Das Trauerspiel von Afghanistan

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    • Das Trauerspiel von Afghanistan

      Theodor Fontane
      * Geboren am 30.12.1819 in Neuruppin.
      † Gestorben am 20.09.1898 in Berlin.

      Das Trauerspiel von Afghanistan


      Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
      Ein Reiter vor Dschellalabad hält,
      "Wer da!" - "Ein britischer Reitersmann,
      Bringe Botschaft aus Afghanistan."

      Afghanistan! Er sprach es so matt;
      Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,
      Sir Robert Sale, der Kommandant,
      Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.

      Sie führen ins steinerne Wachthaus ihn,
      Sie setzen ihn nieder an den Kamin,
      Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht,
      Er atmet hoch auf und dankt und spricht:

      "Wir waren dreizehntausend Mann,
      Von Kabul unser Zug begann,
      Soldaten, Führer, Weib und Kind,
      Erstarrt, erschlagen, verraten sind.

      Zersprengt ist unser ganzes Heer,
      Was lebt, irrt draußen in Nacht umher,
      Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
      Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt."

      Sir Robert stieg auf den Festungswall,
      Offiziere, Soldaten folgten ihm all',
      Sir Robert sprach: "Der Schnee fällt dicht,
      Die uns suchen, sie können uns finden nicht.

      Sie irren wie Blinde und sind uns so nah,
      So lasst sie's hören, dass wir da,
      Stimmt an ein Lied von Heimat und Haus,
      Trompeter blast in die Nacht hinaus!"

      Da huben sie an und sie wurden's nicht müd',
      Durch die Nacht hin klang es Lied um Lied,
      Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang,
      Dann Hochlandslieder wie Klagegesang.

      Sie bliesen die Nacht und über den Tag,
      Laut, wie nur die Liebe rufen mag,
      Sie bliesen - es kam die zweite Nacht,
      Umsonst, dass ihr ruft, umsonst, dass ihr wacht.

      "Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
      Vernichtet ist das ganze Heer,
      Mit dreizehntausend der Zug begann,
      Einer kam heim aus Afghanistan."


      Soviel lernt der Mensch aus der Geschichte,

      Jo
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Jo ()

    • Auf dem Schachbrett der Weltpolitik

      Afghanistan – wild und unzugänglich, das Land, an dem sich die Sowjets die Zähne ausbissen. Afghanistan geriet schon vor über 150 Jahren in den Brennpunkt der Weltpolitik. Damals waren es die Engländer, die hier ihren Meister fanden. Es erging ihnen nicht anders als heute den sowjetischen Invasoren.

      Auch Theodor Fontane 1819–1898 befaßte sich seinerzeit mit dem Konflikt und faßte die britische Tragödie am Hindukusch in eine Ballade: Das Trauerspiel von Afghanistan. Sie handelt von der katastrophalen Niederlage der Engländer im ersten anglo-afghanischen Krieg im Januar 1842.

      Die Ballade ist kaum bekannt, aber auf Grund der Ereignisse in Afghanistan immer noch aktuell. Es ist daher vielleicht ganz interessant, sie einmal näher zu betrachten und hintergründig zu analysieren, den geschichtlichen Hintergrund zu durchstöbern und damit die Ballade lebendig werden zu lassen. Sie mit zeitgenössischen Bildern zu illustrieren und Texte heranzuziehen, die auch Fontane kannte. Denn man sieht nur, was man weiß, sagte er einmal.

      Der vielseitige Publizist Fontane war 1857 als Auslandskorrespondent für deutsche Zeitungen in London tätig und ging nebenher der Schriftstellerei nach. Er beschäftigte sich auch mit Themen aus der englischen Geschichte und stieß unweigerlich über Britisch-Indien auf Afghanistan. Fontane kommentierte mit dieser Ballade einen damaligen Brennpunkt der Weltpolitik literarisch, das Afghanistan-Abenteuer der Briten. Es war die Ungeheuerlichkeit des Ereignisses, noch nie so geschlagen und gedemütigt worden zu sein. Der Titel »Das Trauerspiel …« ist abgeleitet von dem sogenannten »Great Game«, dem geopolitischen Ringen zwischen Briten und Russen um Zentralasien, in dem Länder und Menschen wie Schachfiguren hin und her geschoben wurden. Das »Große Spiel« wurde für die Engländer erstmal zu einem »Trauerspiel«. In England ist die Tragödie vom Januar 1842 in Afghanistan bis heute gegenwärtig. Aus jenen Tagen stammt auch die Beschwörungsformel: Gott schütze uns vor der Rache der Afghanen.

