Gedichte

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    • Liste der Gedichte

      Worte
      Ein Wort ist hässlich, ein anderes schön
      Ein Wort zum Hören und eins zum Verstehen
      Ein Wort ist mächtig, denn Worte sind Macht
      Drum gib auf die Worte, die du sprichst, acht

      Ein Wort kann betören und Dinge verdrehen
      Ein Wort kann dich führen, lässt Neues dich sehen
      Ein Wort kann dir helfen, viel zu entdecken
      Doch kann ein Wort auch manches verstecken

      Ein Wort schafft Welten, Zeiten und Räume
      Ein Wort bietet dir bezaubernde Träume
      Ein Wort hilft dir in Kummer und Pein
      Doch lässt ein Wort dich auch oft allein

      Ein Wort bietet Erlösung, Hilfe und Rat
      Ein Wort macht aber auch aus dem Kreis ein Quadrat
      Ein Wort wirkt bezaubernd, wenn du es hörst
      Doch hörst du ein anderes, ist alles zerstört

      Ein Wort kann kalt sein, bitter, gemein
      Ein Wort ist oft nicht mehr als Schein
      Ein Wort ist tödlich wie härtester Stahl
      Und schmeckt auch mit Süßstoff nur bitter und schal

      Ein Wort das du hörst... prüf es penibel
      Und werd dem Gehörten gegenüber sensibel
      Versuch zu entdecken, was hinter ihm steckt
      Und was der Sager mit dem Wort verdeckt

      Lerne zu hören, bevor du es glaubst
      Ehe dir ein Wort deine Hoffnungen raubt
      Höre auf dein Herz und nicht auf dein Ohr
      Und stelle dir immer den Spiegel davor

      Prüfe das Wort, eh du es sprichst
      Ob du es nicht schon bald wieder brichst
      Und denke daran, Worte sind Macht
      Darum bitte ich dich: Gib auf sie acht!
      Michael Haeser


      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Jo ()

    • Ja! Ich weiß, woher ich stamme!
      Ungesättigt gleich der Flamme
      Glühe und verzehr' ich mich.
      Licht wird alles, was ich fasse,
      Kohle alles, was ich lasse:
      Flamme bin ich sicherlich!
      Friedrich Nietzsche
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Zusammenhänge

      Ich weiss von aufgetanen Tagen
      und vom unausgesprochnen Ziel
      Geheimnisvolles viel zu sagen
      und von der Vorzeit weiss ich viel.

      Ich sah die schattenhaften Mysten
      gesangsweis um die Tempel gehen,
      ich weiss, wo die verborgnen frühsten
      noch unverlöschten Lampen stehn.

      Ich hob aus nie erreichten Schächten
      den Bergkristall mit meinem Ton,
      und beschwor in den zwölf heilgen Nächten
      die Wesenheiten, die uns bedrohn.

      Ich spürte mit der Wünschelrute
      die Schätze auf aus dunklem Grund,
      und meine Stimme lag im Blute
      und wurde Brot in jedem Mund.

      Ich schaute in den Stein der Weisen,
      ich selbst von jeder Schwere frei,
      und verschwieg die Kunst wie Eisen
      in lauteres Gold zu wandeln sei.

      Ich lebte in tausend Leben
      jeder noch so verfemten Liebe nach,
      und wenn ich heute tönend rede
      so bin ich's nicht allein, der sprach.

      Und jede Saite, die ich rühre
      schlug ich schon einmal an vorlang,
      und in vergessnen Sängen spüre
      ich meinen eigenen Gesang.

      Und sind mir auch Gestalt und Namen
      entfallen derer, die ich war,
      so ahn' ich doch, woher sie kamen
      aus dem, was ich an mir erfahr.

      Was mir gehört ist mein Vermächtnis
      und aus dem heut' noch halben Schein
      wird dem nächsten Leib Gedächtnis
      an jedes vorgewesne Sein.

