von fr?her her mit diesen Worten verbunden sind. Wir sollten, wenn es m?glich ist, die Bedeutung der Worte so w?hlen, da? die Umst?nde, unter denen die Menschen die Worte zu verwenden gew?hnt sind, so weit wie m?glich bestehen bleiben, und da? die Gef?hle, die sie gewohnheitsm??ig hervorrufen, mit den Gef?hlen ?bereinstimmen, welche die Dinge, die wir mit diesen Worten bezeichnen wollen, auch wirklich hervorrufen sollen. Wir werden uns bem?hen, als Ergebnis der folgenden Untersuchung diese Bedingungen miteinander zu verbinden.

    Gleichg?ltig, auf welche Weise die verschiedenen ?konomen das Problem der Definition von produktiver und unproduktiver Arbeit bzw. produktivem und unproduktivem Konsum auch gel?st haben, die Schlu?folgerungen, die sie aus der Definition gezogen haben, sind praktisch dieselben. In Relation zu der Menge seiner produktiven Arbeit und seines produktiven Konsums, so versichern sie alle, wird ein Land reicher; entsprechend der Menge seiner unproduktiven Arbeit und seines unproduktiven Konsums wird das Land ?rmer. Produktive Ausgaben werden allgemein als Gewinn, unproduktive Ausgaben - so n?tzlich sie auch sein m?gen - allgemein als ein Verlust angesehen.

    Unproduktives Ausgeben von Mitteln, die f?r produktive Ausgaben bestimmt waren, werden stets als eine Verschwendung von Mitteln bezeichnet. Das produktive Ausgeben von Mitteln, die unproduktiv h?tten ausgegeben werden k?nnen, ohne da? dadurch das Kapital angegriffen worden w?re, wird Sparen genannt. Mangel, Misere und Hunger gelten als das Los einer Nation, die von Jahr zu Jahr einen kleineren Teil ihrer Arbeitskraft und ihrer Ressourcen in der Produktion anlegt, wachsender Wohlstand und ?berflu? als das Resultat eines j?hrlichen Anstiegs der produktiv verwandten Menge des Verm?gens.

    Untersuchen wir nun, welche Eigenschaften der Ausgaben und der Arbeit wirklich f?r alle oben erw?hnten Folgen verantwortlich sind.

    Das Ziel, auf das alle Arbeit und alle Ausgaben ausgerichtet sind, ist zweifacher Natur. Zuweilen ist es der sofortige, (d.h. unmittelbare) Genu?, die Erf?llung jener W?nsche also, deren Befriedigung um ihrer selbst willen angestrebt wird. Sobald Arbeit oder Kosten nicht unmittelbar um des Genusses willen aufgewandt, dennoch aber nicht g?nzlich verschwendet werden, m?ssen sie indirekt oder unmittelbar dem Zweck des Genusses dienen, d.h. indem sie die permanenten Quellen des Genusses entweder wiederherstellen und perpetuieren oder aber sie vergr??ern.

    Die Quellen des Genusses lassen sich akkumulieren und lagern, der Genu? selbst kann weder akkumuliert noch gelagert werden. Der Wohlstand eines Landes besteht in der Gesamtheit der permanenten Quellen des Genusses materieller oder immaterieller Art, die es besitzt. Arbeit oder Ausgaben, die darauf gerichtet sind, diese permanenten Quellen zu vergr??ern oder in ihrem Bestand zu bewahren, sollten unserer Vorstellung nach produktiv genannt werden.

    Arbeit, die zu dem Zweck geleistet wird, direkten Genu? zu verschaffen, z.B. Arbeit von jemand, der ein Musikinstrument spielt, nennen wir unproduktiv. Was ein solcher Musiker verbraucht, betrachten wir als unproduktiven Konsum: die akkumulierte Gesamtsumme der Quellen des Genusses, die eine Nation besitzt, wird um den Betrag verringert, den er konsumiert hat. W?re ihm dagegen das, was er konsumiert hat, als Gegenleistung f?r seine Dienste bei der Erzeugung von Nahrung oder Kleidung gegeben worden, so w?re die Gesamtsumme der permanenten Quellen des Genusses des Landes m?glicherweise nicht vermindert, sondern vergr??ert worden.