      Informationen über das Afghanistan-Desaster der Briten fand Fontane auch in dem Buch von Karl-Friedrich Neumann: »Das Trauerspiel in Afghanistan«, erschienen 1848 in Leipzig. Titel und Worte wählte Fontane von der letzten Seite dieser Publikation. Er hat die Neumannsche Aufbereitung des Themas als brauchbar eingeschätzt und in Lyrik umgesetzt. Neumanns Werk war eine der besten Analysen des britischen Afghanistan-Abenteuers. Neumann, Orientalist und Historiker war später Gymnasiallehrer. Er machte unter anderem eine längere Reise nach China. Nach der Rückkehr wurde er Professor der Armenischen und Chinesischen Sprache sowie der Länder- und Völkerkunde an der Münchener Universität. Er entwickelte eine bedeutende Lehrtätigkeit. Seine liberale Einstellung kostete ihn allerdings diese Stelle, wie schon vorher die des Lehrers wegen freier Bibelauslegung. Neumann verfaßte unter anderem folgendes Werk: »Geschichte des englischen Reiches in Asien«.

      Die Afghanistan-Ballade ist auch Anklage und Kritik Fontanes an Unterdrückung und Kolonialpolitik. Aus der Ballade ist zu lesen, daß Fontane kein Freund des Kolonialismus war. Er war es nicht zuletzt durch die Demokratiebewegung, die 1848er Revolution in Deutschland. Er wurde als junger Mann von diesem Geist beeinflußt und war an den Demonstrationen in Berlin beteiligt. Auf Afghanistan bezogen war er ein früher Kämpfer für die Freiheit Afghanistans.

      Fontane fühlt sich in der Ballade ein in die Sorgen der auf Angehörige und Freunde in Dschellalabad Wartenden, deren Schock und Hilflosigkeit, die sich in Singen und Trompetenblasen äußert. »So laßt sie's hören.« Traurig und monoton hallt es wider aus den Schluchten des Hindukusch. Das einzige Mittel, den Umherirrenden den Weg zu zeigen. Sie wissen nicht, daß keiner mehr hört, keiner mehr kommt – alle sind tot.

      Interessant ist, daß Fontane Sir Robert Sale namentlich erwähnt. Er räumt ihm damit eine herausragende Stellung ein. Sale, der Verteidiger von Dschellalabad, soll ein guter Soldat gewesen sein, für den seine Leute durchs Feuer gingen, und umgekehrt. Sie nannten ihn »Fighting Bob«. Sale dürfte, militärisch gesehen, der fähigste britische Offizier in Afghanistan gewesen sein. Er wurde der Gegenspieler Akbar Khans, der letztendlich »gewann«. Akbar Khan drängte die Briten aus Afghanistan, aus Kabul, Kandahar, Ghasni und Dschellalabad.

      In zeitgenössischen Schriften heißt es: »Akbar Khahn (1816–1846) war ein großer junger Mann mit freundlichem Ausdruck und gefälligen Manieren. Mit vielen guten Wünschen hat er sich nach der Gesundheit der Gefangenen erkundigt. Er soll der Mörder von MacNaghten gewesen sein und die Niedermetzelung der Engländer geleitet haben.« Sie nannten ihn Sirdar – General. Im handschriftlichen Entwurf hat Fontane Akbar Khahn erwähnt. Es heißt dort: »Überfallen hat uns Akbar Khahn.« In der stehengebliebenen, beziehungsweise in der 1860 erstmals in der Literaturzeitschrift Argos veröffentlichten Ballade, hat Fontane unter anderem diese Zeile gestrichen. Warum?

      Zu spüren ist in der Ballade auch die Kälte des Todes, die Einsamkeit und Verlassenheit in einem Land fern der Heimat, die auch das so nahe warme Indien ist. Fein- und einfühlig schreibt er, als wäre er dabeigewesen. Die Traurigkeit ist zu fühlen, die ständige eigene Bedrohung, der bevorstehende Sturm der Afghanen auf Dschellalabad; wo
      Sale sich noch einige Zeit halten konnte.

      Wer je in Afghanistan gewesen ist, im heißen trockenen Sommer oder im bitterkalten zugeschneiten Winter, der kennt die grandiose Gebirgswelt, die so verhängnisvoll werden kann. Die jungen sowjetischen Soldaten, die als Besatzer in den achtziger Jahren in Afghanistan kämpfen mußten, können diese lebensbedrohende Angst in einem fremden Land, rau, wild und gefährlich, von unsichtbaren Gegnern beobachtet, die unverhofft zuschlagen können, wohl am ehesten nachfühlen.

      Den Sowjets ging's in Afghanistan nicht anders als den Briten, auch sie mußten sich 1989 zurückziehen. Einer kam als letzter heim aus Afghanistan. Der sowjetische General Boris Gromow ging am 15. Februar 1989 als letzter Besatzungssoldat bei Termes über die Brücke des afghanisch-sowjetischen Grenzflusses Amu Daria. Das ist heute auch
      schon Geschichte.

      Anfang des 19. Jahrhunderts geriet Afghanistan in den Sog der Weltmachtpolitik des Britischen Empires und des zaristischen Rußlands. Es war die Regierungszeit von Queen Viktoria I. und Zar Nikolaus. Den Zaren drängte es nach Indien, doch davor lag das strategisch wichtige Afghanistan. Ein geopolitisches Machtspiel bahnte sich an. Die Russen mußten vor Indien aufgehalten werden.