      Baron Alexander von Bernus
      (1880 - 1965)
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Friedrich Schiller

      Gedankengedicht

      {1799}

      DIE WORTE DES WAHNS


      Drei Worte hört man bedeutungschwer
      Im Munde der Guten und Besten,
      Sie schallen vergeblich, ihr Klang ist leer,
      Sie können nicht helfen und trösten.
      Verscherzt ist dem Menschen des Lebens Frucht,
      So lang er die Schatten zu haschen sucht.

      So lang er glaubt an die Goldene Zeit,
      Wo das Rechte, das Gute wird siegen,
      Das Rechte, das Gute führt ewig Streit,
      Nie wird der Feind ihm erliegen,
      Und erstickst du ihn nicht in den Lüften frei,
      Stets wächst ihm die Kraft auf der Erde neu.

      So lang er glaubt, daß das buhlende Glück
      Sich dem Edeln vereinigen werde,
      Dem Schlechten folgt es mit Liebesblick,
      Nicht dem Guten gehöret die Erde.
      Er ist ein Fremdling, er wandert aus,
      Und suchet ein unvergänglich Haus.

      So lang er glaubt, daß dem irdschen Verstand
      Die Wahrheit je wird erscheinen,
      Ihren Schleier hebt keine sterbliche Hand,
      Wir können nur raten und meinen.
      Du kerkerst den Geist in ein tönend Wort,
      Doch der freie wandelt im Sturme fort.

      Drum edle Seele, entreiß dich dem Wahn,
      Und den himmlischen Glauben bewahre.
      Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,
      Es ist dennoch, das Schöne, das Wahre!
      Es ist nicht draußen, da sucht es der Tor,
      Es ist in dir, du bringst es ewig hervor.
    • Die Rätsel der Elfen

      Die Elfen sitzen im Felsenschacht,
      Vertreiben mit Reden die lange Nacht.


      Sie legen sich lustige Rätsel vor,

      Die, wenn sie nicht Gold sind, doch klingen im Ohr


      Und wie ein Windzug dazwischen geht,

      So sind samt den Elfen die Rätsel verweht. -

      Welch Gold entstammt dem Erdschacht nicht?

      Ich hörte von goldenem Sonnenlicht.


      Wer borgt sein Silber von fremdem Gold?

      Der Mond, der ob unseren Häupternrollt.


      Wo quillt die Thrän' aus härtester Brust?

      Der Quell im Fels ist mir wohl bewußt.


      Wo strömt ein Strom, da kein Strombett ist?

      Der Regenstrom, der in Lüften fließt.


      Wo ist auf dem Fluß die breiteste Brück'?

      Das Eis ist gebaut aus einem Stück.


      Die Flut, die im stetesten Takt sich bewegt?

      Das Blut, das im Herzen des Menschen schlägt.


      Wer trauert in seinem buntesten Kleid?

      Das ist der Baum zu des Herbstes Zeit.


      Wer hat tausend Augen und sieht sich nicht?

      Der Strauch, der sie treibet und weiß es nicht.


      Wer sah nie von innen sein eignes Haus?

      Die Schnecke, und kommt doch niemals heraus.


      Wo hat man den kleinsten zum König gemacht?

      Der Zaunkönig wird ausgelacht.


      Wo tritt der Schwache den Starken nieder?

      Den Erdboden des Menschen Glieder.


      Was ist stärker als der Erdengrund?

      Das Eisen, denn es macht ihn wund.


      Was ist stärker als Eisen und Stahl?

      Das Feuer schmelzt sie allzumal.


      Was ist stärker als Feuersglut?

      Die feuerlöschende Wasserflut.


      Was ist stärker als Flut im Meer?

      Der Wind, der sie treibt hin und her.


      Und was ist stärker als Wind und Luft?

      Der Donner; sie zittern, wenn er ruft.


      Wer ist mächtiger als der Tod?