    Der Musikant ist also, so weit es die T?tigkeit des Musizierens betrifft, nicht ein produktiver, sondern vielmehr ein unproduktiver Arbeiter. Was sollen wir aber von dem Handwerker sagen, der das Musikinstrument gemacht hat? Er ist, so w?rde die Mehrheit der Befragten urteilen, ein produktiver Arbeiter. Und sie h?tten recht, denn das Musikinstrument ist eine permanente Quelle des Genusses; sie beginnt weder mit dem Genu?, noch endet sie mit ihm, sie kann daher akkumuliert werden.

    Doch das K?nnen des Musikers ist ebenso eine Quelle des Genusses wie das Instrument, auf dem er spielt. Und obwohl Fertigkeit kein materielles Objekt, sondern eine Eigenschaft eines Objekts, n?mlich der H?nde und der Seele des Musikers, ist, besitzt sie nichtsdestoweniger einen Tauschwert, wird mit Arbeit und Kapital erworben und l??t sich lagern und akkumulieren. Fertigkeit ist daher als ein Element des Wohlstandes anzusehen, und Arbeit und Mittel, die dazu verwendet werden, die Fertigkeit von etwas zu erlernen, was den Menschen nutzt oder ihnen Vergn?gen bereitet, m?ssen als produktive Arbeit bzw. produktive Mittel angesehen werden.

    Die Fertigkeit eines produktiven Arbeiters entspricht den Ger?ten, mit denen er arbeitet: weder das eine noch das andere ist Genu? oder f?hrt direkt zu Genu?, doch beide f?hren indirekt und in gleicher Weise dorthin. Wenn eine Spinnmaschine ein Element des Wohlstandes ist, dann geh?rt die Fertigkeit des Spinners ebenso zum Wohlstand. Wenn der Mechaniker, der die Spinnmaschine gemacht hat, produktive Arbeit geleistet hat, so hat der Spinner ebenfalls produktive Arbeit geleistet, als er sein Handwerk lernte, und was beide verbrauchten, war produktiver Konsum. Das hei?t, er f?hrte nicht dazu, die Summe der permanenten Quellen des Genusses in dem Land zu vermindern, sondern sie vielmehr zu vergr??ern, denn es wurden mehr solche Quellen neugeschaffen als verbraucht.

    Die Kunstfertigkeit eines Schneiders und die Werkzeuge, die er benutzt, tragen in gleicher Weise zu der Bequemlichkeit dessen bei, der den Rock tr?gt; und zwar ist ihr Beitrag nur mittelbar, denn unmittelbar dient der Rock selbst der Bequemlichkeit des Tr?gers. Die Kunst Madame PASTAs und das Geb?ude sowie die Dekorationen, die zur Wirkung ihres Auftritts beitragen, sind in gleicher Weise an dem Genu? des Publikums beteiligt, und zwar unmittelbar, ohne ein vermittelndes Medium. Das Geb?ude und die Dekoration sind unproduktiver Verbrauch. Madame PASTA arbeitet und konsumiert unproduktiv. Denn das Geb?ude wird unmittelbar zum Genu? des Publikums benutzt und abgenutzt und Madame PASTA spielt ebenso unmittelbar zum Vergn?gen des Zuschauers und ohne da? als Folge der Vorf?hrung ein bleibendes Resultat erzielt w?rde, das Tauschwert besitzt: folglich mu? sowohl der allm?hliche Verschlei? der Mauersteine und des M?rtels, der allabendliche Verbrauch der weniger haltbaren Requisiten des Theaters als auch die Arbeit der Madame PASTA bei ihrer Vorstellung und des Orchesters bei seinem Spiel mit dem Wort unproduktiv gekennzeichnet werden.

    Aber nichtdestoweniger war der Architekt, der das Theater errichtet hat, ein produktiver Arbeiter. Produktive Arbeiter waren auch diejenigen, die die Requisiten hergestellt oder die Musikinstrumente gebaut haben. Das gleiche gilt auch - wenn wir dies hinzuf?gen d?rfen - f?r die Personen, die die Musiker ausgebildet haben, sowie f?r alle diejenigen, die durch das, was sie Madame PASTA gelehrt haben m?gen, zur Ausbildung ihres Talents beigetragen haben. Alle diese Menschen haben in gleicher Weise zum Genu? des Publikums beigetragen, und zwar mittelbar, d.h. durch die Schaffung einer permanenten Quelle des Genusses.