      Im Jahre 1839 marschierten die Briten, die »Rotröcke«, von Süden in Afghanistan ein. Nachdem sie Ghasni zerstört hatten, setzten sie sich in Kabul fest. Der Emir Dost Mohamed Khan, Akbar Khans Vater, wurde durch einen ihnen genehmeren Emir, Schah Schudscha ul-Mulk, ersetzt. Der erste Krieg (1839–1842), von drei anglo-afghanischen
      Kriegen, begann. Das »Great Game« war in vollem Gange.

      Wie auch immer: Die Afghanen machten im Herbst 1841 mächtig Druck, die britische Botschaft in Kabul ging in Flammen auf. Botschafter MacNaghten, sein bester Agent und Landeskenner Alexander Burnes und andere Briten verloren ihr Leben. Die Afghanen stürmten los, den Engländern blieb nur der Rückzug.

      Es folgte der Auszug aus Afghanistan. Am 6. Januar 1842 um 10 Uhr verließ die britische Garnison mehr Hals über Kopf Kabul ostwärts in Richtung Dschellalabad. Ein Zug von 14 500 Menschen, Camp-Followers, Troßknechte, Männer, Frauen und Kinder. Die zeitgenössischen Angaben schwanken zwischen 12 000 und 16 500, darunter 4 500 britisch-indische Soldaten unter Führung von Major Pottinger. Der Schnee lag einen Fuß hoch, die Temperatur bedenklich unter dem Gefrierpunkt, ist zu lesen.

      Freies Geleit war von afghanischer Seite zugesichert worden. General Sale warnte aus Dschellalabad, noch in Kabul auszuharren. Tage vorher war schon Schnee gefallen, er fiel noch, was dann zum ärgsten Feind des Rückzuges wurde. Dschellalabad, etwa 150 Kilometer von Kabul entfernt, war noch in britischer Hand. Zu Fuß, auf Pferden, Maultieren und Eseln und Ochsenkarren, quälten sich die Soldaten, Söldner, Frauen und Kinder durch Eis und Schnee. Von Hunger und Kälte geplagt, von Afghanen gejagt, zog sich der Troß immer weiter auseinander, wurden schwere Waffen zurückgelassen, der Treck wurde leicht angreifbar. Noch im Tal von Kabul wurden die ersten Briten von Afghanen gefangengenommen, darunter Lady Sale, die Frau von Sir Robert, dem Kommandanten von Dschellalabad. Sie und einige britische Offiziere überlebten das Massaker.

      In der Khurd-Kabul-Schlucht, nicht weit hinter Kabul, schlugen die Afghanen zu, unter ihrem Anführer Akbar Khahn. Es muß schrecklich gewesen sein, denn es gab aus der Schlucht kein Entkommen. Wer nach Dschellalabad wollte, kam nie dort an. Die gesamte Garnison wurde aufgerieben. Wer trotzdem aus der Schlucht entkam, wurde erbarmungslos verfolgt. Nur einer hat auch dieses Massaker verwundet überlebt: Surgeon-Major Dr. William Brydon, ein junger britischer Arzt. Er schleppte sich auf einem Pferd bis Dschellalabad. Nur einer kam heim aus Afghanistan.

      In Dschellalabad wartete man vergebens auf die Rückkehr. Die Ankunft Dr. Brydons (1811–1873) am 13. Januar 1842 brachte dann die traurige Gewißheit über die verheerende Niederlage. Es war die erste große Niederlage und damit Demütigung der britischen Weltmacht in ihrer Kolonialgeschichte. Das Desaster schlug in Kalkutta, dem Sitz der East India Compagny und in London wie eine Bombe ein. Wie ein Lauffeuer ging die Tragödie durch die Weltpresse. Das »Great Game« wurde für die Engländer erstmals zu einem »Trauerspiel«.

      Unfähigkeit und Unkenntnis der Entscheidungsträger, sowohl militärisch, politisch und diplomatisch, koloniale Überheblichkeit und Arroganz führten letztlich in diese Tragödie. Dazu der naive Glaube, ungeschoren aus Afghanistan herauszukommen.

      Das »Great Game« wird heute fortgesetzt, ein Spiel ums große Geld mit ganzen Völkern. Heute nennen sie sich »Global Players«. In Afghanistan ist Bürgerkrieg, von außen unterstützt, finanziert und gesteuert. Es geht um Handelsbeziehungen und die Erschließung riesiger Rohstoffvorkommen in den GUS-Staaten. Die Transportwege, inklusive Pipelines führen durch Afghanistan. Fontanes Ballade wird wohl weiter aktuell bleiben.
      Von Hans Werner Mohm

      Seit 10 jahren wird wieder Krieg geführt in Afghanistan. Und die Deutschen, die nach dem 2.WK "nie wieder Krieg" gebrüllt haben, haben das bereits wieder verdrängt und mischen dank der BRD-Regierung fleißig mit und verteidigen Deutschland am Hindukush ?( . Wenn heute die "Global Players" gewinnen sollten, dann ist es in meinen Augen nur möglich durch Bestechung und Verrätertum in den eigenen Reihen der Afghanen. Es war noch nie wesentlich anders. Nur heute sind die Mittel brutaler.