      Wer da kann lachen, wenn er droht.


      Und wer, wenn die Erde bebt, kann stehn?

      Wer nicht fürchtet unterzugehn.


      Warum fließt das Wasser den Berg nicht hinauf?

      Weil's bergunter hat leichtern Lauf.


      Warum trägt Kürbse der Eichbaum nicht?

      Daß sie dir nicht fallen aufs Angesicht.


      Wozu hat der Gaul vier Füß' empfahn?

      Damit er mit vieren stolpern kann.


      Und warum sind die Fische stumm?

      Weil sie sonst würden reden dumm.


      Wer löset alle Rätsel auf?

      Wer immer was weiß, das sich reimet drauf.


      Und warum schweig ich jetzo still?
      Weil ich nichts weiter hören will!
      Friedrich Rückert

      [IMG:http://www.compu-seite.de/software/Gifs/Elfen/Elfen401.gif]
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Jo ()

    • Gingo Biloba (1815)

      Dieses Baums Blatt, der von Osten
      Meinem Garten anvertraut,
      Giebt geheimen Sinn zu kosten,
      Wie's den Wissenden erbaut,

      Ist es Ein lebendig Wesen,
      Das sich in sich selbst getrennt?
      Sind es zwei, die sich erlesen,
      Daß man sie als Eines kennt?

      Solche Frage zu erwiedern,
      Fand ich wohl den rechten Sinn,
      Fühlst du nicht an meinen Liedern,
      Daß ich Eins und doppelt bin?

      Johann Wolfgang von Goethe

      [IMG:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b6/Goethe_Ginkgo_Biloba.jpg/437px-Goethe_Ginkgo_Biloba.jpg]

      Alles Wissen ist vergeblich ohne die Arbeit, und alle Arbeit ist sinnlos ohne die Liebe. ♥ [Khalil Gibran]
    • Die Alten und die Jungen

      Die Alten und die Jungen
      »Unverständlich sind uns die Jungen«
      Wird von den Alten beständig gesungen;
      Meinerseits möcht ich's damit halten:
      »Unverständlich sind mir die Alten.«
      Dieses am Ruder bleiben Wollen
      In allen Stücken und allen Rollen,
      Dieses sich unentbehrlich Vermeinen
      Samt ihrer »Augen stillem Weinen«,
      Als wäre der Welt ein Weh getan -
      Ach, ich kann es nicht verstahn.
      Ob unsre Jungen, in ihrem Erdreisten,
      Wirklich was Besseres schaffen und leisten,
      Ob dem Parnasse sie näher gekommen
      Oder bloß einen Maulwurfshügel erklommen,
      Ob sie, mit andern Neusittenverfechtern,
      Die Menschheit bessern oder verschlechtern,
      Ob sie Frieden sä'n oder Sturm entfachen,
      Ob sie Himmel oder Hölle machen -
      E I N S läßt sie stehn auf siegreichem Grunde:
      Sie haben den Tag, sie haben die Stunde;
      Der Mohr kann gehn, neu Spiel hebt an,
      Sie beherrschen die Szene, sie sind dran.
      Theodor Fontane
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Es pfeift im Hagedorn,
      Laut ächzt es in den Föhren,
      Da läßt sein schmetternd Horn
      Der wilde Jäger hören.

      Hoch droben durch die Schlucht
      Der sturmzerriss’nen Wolke
      Jauchzt er in wilder Flucht
      Vorbei mit seinem Volke.

      Er schwingt den Eschenschaft
      In erzgewalt’gen Händen,
      Und Lebensüberkraft
      Flammt in des Auges Bränden. -

      „Der du verschmäht die Rast
      Des Himmels und des Grabes,
      Der du begehrt die Last
      Des ew’gen Wanderstabes,

      Ruf’ mich in Sturm und Nacht
      Empor, dich zu geleiten
      Auf wilder Lebensjagd
      Durch alle Ewigkeiten.