    Der Unterschied zwischen diesem Fall und dem bereits erw?hnten Fall des Baumwollspinners ist folgender: Die Spinnmaschine und die Fertigkeit des Baumwollspinners sind nicht nur das Ergebnis produktiver Arbeit, sie werden dar?ber hinaus auch selbst produktiv konsumiert. Das Musikinstrument und die Kunst des Musikers sind gleichfalls das Ergebnis produktiver Arbeit, werden selbst aber unproduktiv verbraucht.

    Denken wir nun einmal dar?ber nach, welche Arten von Arbeit, Konsum oder Ausgaben nach dieser Regel als produktiv bzw. als unproduktiv eingestuft werden.

    Immer produktiv sind: Arbeit und Ausgaben, deren unmittelbarer Zweck oder unmittelbare Folge die Schaffung eines f?r die Menschen n?tzlichen oder angenehmen materiellen Gutes ist.
    Arbeit und Ausgaben, deren unmittelbarer Zweck oder unmittelbare Folge es ist, Menschen oder andere Lebewesen mit F?higkeiten oder Eigenschaften auszustatten, die f?r die Menschheit n?tzlich und angenehm sind und einen Tauschwert besitzen.

    Arbeit und Ausgaben, die zwar nicht unmittelbar der Schaffung eines n?tzlichen materiellen Gutes bzw. einer n?tzlichen k?rperlichen oder geistigen F?higkeit oder Eigenschaft dienen, doch mittelbar dazu neigen, das eine oder andere dieser Ziele zu f?rdern und die ausschlie?lich zu diesem Zweck geleistet werden.

    Teils produktiv, teils unproduktiv sind folgende Arbeiten und Ausgaben, die sich nicht korrekt und eindeutig in eine der beiden Klassen einordnen lassen: Arbeit oder Ausgaben, die zwar tats?chlich ein n?tzliches materielles Gut oder eine n?tzliche k?rperliche und geistige F?higkeit oder Eigenschaft schaffen, bzw. deren Schaffung f?rdern, die jedoch nicht ausschlie?lich zu diesem Zweck geleistet werden, deren anderer - und vielleicht sogar wichtigster - Zweck jedoch der Genu? oder die F?rderung des Genusses ist.
    In diese Kategorie geh?rt die Arbeit des Richters, Gesetzgebers, Polizeibeamten oder Soldaten sowie die Ausgaben, die f?r ihre Unterhaltung get?tigt werden. Diese Beamten sch?tzen und sichern den ausschlie?lichen Besitz der Menschen an den ihnen geh?renden G?tern oder erworbenen F?higkeiten. Durch die Sicherheit, die sie somit gew?hren, tragen sie indirekt zur Erh?hung der Produktion bei, und zwar in einem Ausma?, das die f?r ihren Unterhalt erforderlichen Ausgaben weit ?bersteigt. Doch ist dies nicht der einzige Zweck, dem sie dienen: sie sch?tzen nicht nur den Besitz der permanenten Ressourcen der Menschen, sie sch?tzen auch ihren eigentlichen Genu?. Und insofern k?nnen wir sie, nach der Unterscheidung, die wir aufzustellen versucht haben, nicht als produktive Arbeiter bezeichnen.

    In diese Kategorie geh?ren auch Arbeit und L?hne von Hausangestellten. Diese dienen haupts?chlich dem Zweck des blo?en Genusses, doch die meisten von ihnen leisten gelegentlich und manche von ihnen st?ndig Dienste, die als produktiv angesehen werden m?ssen, z.B. Kochen, die letzte Stufe der Nahrungsproduktion, oder Gartenbau, ein Zweig der Landwirtschaft.

    G?nzlich unproduktiv sind: Arbeit und Ausgaben, die direkt und ausschlie?lich dem Zweck des Genusses dienen und nichts, sei es nun ein Ding oder eine Eigenschaft schaffen, das nicht mit dem Genu? beg?nne und mit ihm verl?schte.