      Jo
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche

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    • Afghanistan-Umfrage der ARD
      Das Ansehen des Westens ist so schlecht wie nie

      Zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung stellen dem westlichen Engagement in ihrem Land ein negatives Zeugnis aus, mehr als ein Viertel befürwortet sogar Anschläge auf die NATO. Die Hoffnung auf eine Wende zum Besseren wurde in weiten Teilen des Landes enttäuscht; auch das Ansehen Deutschlands ist dramatisch gesunken. Das sind die Ergebnisse der neuen Afghanistan-Umfrage von ARD, ABC, BBC und "Washington Post".
      Von Arnd Henze, WDR

      Neun Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes hat das Ansehen des Westens in der afghanischen Bevölkerung ein Allzeittief erreicht. Nicht einmal mehr jeder dritte Afghane bewertet das Engagement von USA und NATO positiv, während zwei Drittel der Bevölkerung den Verbündeten ein negatives Zeugnis ausstellen. Besonders dramatisch ist der
      Sympathieverlust der Deutschen im Nordosten des Landes, dem Einsatzgebiet der Bundeswehr. Das sind die ernüchternden Botschaften der sechsten gemeinsamen Umfrage, die die ARD mit ihren Partnern ABC, BBC und "Washington Post" unter 1691 Afghaninnen und Afghanen durchgeführt hat.
      mehr hier: tagesschau.de/ausland/afghanistanumfrage190.html
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    • Ich habe es damals nach dem Einsatz gesagt und ich tue es wieder.
      Entweder man bleibt noch zehn Jahre länger mit der Unterstützung von Regierung und Bevölkerung als Hilfe,
      oder man sieht zu das man Land gewinnt. Afghanistan ist wie im Mittelalter als es noch autonome Dörfer, Raubritter etc. gab.

      Sehr schönes und auch passendes Gedicht Jo.

      Wobei die Tadschikischen Teile wohlgesonnener als die Paschtunen sind und vor allem die alten die Deutschen aus historischen Gründen schätzen,
      während dies bei der Jungend ganz anders aussieht. Könnte den ein oder anderen an etwas erinnern. ;)

      Liebe Grüße

      ABRAXAS
      Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
      - Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
    • Nie wieder Krieg

      Diese Grafik wurde von Käthr Kollwitz schon vor dem 2. WK geschaffen. Sie ist fast 100 Jahre alt, und?

      Nach dem 2. WK schwor das deutsche Volk undf deren "Politiker" NIE WIEDER KRIEG"









      Zweifel an Erfolg und Sinn des Einsatzes - Afghanistan konferenz in london

      Indes: Afghanistans Schicksal wird nicht auf Konferenzen entschieden. Vielleicht ist es gar Afghanistans Schicksal, dass es zu viele Konferenzen gab, die irrelevant waren für das Land. Wenn also an diesem Donnerstag in London die 43 Patronats-Mächte mit dem afghanischen Präsidenten einmal mehr Schicksalsfragen wälzen, dann wird diese Tradition erst einmal fortgesetzt.

      Das Treffen in London wurde einberufen, weil die Zweifel am Erfolg und gar am Sinn des Einsatzes in den 43 Truppen stellenden Nationen wachsen. Der öffentliche Rückhalt schwindet, und ohne die Unterstützung der Wähler kann keine Demokratie Krieg in einem fremden Land führen. Die Konferenz von London wurde daher vor allem von europäischen Nationen gewünscht, besonders von Deutschland und Großbritannien, weil dort der Unmut groß ist und Premierminister Gordon Brown Wahlen ins Haus stehen.
      Süddeutsche.de


      Brok bilanziert

      Zur Einstimmung auf die Afghanistan-Konferenz in London hat die Bundesregierung einmal mehr die hehren Ziele der deutschen Mission am Hindukusch beschworen: »Gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit,Menschenrechte, Sicherheit sowie wirtschaftliche und soziale Entwicklung« für das afghanische Volk. Da ist dann ein Massaker wie bei Kundus nur eine »Anekdote«, wie es der derzeitige NATO-Stabschef, ein deutscher General, genannt hat. Und um Klarheit über Sinn und Zweck des humanitären Einsatzes von
      »Nichtregierungsorganisationen« zu schaffen, ermahnte »Entwicklungshilfe«-Minister Dirk Niebel die zivilen Hilfswerke, enger mit dem Militär zu kooperieren – sonst müßten sie sich andere Geldgeber suchen als die deutsche Bundesregierung.

      Störend trat ein altgedienter CDU-Politiker auf, Elmar Brok, außenpolitischer Sprecher der konservativen Fraktion im Europäischen Parlament. »Wir sind an Afghanistan gescheitert«, sagte er der Presse. Die Regierung Karsai besitze keine Legitimität, die Sicherheitslage im Land sei katastrophal, die Drogenproduktion massiv angestiegen, die Bevölkerung erkenne als Ordnungsfaktor am ehesten die Taliban an. Der Westen müsse sich »von der Idee verabschieden, den Afghanen die Demokratie beibringen zu wollen«. Wenn der »kriegsähnliche« Feldzug nicht zu gewinnen sei, stelle sich die Frage nach dem Sinn des ganzen Unternehmens.