      Die Seel’ erstickt in mir,
      Denk’ ich der Gruft, der engen,
      Und tobend möcht’ ich schier
      Des Todes Fesseln sprengen.

      Endlose Lebenslust,
      Nein! du sollst nicht verrauchen,
      Nicht elend in den Wust
      Des Staubes untertauchen.

      Wenn über meiner Gruft
      Die Frühlingswinde pfeifen,
      Wenn wirbelnd in der Luft
      Die falben Blätter schweifen;

      Dann bannt auch mich nicht mehr
      Der dumpfe Totenhügel,
      Dann jag’ auch ich daher
      Auf freiem Sturmesflügel.“
      Arthur Fitger
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Sprüche des Konfuzius

      1.
      Dreifach ist der Schritt der Zeit:
      Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
      Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
      Ewig still steht die Vergangenheit.

      Keine Ungeduld beflügelt
      Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
      Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt
      Ihre Lauf, wenn sie enteilt.
      Keine Reu', kein Zaubersegen
      Kann die Stehende bewegen.

      Möchtest du beglückt und weise
      Endigen des Lebens Reise?
      Nimm die Zögernde zum Rat,
      Nicht zum Werkzeug deiner Tat,
      Wähle nicht die Fliehende zum Freund,
      Nicht die Bleibende zum Feind.

      2.
      Dreifach ist des Raumes Maß.
      Rastlos fort ohn' Unterlaß
      Strebt die Länge fort in's Weite;
      Endlos gießet sich die Breite;
      Grundlos senkt die Tiefe sich.

      Dir ein Bild sind sie gegeben.
      Rastlos vorwärts mußt du streben,
      Nie ermüdet stille stehn,
      Willst du die Vollendung sehn;
      Mußt in's Breite dich entfalten,
      Soll sich dir die Welt gestalten;
      In die Tiefe muß du steigen,
      Soll sich dir das Wesen zeigen.

      Nur Beharrung führt zum Ziel,
      Nur die Fülle führt zur Klarheit,
      Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.
      Friedrich Schiller


      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • 1
      Lindes Rauschen in den Wipfeln,
      Vöglein, die ihr fernab fliegt,
      Bronnen von den stillen Gipfeln,
      Sagt, wo meine Heimat liegt?

      Heut im Traum sah ich sie wieder,
      Und von allen Bergen ging
      Solches Grüssen zu mir nieder,
      Dass ich an zu weinen fing.

      Ach, hier auf den fremden Gipfeln:
      Menschen, Quellen, Fels und Baum,
      Wirres Rauschen in den Wipfeln, -
      Alles ist mir wie ein Traum.

      2

      Die fernen Heimathöhen,
      Das stille, hohe Haus,
      Der Berg, von dem ich gesehen
      Jeden Frühling ins Land hinaus,
      Mutter, Freunde und Brüder,
      An die ich so oft gedacht,
      Es grüsst mich alles wieder
      In stiller Mondesnacht.
      Joseph Freiherr von Eichendorff
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Die Hoffnung

      Es reden und träumen die Menschen viel
      Von besseren künftigen Tagen,
      Nach einem glücklichen gold'nen Ziel
      Sieht man sie rennen und jagen,
      Die Welt wird alt und wieder jung,
      Doch der Mensch hofft immer Verbesserung.

      Die Hoffnung führt ihn in's Leben ein,
      Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
      Den Jüngling bezaubert ihr Geisterschein,
      Sie wird mit dem Greis nicht begraben;
      Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
      Noch am Grabe pflanzt er die Hoffnung auf.

