Wissenschaftssprache

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    • Wissenschaftssprache

      Fortsetzung von hier.

      Nubok schrieb:

      Illuminatus schrieb:

      Führt man aber englische Fachbegriffe in die deutsche Sprache ein, anstatt sie korrekt zu übersetzen, führt das langfristig dazu, dass man als Deutscher keine Chance mehr hat, ein Fach zu studieren, ohne perfekt Englisch zu können. Das ist teilweise schon so (besonders in den Naturwissenschaften) und ich halte das nicht für gut.
      Hier gehe ich noch weiter: ich hatte im Studium schon gelegentlich die Situation, dass Vorlesungen durch ausländische Gastdozenten gelesen wurden - und zwar auf Englisch, da die Gastdozenten dies deutlich besser als Deutsch konnten (die Prüfungen fanden natürlich auf Deutsch statt).
      Das kann hoffentlich nicht der Grund sein. Es geht doch nicht primär darum, dass die Dozenten sich selbst verstehen, sondern dass die Studenten den Dozenten verstehen. Die Studenten können nämlich größtenteils immer noch besser Deutsch als Englisch und das wird sich voraussichtlich auch in den nächsten 500 Jahren nicht ändern. Der eigentliche Grund dafür, dass der Dozent vor deutschen Studenten einen englischen Vortrag hält, ist, dass die Studenten besser Englisch können, als der Dozent Deutsch kann. Da stellt sich doch die Frage, was angemessener ist: Hundert Studenten lernen Englisch, um einen Dozenten zu verstehen, oder ein Dozent lernt gutes Deutsch, damit hunderte Studenten ihn verstehen. Hinzu kommt noch, dass man als Dozent seinen Vortrag einfach Wort für Wort vorbereiten kann, während die Studenten alles direkt verstehen müssen.

      Nubok schrieb:

      Es gibt sogar ernsthaft Professoren, die, obwohl sie perfekt Deutsch sprechen, gewisse Vorlesungen (besonders diplomvorbereitende) auf Englisch lesen mit dem Argument, dass es zu diesem Vorlesungsthema - weil es modernes Forschungsthema ist - gar keine deutschsprachige Literatur gibt.
      Und weil es keine deutsche Literatur gibt, macht man es sich einfach und unterrichtet das ganze auf Englisch weiter, was dazu führt, dass die deutschen Studenten später ihre Bücher ebenfalls auf Englisch verfassen, weswegen es keine deutschsprachige Literatur zu dem Thema geben wird; ein Teufelskreis, den man aber durch ein bisschen Initiative durchbrechen könnte.

      Nubok schrieb:

      Hier war die Kommunikation auf Englisch deutlich einfacher als auf Deutsch - einfach da die Betreuer diese Sprache besser konnten.
      Stimmt, es spricht ja auch nichts dagegen, sich mit fremden Sprachen zu behelfen. Das darf aber nicht dazu führen, dass die eigene Muttersprache darob im Bildungssystem immer mehr an Wert verliert, bis niemand mehr ohne abgeschlossenes Anglistik-Studium ein Wort versteht. Es muss jedem frei gestellt bleiben, ob er sich zusätzlich per Fremdsprache über ein Thema informieren möchte. Aber wenn das zur Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss eines Universitätsstudiums wird, dann ist das keine Freiheit mehr, sondern ein ziemlich starker Eingriff in die Handlungsfreiheit des Menschen.

      Nubok schrieb:

      Es ging sogar so weit, dass aus eben diesem Grund vom Professor gewünscht wurde, dass ich meinen Seminarvortrag auf Englisch halten soll (mit einem deutlichen Wink in Richtung: wenn ich in der Wissenschaft bleiben will, werde ich mich daran gewöhnen müssen - warum also nicht gleich üben).
      So war es nicht immer und so muss es nicht bleiben. Es wird nur so bleiben, wenn das jeder schicksalsergeben so akzeptiert.

      Hier noch ein kleiner Text zum Thema vom VDS:
      "Die angeblich so überragende Wissenschaftstauglichkeit des Englischen ist sprachwissenschaftlich nicht bewiesen. Genau so berechtigt erscheint die Gegenthese: Englisch als internationale Wissenschaftssprache ist die schlechteste aller Möglichkeiten. Denn mit der stetig steigenden Anzahl der weltweit von Milliarden Menschen gesprochenen Abwandlungen (Varietäten) des Englischen verstärkt sich auch die Gefahr der Mehrdeutigkeit internationaler Kommunikation auf englisch. Selbst die naturwissenschaftliche Kommunikation ließe sich kaum auf eine verbindliche Spielart des Englischen festlegen. „Falsche Freunde “, d.h. ähnliche bis identische Wörter und Ausdrücke mit unterschiedlicher bis gegensätzlicher, kulturtypischer Bedeutung würden sich auch dort einnisten. Die Internationalität des Wissenschaftsbetriebs bietet dafür ideale Voraussetzungen.