    Arbeit und Ausgaben, die nutzlos sind oder rein der Verschwendung dienen, und die weder unmittelbaren Genu? noch bleibende Quellen des Genusses hervorbringen.
    Man kann einwilligen, da? selbst Ausgaben, die nur um des Genusses willen get?tigt werden, indirekt die Produktion f?rdern, n?mlich durch Ansporn und Beispiel. So nehmen einige Autoren an, der Glanz eines reichen Hauses lasse in einem weniger bemittelten Betrachter den brennenden Wunsch entstehen, denselben Luxus zu genie?en, und wecke in ihm demzufolge die Absicht, viel und flei?ig zu arbeiten und sein Einkommen zu sparen, so da? er das Produktivkapital des Landes vergr??ert.

    Es ist richtig, da? die Menschen in den meisten F?llen einzig und allein dadurch zu produktiver Arbeit angeregt werden, da? sie anschlie?end das Resultat ihrer Arbeit und Akkumulation konsumieren wollen. In Wirklichkeit ist also der unproduktive Konsum, d.h. der Konsum, dessen direktes Ergebnis der Genu? ist, das Ziel, und die Produktion ist nur das Mittel, mit dem dieses Ziel erreicht werden soll. Und das Streben nach dem Ziel ist das einzige, was die Menschen dazu zwingt, auf das Mittel zur?ckzugreifen.

    Aber nichtdestoweniger ist es von ?u?erster Wichtigkeit, den Unterschied aufzuzeigen von Arbeit und Konsum, deren unmittelbarer Zweck der Genu? ist, und Arbeit und Konsum, die unmittelbar der Reproduktion dienen. Obwohl der Anblick der ersteren den Wunsch nach den Gen?ssen, die der Reichtum bietet, vielleicht noch st?rker stimuliert, als es das blo?e Wissen darum - ohne diesen direkten Anblick - schon zur Gen?ge tut (wobei wir uns nicht mit der ?berlegung befassen wollen, da? das Beispiel einer gro?en Ausgabe, wenn es einen Menschen zur Akkumulation anregt, gleichzeitig zwei andere zu verschwenderischen Ausgaben ermutigt), so macht er doch, wenn wir die Wirkungen betrachten, die beabsichtigt sind, oder die eine direkte Folge des Konsums darstellen und deren Zusammenhang mit dem Konsum sich deutlich verfolgen l??t, ohne Zweifel ein Land ?rmer an permanenten Quellen des Genusses; reproduktiver Konsum dagegen macht das Land an eben diesen Quellen des Genusses reicher. Ganz abgesehen davon: wenn das, was zum blo?en Genu? ausgegeben wird, indirekt dem Anwachsen des Wohlstandes f?rderlich ist, so kann es dies nur, indem es andere dazu bewegt, keine Ausgaben zum blo?en Genu? zu t?tigen.

    Bevor wir diese Frage verlassen, sollten wir noch eine weitere Bemerkung machen. Man darf nicht davon ausgehen, da? die Mittel, die f?r unproduktive Arbeit ausgegeben werden, zwangsl?ufig in vollem Umfang unproduktiv konsumiert werden. Die unproduktiven Arbeiter k?nnen einen Teil ihres Lohnes sparen und in einer produktiven T?tigkeit investieren.

    Nicht selten wird von den Mitteln, die als Lohn an einen Arbeiter bezahlt werden, als von Verbrauch gesprochen, als ob der gesamte Gewinn und der gesamte Verlust der Nation nur im Kontobuch des Kapitalisten st?nde. Was f?r produktive Arbeit bezahlt wird, gilt als produktiv konsumiert; was f?r unproduktive Arbeit bezahlt wird, gilt als unproduktiv konsumiert. Wenn wir korrekt sein wollen, so m??ten wir sagen, nicht da? es produktiv oder unproduktiv konsumiert, sondern da? es produktiv oder unproduktiv ausgegeben wird. Andernfalls sind wir gezwungen, festzustellen, da? es zweimal konsumiert wird, das erste Mal vielleicht unproduktiv, das zweite Mal m?glicherweise produktiv.