      Es ist kein leerer schmeichelnder Wahn,
      Erzeugt im Gehirne des Toren,
      Im Herzen kündet es laut sich an:
      Zu was Besserem sind wir geboren!
      Und was die innere Stimme spricht,
      Das täuscht die hoffende Seele nicht.
      von Friedrich Schiller

      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Nachtgedanken

      Denk ich an Deutschland in der Nacht,
      Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
      Ich kann nicht mehr die Augen schließen.
      Und meine heißen Tränen fließen.
      Die Jahre kommen und vergehn!
      Seit ich die Mutter nicht gesehn,
      Zwölf Jahre sind schon hingegangen;
      Es wächst mein Sehnen und Verlangen.
      Mein Sehnen und Verlangen wächst.
      Die alte Frau hat mich behext,
      Ich denke immer an die alte,
      Die alte Frau, die Gott erhalte!
      Die alte Frau hat mich so lieb,
      Und in den Briefen, die sie schrieb,
      Seh ich, wie ihre Hand gezittert,
      Wie tief das Mutterherz erschüttert.
      Die Mutter liegt mir stets im Sinn.
      Zwölf lange Jahre flossen hin,
      Zwölf lange Jahre sind verflossen,
      Seit ich sie nicht ans Herz geschlossen.
      Deutschland hat ewigen Bestand,
      Es ist ein kerngesundes Land;
      Mit seinen Eichen, seinen Linden,
      Werd ich es immer wiederfinden.
      Nach Deutschland lechzt' ich nicht so sehr,
      Wenn nicht die Mutter dorten wär;
      Das Vaterland wird nie verderben,
      Jedoch die alte Frau kann sterben.
      Seit ich das Land verlassen hab,
      So viele sanken dort ins Grab,
      Die ich geliebt - wenn ich sie zähle,
      So will verbluten meine Seele.
      Und zählen muß ich - Mit der Zahl
      Schwillt immer höher meine Qual,
      Mir ist, als wälzten sich die Leichen
      Auf meine Brust - Gottlob! sie weichen!
      Gottlob! durch meine Fenster bricht
      Französisch heitres Tageslicht;
      Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen,
      Und lächelt fort die deutschen Sorgen.
      Heinrich Heine
      (1844 in "Neue Gedichte")
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Der Schatzgräber

      Arm am Beutel, krank am Herzen
      Schleppt' ich meine langen Tage.
      Armut ist die größte Plage,
      Reichtum ist das höchste Gut!
      Und, zu enden meine Schmerzen,
      Ging ich, einen Schatz zu graben.
      Meine Seele sollst du haben!
      Schrieb ich hin mit eignem Blut.

      Und so zog ich Kreis' um Kreise,
      Stellte wunderbare Flammen,
      Kraut und Knochenwerk zusammen:
      Die Beschwörung war vollbracht.
      Und auf die gelernte Weise
      Grub ich nach dem alten Schatze
      Auf dem angezeigten Platze;
      Schwarz und stürmisch war die Nacht.

      Und ich sah ein Licht von weiten,
      Und es kam gleich einem Sterne
      Hinten aus der fernsten Ferne,
      Eben als es zwölfe schlug.
      Und da galt kein Vorbereiten;
      Heller ward's mit einem Male
      Von dem Glanz der vollen Schale,
      Die ein schöner Knabe trug.

      Holde Augen sah ich blinken
      Unter dichtem Blumenkranze;
      In des Trankes Himmelsglanze
      Trat er in den Kreis herein.
      Und er hieß mich freundlich trinken;
      Und ich dacht': es kann der Knabe
      Mit der schönen lichten Gabe
      Wahrlich nicht der Böse sein.

      Trinke Mut des reinen Lebens!
      Dann verstehst du die Belehrung,
      Kommst mit ängstlicher Beschwörung
      Nicht zurück an diesen Ort.
      Grabe hier nicht mehr vergebens!
      Tages Arbeit, Abends Gäste!
      Saure Wochen, frohe Feste!
      Sei dein künftig Zauberwort.
      Johann Wolfgang Goethe

      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren

      Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
      Sind Schlüssel aller Kreaturen
      Wenn die so singen, oder küssen,
      Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
      Wenn sich die Welt ins freie Leben
      Und in die Welt wird zurückbegeben,
      Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
      Zu echter Klarheit wieder gatten,
      Und man in Märchen und Gedichten
      Erkennt die wahren Weltgeschichten,
      Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
      Das ganze verkehrte Wesen fort.
      Novalis
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Bertolt Brecht

      Der Rauch

      Das kleine Haus unter Bäumen am See.
      Vom Dach steigt Rauch.
      Fehlte er
      Wie trostlos dann wären
      Haus, Bäume und See.