      Pazifistische Anwandlungen eines prominenten Christdemokraten? Nein. Aber Brok, langjähriger Manager der Firma Bertelsmann, versteht sich auf Kosten-Nutzen-Rechnungen. Er vergaß auch nicht zu erwähnen, daß es »die rot-grüne Bundesregierung war, die uns den Einsatz in Afghanistan eingebrockt hat«.
      Arno Klönne

      Nie wieder Krieg?
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    • Also was mir auffiel, ist, dass das Wort 'Revelation', das ja in alten Texten für 'Offenbarung' stand, nun mehr und mehr im Sinne von 'Enthüllung' gebraucht wird.
      Ob das 'ne Art Paradigmenwechsel ist?^^

      Gruss
      Die Menschen werden durch den Mythos, nicht durch Befehle, von Fabeln, nicht durch die Logik bewegt. Irwin Edelman
    • Ich hab mal versucht herauszufinden, welche Bedeutung dieses Wort hat (außer dass es für Offenbahrung steht) - leider nichts anderes, Aber wenn ich vom Französischen "reveiller" ausgehe, was aufwachen, wecken bedeutet (also als Verb) hätte es schon einen auch etwas anderen Sinn und wird vielleicht in diesem Sinn benutzt. Aber das ist nur eine Vermutung ;(

      Gruß Jo

      Edit: hab nochmal nachgeschaut in: etymonline.com/index.php?term=revelation
      demnach soll es von "reveal" kommen:etw.Akk. aufdecken | deckte auf, aufgedeckt | u.a. Bedeutungen:

      to reveal sth
      auffinden | fand auf, aufgefunden | aussagen | sagte aus, ausgesagt | deutlich machen | enthüllen | enthüllte, enthüllt | offenbaren | offenbarte, offenbart | preisgeben | gab preis, preisgegeben | verraten | verriet, verraten | zeigen | zeigte, gezeigt |

      Ein epistemologischer Paradigmenwechsel wird, nach dem Wissenschaftstheoretiker Thomas S. Kuhn, eine wissenschaftliche Revolution genannt.
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    • Die Angriffe auf die Bundeswehr in Afghanistan haben eine neue, gefährliche Qualität erreicht: Erstmals wurden am Freitag deutsche Soldaten im eigenen Lager angegriffen – genau an jenem Ort, den Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) noch am Donnerstag besucht hatte. Bei dem Anschlag wurden zwei deutsche Soldaten getötet, sieben weitere verwundet. Die getöteten Soldaten gehörten einer Einheit aus dem süddeutschen Raum an.

      Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes sind damit 47 Bundeswehrsoldaten am Hindukusch ums Leben gekommen, 29 von ihnen starben bei Anschlägen und Gefechten. Im Jahr 2009 war ein deutscher Soldat erstmals bei einem direkten Feuergefecht mit den Taliban gefallen. Einen Anschlag direkt in einem Camp der Bundeswehr gab es bisher noch nicht.

      Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zeigte sich erschüttert. Ein afghanischer Soldat habe „völlig überraschend aus kurzer Distanz“ aus einer Handfeuerwaffe auf die Bundeswehrangehörigen gefeuert. Sie waren mit Instandhaltungsarbeiten in dem Außenposten in der Provinz Baghlan beschäftigt. Der Schütze wurde bei dem nachfolgenden Gefecht getötet.

      Zunächst war von einem Gefallenen und acht Verletzten die Rede gewesen. Kurze Zeit nach dem Angriff erlag aber ein 30-jähriger Hauptfeldwebel seinen Verwundungen. Einige der drei Schwerverletzten befinden sich laut Bundeswehr immer noch in einem kritischen Zustand.
      Zwei deutscheSoldaten bei Angriff auf Lager getötet+

      Es ist schon traurig, da halten sich Medien stundenkang darüber auf, ob H.v. Guttenberg nun Plagiat betrieben hat oder nicht und für dieses o.a. Ereignis opfern sie noch ncht einmal eine Minute. Ein bißchen Verlust ist ja immer, das muß schließlich bei der Verteidigung der BRD am Hindukush hingenommen werden.