    Um festzustellen, wie die L?hne des Arbeiters konsumiert werden, m?ssen wir sie bis in die H?nde des Arbeiters selbst verfolgen. Was notwendig ist, um den produktiven Arbeiter v?llig gesund und arbeitsf?hig zu halten, kann als produktiv konsumiert bezeichnet werden. Dazu m?ssen die Ausgaben hinzugerechnet werden, die er t?tigt, um seine Kinder aufzuziehen, bis sie alt genug sind, um produktive Arbeit leisten zu k?nnen. Wenn die Arbeitsmarktlage so ist, da? der Arbeiter mehr verdient, als er braucht, so kann er dies entweder sparen oder wie man gew?hnlich sagt - er kann es ausgeben. Spart er einen Teil (solange er ihn nicht nur hortet), so will er ihn produktiv verwenden, und dann ist dieser Teil produktiv konsumiert. Gibt er das Geld aus, so dient der Konsum unmittelbarem Genu? und ist daher unproduktiv.

    Dies l??t eine weitere Korrektur des etablierten Sprachgebrauchs notwendig erscheinen. Die National?konomen definieren das "Nettoprodukt" allgemein als den Anteil des j?hrlichen Bruttoprodukts eines Landes, der ?brig bleibt, nachdem das in dem Jahr konsumierte Kapital ersetzt worden ist. Dieses Kapital, so erkl?ren sie weiter, besteht aus Profit und Rente. Die L?hne werden dem anderen Teil des Bruttoprodukts zugerechnet, also dem, der das Kapital ersetzen soll. Nach dieser Definition erz?hlen sie uns gew?hnlich weiter, das Nettoprodukt - und nur dieses allein - stelle den Fonds dar, aus dem die Nation akkumulieren und ihr Kapital vergr??ern k?nne, und das sie auch, ohne einen Verlust an Wohlstand, unproduktiv oder f?r den Genu? ausgeben k?nne. Nun ist es unm?glich, da? beide oben gemachte Behauptungen zutreffen.

    Wenn das Nettoprodukt das ist, was nach dem Wiederauff?llen des Kapitalbestandes ?brigbleibt, dann ist es nicht der einzige Fonds, aus dem Akkumulation m?glich ist, denn akkumuliert werden kann auch aus L?hnen. Die L?hne stellen vielmehr in allen L?ndern eine der gro?en Quellen der Akkumulation dar, in L?ndern wie Amerika vielleicht sogar die gr??te. Wenn es andererseits w?nschenswert ist, den Namen Nettoprodukt f?r die Bezeichnung der f?r Akkumulation oder unproduktiven Konsum verf?gbaren Mittel zu reservieren, so m?ssen wir das Nettoprodukt anders definieren. Die Definition, die mit den ?blichen Lehren ?ber das Nettoprodukt am besten ?bereinzustimmen scheint, w?re folgende:

    Das Nettoprodukt eines Landes ist die Gesamtheit dessen, was pro Jahr mehr produziert wird als notwendig ist, um den Bestand an Materialien und Ger?ten aufrechtzuerhalten, um das Leben und die Arbeitsf?higkeit aller produktiven Arbeiter zu sichern und um ihre zahlenm??ige St?rke ohne Zuwachs gerade aufrechtzuerhalten. Was f?r diese Zwecke ben?tigt wird, oder in anderen Worten: was f?r die Aufrechterhaltung der produktiven Ressourcen des Landes ben?tigt wird, kann nicht anders verwandt werden, ohne da? die Nation in ihrer Gesamtheit dadurch ?rmer wird.

    Alles jedoch, was dar?ber hinaus produziert wird, ob es sich nun in den H?nden des Arbeiters, des Kapitalisten oder eines der zahlreichen verschiedenartigen Rentenbezieher befindet, kann zum unmittelbaren Genu? verwandt werden, ohne da? die produktiven Mittel der Gesamtheit dadurch Schaden erleiden. Jeder Teil, der davon nicht unproduktiv verwandt wird, stellt zweifellos einen Zuwachs des Kapitals einer Nation oder der permanenten Quellen des Genusses einer Nation dar.

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