      ("Buckower Elegien")
      [IMG:http://yooco.de/uploads/s1/images/website/74921/image/haus_am_see.gif]


      "Keinen verderben lassen
      auch nicht sich selbst
      jeden mit Glück zu erfüllen
      auch sich, das
      ist gut."

      (Shen Te, "Der gute Mensch von Sezuan")
      .

      Alles Wissen ist vergeblich ohne die Arbeit, und alle Arbeit ist sinnlos ohne die Liebe. ♥ [Khalil Gibran]
    • Fragen eines lesenden Arbeiters

      Wer baute das siebentorige Theben?
      In den Büchern stehen die Namen von Königen.
      Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
      Und das mehrmals zerstörte Babylon –
      Wer baute es so viele Male auf? In welchen Häusern
      des goldstahlenden Lima wohnten die Bauleute?
      Wohin gingen an dem Abend, wo die Chinesische Mauer fertig war
      die Maurer? Das große Rom
      ist voll von Triumphbögen. Wer errichtete sie? Über wen
      triumphierten die Cäsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz
      nur Paläste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis
      brüllten in der Nacht, wo das Meer es verschlang
      die Ersaufenden nach ihren Sklaven.
      Der junge Alexander eroberte Indien.
      Er allein?
      Cäsar schlug die Gallier.
      Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
      Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
      untergegangen war. Weinte sonst niemand?
      Friedrich der Zweite siegte im siebenjährigen Krieg. Wer
      siegte außer ihm?
      Jede Seite ein Sieg.
      Wer kochte den Siegesschmaus?
      Alle zehn Jahre ein großer Mann.
      Wer bezahlte die Spesen?
      So viele Berichte.
      So viele Fragen
      Berthold Brecht
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Text: Carlo Karges
      Musik: Novalis


      Wer Schmetterlinge lachen hört,
      der weiß, wie Wolken schmecken,
      der wird im Mondschein
      ungestört von Furcht
      die Nacht entdecken.

      Der wird zur Pflanze, wenn er will,
      zum Tier, zum Narr, zum Weisen,
      und kann in einer Stunde
      durchs ganze Weltall reisen.

      Er weiß, dass er nichts weiß,
      wie alle andern auch nichts wissen,
      nur weiß er was die anderen
      und er noch lernen müssen.

      Wer in sich fremde Ufer spürt,
      und Mut hat sich zu recken,
      der wird allmählich ungestört
      von Furcht sich selbst entdecken.

      Abwärts zu den Gipfeln
      seiner selbst blickt er hinauf,
      den Kampf mit seiner Unterwelt,
      nimmt er gelassen auf.

      Wer Schmetterlinge lachen hört,
      der weiß wie Wolken schmecken,
      der wird im Mondschein,
      ungestört von Furcht,
      die Nacht entdecken.

      Der mit sich selbst in Frieden lebt,
      der wird genauso sterben,
      und ist selbst dann lebendiger
      als alle seine Erben.