      Jo
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    • medienwirksame berichterstattung

      tja - es (das dilemma in afghanistan) dauert eben schon zu lange - mit einem plagiatsvorwurf lassen sich ganze doppelseiten in zeitschriften füllen und gut verkaufen

      interessant finde ich eure gedanken um das wort "to reveal" -

      real im sinne von "wirklichkeit" offenbaren und tatsachen deutlich machen ... enthüllen also

      Jo schrieb:

      to reveal sth
      auffinden | fand auf, aufgefunden | aussagen | sagte aus, ausgesagt | deutlich machen | enthüllen | enthüllte, enthüllt | offenbaren | offenbarte, offenbart | preisgeben | gab preis, preisgegeben | verraten | verriet, verraten | zeigen | zeigte, gezeigt
      danke, lightdrop für deinen philosophischen einwand, der mich hier wieder dazu gebracht hat über den unterschied zwischen wahrheit und wirklichkeit nachzudenken :whistling:
      Dateien
      • real.png

        (193,56 kB, 4 mal heruntergeladen, zuletzt: )
      "In der Natur sind Schwarze Löcher kaum zu finden. Nur in unseren Köpfen wimmelt es davon"
      Zitat: George Greenstein
    • Jo schrieb:

      Erstmals wurden am Freitag deutsche Soldaten im eigenen Lager angegriffen [...]

      Der wesentliche Punkt bei diesem Angriff ist weniger das wo, sondern das wer.

      Abraxas schrieb:

      Entweder man bleibt noch zehn Jahre länger mit der Unterstützung von Regierung und Bevölkerung als Hilfe,
      oder man sieht zu das man Land gewinnt. Afghanistan ist wie im Mittelalter als es noch autonome Dörfer, Raubritter etc. gab.

      Wenn man da unten noch zehn Jahre bleibt, dann muss sich massiv was ändern: Das sich dort in der breiten Gesellschaft die Lebensqualität deutlich spürbar verbessert und das dies für die breite Gesellschaft deutlich erkennbar mit der Anwesenheit der deutschen Soldaten zusammenhängt und auch so erkannt wird. Alles muss erfült sein und solange das nicht so ist, arbeitet die Zeit gegen die Soldaten. Nur so ist da unten mit weiteren zehn Jahren was zu gewinnen. Sonst nicht und entäuschte Hoffnungen und Erwartungen sind gefährlich. Es muss schnell und breit geschehen, was im Angesicht der dort herrschenden Strukturen ein große Risiko ist.

      Mir kommt da dieses kurze Interview mit einem Afghanen in den Sinn. Tenor: Ob Bundeswehr oder Taliban ist doch untern Strich egal.

      Gruß
      "Wir sind alle Sternenstaub, daher teilen wir alle dieselben Vorfahren, wir sind die Sterne. Und wir sind die Brüder der wilden Tiere und die Lilien auf dem Felde sind unsere Vettern." Trinh Xuan Thuan
    • Phasenverschobener schrieb:

      Der wesentliche Punkt bei diesem Angriff ist weniger das wo, sondern das wer.

      Ja, das kommt erschwerend hinzu, steht aber auch im Artikel drinne:

      Nach Angaben des Befehlshabers des Einsatzführungskommados, General Rainer Glatz, gehörte der Afghane zum 209. Korps der afghanischen Armee ANA. Die deutschen Soldaten leben im Rahmen des sogenannten Partnering mit den ANA-Soldaten zusammen und bilden diese aus. Über die Hintergründe der Tat lägen noch keine Erkenntnisse vor, sagte Glatz.


      In diesem Zusammenhang finde ich auch das Video Atlantik-Brücke: Helmut Schmidt und Karl-Theodor zu Guttenberg sehr interessant und aufschlussreich.

      Jo
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    • Tödliche Mission

      Tote bei Anschlägen und Gefechten, Ausrüstungsmängel:
      Bundeswehr-Soldaten befinden sich am Hindukusch in einem lebensgefährlichen Einsatz. Viele kommen traumatisiert zurück. Der Druck auf die Regierung nach einer baldigen Abzugsperspektive steigt. - Jedoch Herr von Guttenberg ist nicht der Meinung, wie aus dem Abstimmungsgespräch im Januar hervorgeht.
      Verlängerung des Afghanistan-Mandats - zur Sitzungswoche in Berlin

      Ist die Ausbildungsmission der Bundeswehr am Hindukush zu riskant? nach den Todes schüssen eines afghanischen Rekruten auf deutsche Einstzkräfte zweifeln viele Soldaten am Konzept des Partnernerrings.
      weiterlesen hier

      Kunduz - Bei einem Selbstmordanschlag in der nordafghanischen Provinz Kunduz sind Dutzende Menschen getötet und verletzt worden. Der Anschlag ereignete sich in Imam Saheb nördlich der Provinzhauptstadt Kunduz, wo die Bundeswehr ein Feldlager mit rund 1400 Soldaten betreibt.
      Viele Tote bei Selbstmordanschlag nahe Kunduz
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      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Jo ()

    • Jo schrieb:

      In diesem Zusammenhang finde ich auch das Video Atlantik-Brücke: Helmut Schmidt und Karl-Theodor zu Guttenberg sehr interessant und aufschlussreich.

      Ja, durchaus. Schmidt lenkt die Debatte mir allerdings zu sehr ins Allgemeine. In einem wird er jedoch Recht behalten: Alexander der Große war der klügste Feldherr in Afghanistan.

      Gruß
      "Wir sind alle Sternenstaub, daher teilen wir alle dieselben Vorfahren, wir sind die Sterne. Und wir sind die Brüder der wilden Tiere und die Lilien auf dem Felde sind unsere Vettern." Trinh Xuan Thuan
    • Alexander der Große war ohne Frage mit einer der größten Feldherren aller Zeiten. Jedoch muß dabei auch berücksichtigt werden, dass es ein "Land Afghanistan" in der Form zu diesem Zeitpunkt so ca. 2300 Jahre vor unserer Zeitrechnung nicht gegeben hat. Afghanistan wurde 1747 durch Ahmad Schah Durrani 1747 als ein selbstständiges Königreich gegründet.
      Afghanistan hatte schon immer mein besonderes Interesse, da ich mich mal u.a.(ist schon länger her :) ) als Entwicklungshelfer dahin beworben habe. Man hat mir aber damals schon davon abgeraten.

      Gruß Jo
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
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      Friedrich Nietzsche
    • Man kann einen Krieg in Afghanistan nicht gewinnen

      Peter Scholl-Latour macht auf eine m?gliche Weltkrise aufmerksam: Russland im Zangengriff
      von Volkmar Schlutter / 24.02.2011

      Der Journalist und Weltenkenner Peter Scholl-Latour ist unbestritten ein Phänomen. Innerhalb kürzester Zeit schreibt er ein Buch. Nach seiner letzte Reise im August 2006 durch Asien, vornehmlich Russland, China und Afghanistan, legt er nur 3 Monate später im November 440 druckfrische Seiten vor. "I ch gestehe, ich bin fleißig und ich schreibe nicht ungern" Das scheint eines seiner Erfolgsgeheimnisse zu sein.

      Peter Scholl-Latour macht sich Sorgen um Deutschland und Sorgen um Europa, dies sagt er ganz unverblümt. Denn Russland wird von China und Europa gewaltig bedrängt: Russland im Zangengriff! Das bedeutet einen neuen Kalten Krieg. Wie immer spricht der Politikexperte eine sehr deutliche Sprache. Ja, wir sind wieder mitten drin im Kalten Krieg: Erdöl ist Macht und das Gold der Erde gilt es zu verteidigen, denn es wird immer rarer. So besteht im Interesse der Staatsräson die Gefahr, dass sich die großen Industrienationen, so auch Amerika, wieder, wie einst im letzten Jahrhundert, tot rüsten.

      Seit langem brodeln in Asien mehrere Kriegsherde. Dabei ist Scholl-Latours tiefe Überzeugung, einen Krieg in Afghanistan kann man nicht gewinnen. Das würde daran liegen, wie Macht in Afghanistan funktioniert. Denn nicht die gewählte Regierung hat das Sagen, sondern die Drogenbarone. Diese wohnen in großen, aber geschmacklosen Villen, die man bei einer Reise, durch das sonst arme Land, sehen kann. Die Russen mussten auch den Krieg in Afghanistan verlieren, weil sie unter anderem die Kampfart im Gebirge nicht beherrscht haben. Scholl-Latour ist, hinsichtlich einer afghanischen Beteiligung am Internationalen Terrorismus, fest überrzeugt, dass der 11. September nicht in den Höhlen Afghanistans geplant wurde. "Das ist dort gar nicht möglich. Die haben dort nicht mal Flugpläne. Eher ist so was von Saudi-Arabien aus möglich."

      Mehr und mehr Staaten nehmen sich das jetzt so erfolgreiche chinesische Modell zum Vorbild, beklagen aber gleichzeitig die Demokratie- und Umweltdefizite. Aber, würde es in China eine deutsche Demokratie geben, wo man zum Beispiel monatelang über die Gesundheitsreform diskutiert, wäre China nicht da, wo es jetzt ist, auf dem Eroberungsfeldzug, sondern am Abgrund. "Unsere Hinterbänkler vom deutschen Parlament kommen nach China und wollen 1,3 Milliarden Menschen beibringen wie sie zu leben haben", moniert der weltverständige Scholl-Latour. Und er klärt uns auf: Der Erfolg Chinas begründet sich auf die ganz eigene Mentalität der Chinesen. "Die Chinesen machen es nicht aggressiv, sondern eher schleichend. Mit dem Vortäuschen eigener Schwäche versuchen sie den Gegner kirre zu machen. Sie unterstapeln! Eine neue Expansion ist im Gange, aber auf die weiche Art. Das gute alte Schweizer Offiziersmesser wird nicht mehr, wie es sich gehören sollte, in der guten Schweiz, sondern in China produziert." Und Scholl-Latour setzt noch eins drauf: "Wenn ich durch Paris gehe, sehe ich mehr Chinesen als Franzosen." Will er doch, mit etwas Polemik, Veränderungen und Trends deutlich machen.

      Aber was wird aus Russland? Scholl-Latour analysiert und weist auf eine bevorstehende bedrohliche Entwicklung hin. "Die Russen haben sich in einen Krieg mit den Tschetschenen verrannt. Und die sind ein hartes Volk, eines der härtesten Völker der Welt, die ich kenne. Und es ist anzunehmen, dass sich die Russen die Zähne an ihnen ausbeißen." Im Osten stehen die nun so erfolgreichen Chinesen und im Westen die Nato . Die tagte jetzt sogar in Riga, was eine große Provokation ist. Eine unnötige, denn so wird die weltpolitische Lage, die durch den internationalen Terrorismus sehr angespannt ist, nicht einfacher. "Momentan sind die Nato-Strategen völlig verrückt geworden: Sie wollen auch die Ukraine mit in die Nato haben. Auch das ist eine Provokation für die Russen. Anderseits wäre es auch keine Lösung, wenn die Russen in die Nato kommen." Das sollten sie auf keinen Fall tun, davon ist der Weltenkenner Scholl-Latour überzeugt.

      Eine etwaige Zusammenlegung der deutschen und französischen Militärkäfte kommt für ihn nicht mehr in Frage. Das Europa der 27 ist sowieso nicht aktionsfähig. Die Polen haben Angst vor den Russen und den Deutschen. Das klingt übertrieben, aber die Politik der Zwillinge hatte das bestätigt. Dieser Scholl-Latour mit seinen scharfsinnigen Analysen ist tatsächlich ein Phänomen: "Wir sind 80 Millionen Deutsche, brauchen doch nicht vor 145 Millionen Russen Angst zu haben. Entweder kommen wir zum Karolingischen Kern zurück, als es die starken Präsidentenpaare gegeben hatte, denn das hatte funktioniert: Adenauer mit de Gaulle, Schmidt und Giscard d' Estang, aber auch mit dem sehr ungleichen Paar Kohl / Mitterand, sowie mit Schröder und Chirac. Jetzt aber ist eine Entfremdung zwischen Deutschland und Frankreich eingetreten. Die Amerikaner sind für uns auch keine Garantie mehr, denn die können ein sehr wankelmütiger Verbündeter sein.

      Seinen weltpolitischen Analysen sind immer kritisch: "Wir sind in einer grotesken Situation. Selbst heute wird noch im Irak nach dem Freitagsgebet enthauptet. Aber, so fragt er weiter, leben wir denn nicht in einer verrückten Welt:
      ein von Hagens macht aus Leichen Kunstwerke und keiner sagt etwas; Wir werfen den Amerikanern vor, den Terrorismus zu schüren und begehen die gleichen Fehler.

      Das Unicum Scholl-Latour wird uns hoffentlich noch einige Jahre die Welt auf seine ganz spezielle Weise erklären. Daraus Lernen kann man zumindest immer etwas.
      Propyläen Verlag Berlin, 2006, 425 Seiten, 24.90 ?

      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • Zwei Prozent der Afghanistan-Soldaten traumatisiert

      Von den in Afghanistan eingesetzten Bundeswehrsoldaten kehren zwei Prozent mit psychischen Problemen nach Hause zurück. Das entspricht etwa 300 Soldaten pro Jahr, erklärten Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden bei der Vorstellung ihrer Studie. Die Teilnehmer der Afghanistan-Mission haben damit ein sechs- bis zehnfach höheres Erkrankungsrisiko als ihre Kameraden ohne Auslandserfahrung.

      Todesfälle in den eigenen Reihen sind eine der größten Belastungen für die deutschen ISAF-Soldaten. Dazu kommen Kämpfe, Verletzungen, aber auch die Isolation im fremden Land.

      Wenige Betroffene, aber hohe Dunkeziffer

      Die Wissenschaftler untersuchten im Rahmen ihres Forschungsprogramms zu den Folgen von Auslandseinsätzen 10.000 ISAF-Soldaten, die 2009 an den Hindukusch entsandt worden waren. Zwar berichtete über die Hälfte von traumatischen Erlebnissen bei den Auslandseinsätzen, aber nur ein Bruchteil von ihnen erlitt eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Dabei kann es sich um Angstzustände, Depressionen, Panikattacken oder auch körperliche Schmerzen handeln. Ein Problem sehen die
      Wissenschaftler darin, dass nur jeder zweite Betroffene nach seiner Rückkehr professionelle Hilfe in Anspruch genommen hat, um seine Probleme zu bewältigen. Die Forscher gehen deshalb von einer hohen Dunkelziffer aus.

      Psychologische Studie der Uni Dresden
      "Nehmt Eure Sprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden."
      "Es wurde bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit verboten."

      Friedrich Nietzsche
    • LightDrop schrieb:

      Also was mir auffiel, ist, dass das Wort 'Revelation', das ja in alten Texten für 'Offenbarung' stand, nun mehr und mehr im Sinne von 'Enthüllung' gebraucht wird.
      Ob das 'ne Art Paradigmenwechsel ist?^^


      Ent-hüllung und Offen-barung kann man doch ziemlich synonym verwenden. Es stammt aus dem Lateinischen:
      revēlāre, revēlō, revēlāvī, revēlātum - enthüllen, offenbaren, aufdecken
      Französisch: révéler
      Englisch to reveal
      Italienisch rivelare
      Spanisch revelar
      Wo wir sind, da ist immer auch Ägypten.
      ~☤~