      Das Gewicht derjenigen anglophonen Staaten, die die meisten Wissenschaftler ausbilden oder an sich binden können und deshalb über die Forschungsthemen bestimmen, wird zwar für sprachliche Schwerpunkte und Einflusszonen sorgen, doch deren sprachlich-kommunikatorische Offenheit wird sich nicht nach wissenschaftssprachlichen Kriterien richten. Noch weniger ist vorstellbar, dass die amerikanische Wissenschaftswelt eine einzige, weltweit gepflegte wissenschaftliche Englisch-Varietät für sich als verbindlich anerkennen würde.
      Nur eine Kunstsprache wie Esperanto, die allen Beteiligten dieselben sprachlichen Startvoraussetzungen ermöglichte und die weltweit in nur einer Varietät existiert, besäße das Zeug zu einer kommunikationsgerechten, kulturneutralen und internationalen Verständigungssprache - auch für die Wissenschaftler."
      "Viele Sprachwissenschaftler beklagen zu Recht, das Deutsche verschwinde rasant aus Wissenschaft und Wirtschaft. Sie sagen: Eine Sprache, die „sich nicht weiterbildet, verarmt“."
      "Die wechselseitige Abstoßung zwischen der Alltags- und den Fachsprachen droht unserer Alltagssprache jetzt die Wissenschafts-, ja Zukunftstauglichkeit zu nehmen, obwohl sie der ganzen Gesellschaft gehört. Die Wissenschaftler dürfen nicht den Kontakt zu ihr verlieren. Fachsprachen ohne Verankerung in einer gesprochenen Muttersprache und Muttersprachen ohne Zugang zu einer Fachsprache sind als Instrument schöpferischen, bildhaften und erklärenden Denkens nicht brauchbar. Es geht demnach nicht nur um das Wissenschaftsdeutsch, sondern um die Zukunft unseres Landes."

      „..es ist von grosser Bedeutung, dass der Allgemeinheit Gelegenheit geboten wird, die Bemühungen und
      Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschungsarbeit bewusst und verständnisvoll mitzuerleben. Es ist nicht genug,
      wenn jede gewonnene Erkenntnis von einigen Spezialisten aufgenommen, weiter verarbeitet und angewendet
      wird. Beschränkung des Erkenntnisgutes auf einen engen Kreis tötet den philosophischen Geist in einem
      Volke und führt zur geistigen Verarmung.“ (Albert Einstein)


      Weiterführendes:
      Sieben Thesen zur deutschen Sprache in der Wissenschaft
      "Zu Englisch als internationaler Wissenschaftssprache gibt es keine Alternative." Widerrede
      Entschließung von Klosterneuburg für Deutsch als Wissenschaftssprache
      Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache
      Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
      ~☤~
    • Illuminatus schrieb:

      "Die angeblich so überragende Wissenschaftstauglichkeit des Englischen ist sprachwissenschaftlich nicht bewiesen. Genau so berechtigt erscheint die Gegenthese: Englisch als internationale Wissenschaftssprache ist die schlechteste aller Möglichkeiten.


      Pidgin English :)



      Warum Deutsch lernen?
      Why should you study German?
      Zašto učiti njemački?

      Lohnt es sich überhaupt noch, Deutsch zu lernen? Die Antwort lautet: JA! Deutsch als eineWissenschaftssprache zu lernen ist eine große Herausforderung, aber es lohnt sich. Wer Originaltexte deutscher Klassiker verstehen will, für den sind Lesekenntnisse des Deutschen einfach notwendig. Die Werke, wie zum Beispiel Goethes "Faust", Einsteins "Relativitätstheorie", oder Freuds "Traumdeutung", gehören zu den internationalen Standardwerken. Deutsche Forscher haben Großes geleistet. Deutschkenntnisse helfen beim historischen Studium vieler Disziplinen, weil viele Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse auf Deutsch publiziert haben, obwohl Deutsch nicht immer ihre Muttersprache war.Wer Deutsch lesen und verstehen kann, dem öffnet sich eine weite Forschungswelt nicht nur der klassischen sondern auch der modernen Wissenschaft. In Fächern wie klassische Philologie, Archäologie, Musikwissenschaft oder Philosophie spielt die deutsche Sprache immer noch eine große internationale Rolle.

      [….]

      Zusammenfassung
      Conclusion
      Sažetak

      Sprachen waren bei Wissensrevolutionen immer im Mittelpunkt der Geschichte. Ihre Rolle zur Entwicklung von Wissen spielten sie nicht nur in ihren Grenzen. In allen Sprachen finden sich die Wörter aus anderen Sprachen, die auf einen Wissenstransfer schließen lassen. Eine dieser Sprachen, die seit dem 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle in der Wissenschaft gespielt hat, ist Deutsch. Deutschkenntnisse sind sehr wichtig für Wissenschaftler und Studenten, obwohl Deutsch nicht mehr die führende Rolle als nternationaleWissenschaftssprache hat. Deutschsprachige wissenschaftliche Publikationen belegen den zweiten Platz. Wissenschaftler, die Deutsch lesen können, erschließen sich damit eine weite Welt von Forschungsergebnissen auf allen Gebieten der Wissenschaft (z. B. Astrophysik, Biochemie, Linguistik, Anatomie, usw.).
      Dateien
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Jo schrieb:

      Die Werke, wie zum Beispiel Goethes "Faust", Einsteins "Relativitätstheorie", oder Freuds "Traumdeutung", gehören zu den internationalen Standardwerken. Deutsche Forscher haben Großes geleistet. Deutschkenntnisse helfen beim historischen Studium vieler Disziplinen, weil viele Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse auf Deutsch publiziert haben, obwohl Deutsch nicht immer ihre Muttersprache war.Wer Deutsch lesen und verstehen kann, dem öffnet sich eine weite Forschungswelt nicht nur der klassischen sondern auch der modernen Wissenschaft.
      ebent .....

      mit keiner anderen sprache als der der "deutschen" sprache lässt sich ein zustand oder eine veränderung präziser definieren :love:

      hydeparkcorner
    • welt.de/politik/deutschland/ar…sprache-verschwindet.html

      "Im Bachelor sollte die Hauptsprache weiter Deutsch sein. Dabei geht es auch darum, den Studenten die Begeisterung für das Fach zu vermitteln, und das gelingt besser und präziser in der Muttersprache." Zur Lehre gehöre eben nicht nur das Vermitteln von Wissen, sondern der Kultur eines Faches.
      Für ein Festhalten an der Muttersprache spricht auch der Lerneffekt. In einer Studie unter englisch sprechenden schwedischen Physikstudenten, die im "European Journal of Physics" erschien, wurde nachgewiesen, dass die Studenten in der Fremdsprache spürbar weniger gelernt hatten.
      Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine Studie unter Medizinern. 25 Prozent der Informationen eines Textes gingen demnach verloren, wenn die Fachliteratur auf Englisch gelesen wurde.
      Damit stellt sich ein weiteres Problem: Geht die deutsche Wissenschaftssprache verlustig, wird es für die Forscher schwieriger, ihre Ergebnisse selbst einem gebildeten Publikum von Laien zu erklären. Gerade bei Disziplinen, die unter einem Rechtfertigungsdruck stehen, wie die Biotechnologie, aber auch die Chemie oder Physik, droht diese "Sprachlosigkeit" auf sie selbst zurückzufallen. Unverständnis zeitigt dann schnell Ablehnung."
      Gerade in den Geisteswissenschaften habe das Deutsche eine so lange und bedeutende Tradition, dass man nicht eilfertig dem Englischen den Vorzug geben sollte. "Die Nutzung des Englischen ist oft auch ein falsch verstandenes Gleichheitsdenken an der falschen Stelle." Jede Sprache habe ein kulturelles Gedächtnis, das dürfe man nicht verspielen. "Wer die Kosten der Übersetzungen ins Feld führt, der handelt kulturvergessen", meint Grütters.
      "Wir Deutsche passen uns halt schnell dem Gegenüber an", sagt auch Dieter Simon und hat auch dafür die passende Anekdote parat. Einmal habe er mit fünf Philosophen über Hegel diskutiert. Weil ein Amerikaner dabei gewesen sei, hätten die Deutschen englisch gesprochen. "Bis uns der Amerikaner bat, ob wir nicht Deutsch reden könnten. Er würde Hegel in dessen Muttersprache einfach besser verstehen."
      Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
      ~☤~