      [IMG:http://freegifs.123gif.de/blumen/blume-0010.gif]

      Alles Wissen ist vergeblich ohne die Arbeit, und alle Arbeit ist sinnlos ohne die Liebe. ♥ [Khalil Gibran]
    • Ghaselen
      XXIV


      Ich bin das Sonnenstäubchen, ich bin der Sonnenball.
      Zum Stäubchen sag' ich: bleibe! und zu der Sonn': entwall!
      Ich bin der Morgenschimmer, ich bin der Abendhauch.
      Ich bin des Haines Säuseln, des Meeres Wogenschwall.
      Ich bin der Mast, das Steuer, der Steuermann, das Schiff;
      Ich bin, woran es scheitert, die Klippe von Korall.
      Ich bin der Vogelsteller, der Vogel und das Netz.
      Ich bin das Bild, der Spiegel, der Hall und Widerhall.
      Ich bin der Baum des Lebens und drauf der Papagei;
      Das Schweigen, der Gedanke, die Zunge und der Schall.
      Ich bin der Hauch der Flöte, ich bin des Menschen Geist,
      Ich bin der Funk' im Steine, der Goldblick im Metall.
      Ich bin der Rausch, die Rebe, die Kelter und der Most,
      Der Zecher und der Schenke, der Becher von Kristall.
      Die Kerz, und der die Kerze umkreis't, der Schmetterling;
      Die Ros, und von der Rose berauscht, die Nachtigall.
      Ich bin der Arzt, die Krankheit, das Gift und Gegengift,
      Das Süße und das Bittre, der Honig und die Gall.
      Ich bin der Krieg, der Friede, die Wahlstatt und der Sieg,
      Die Stadt und ihr Beschirmer, der Stürmer und der Wall.
      Ich bin der Kalk, die Kelle, der Meister und der Riß,
      Der Grundstein und der Giebel, der Bau und sein Verfall.
      Ich bin der Hirsch, der Löwe, das Lamm und auch der Wolf,
      Ich bin der Hirt, der alle beschließt in Einem Stall.
      Ich bin der Wesen Kette, ich bin der Welten Ring,
      Der Schöpfung Stufenleiter, das Steigen und der Fall.
      Ich bin, was ist, und nicht ist. Ich bin, o der du's weißt,
      Dschelaleddin, o sag' es, ich bin die Seel' im All.

      (Moulana Galal ad-Din Rumi)

      ~~~

      In Wahrheit gibt es nur ein einziges Licht,
      das durch unterschiedliche Fenster scheint und
      uns durch die Person jedes einzelnen Propheten erreicht.

      aus: Die Lehren des Rumi

      [IMG:http://view.stern.de/de/picture/1423035/Licht-Fenster-Alt-Marode-Museum-sofa-Sofa-510x510.jpg]
      Bild aus der Serie "Stilleben, Gegenstände und banales" von helmuthess.

      Alles Wissen ist vergeblich ohne die Arbeit, und alle Arbeit ist sinnlos ohne die Liebe. ♥ [Khalil Gibran]

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    • Füllest wieder Busch und Tal
      Still mit Nebelglanz,
      Lösest endlich auch einmal
      Meine Seele ganz;

      Breitest über mein Gefild
      Lindernd deinen Blick,
      Wie des Freundes Auge mild
      Über mein Geschick.

      Jeden Nachklang fühlt mein Herz
      Froh- und trüber Zeit,
      Wandle zwischen Freud' und Schmerz
      In der Einsamkeit.

      Fließe, fließe, lieber Fluß!
      Nimmer werd' ich froh;
      So verrauschte Scherz und Kuß
      Und die Treue so.

      Ich besaß es doch einmal,
      was so köstlich ist!
      Daß man doch zu seiner Qual
      Nimmer es vergißt!

      Rausche, Fluß, das Tal entlang,
      Ohne Rast und Ruh,
      Rausche, flüstre meinem Sang
      Melodien zu!

      Wenn du in der Winternacht
      Wütend überschwillst
      Oder um die Frühlingspracht
      Junger Knospen quillst.

      Selig, wer sich vor der Welt
      Ohne Haß verschließt,
      Einen Freund am Busen hält
      Und mit dem genießt,

      Was, von Menschen nicht gewußt
      Oder nicht bedacht,
      Durch das Labyrinth der Brust
      Wandelt in der Nacht.
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche