Kindbcttfieber- die ausgestorbene Krankheit?

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    • Kindbcttfieber- die ausgestorbene Krankheit?

      Meine Tochter kam eines Tages aus der Schule nach Hause und erzählte mir, ihre Lehrerin hätte im Unterricht erzählt, Kindbettfieber wäre eine Krankheit, die es heutzutage nicht mehr gibt, die wäre ausgestorben und hätte es nur früher gegeben, weil es da so unhygienisch war in den Krankenhäusern, weil die Ärzte nichts von Seife und Hände waschen wussten, und gleichzeitig mit den Toten und den Lebenden arbeiteten.
      Ich persönlich hatte noch nie von dieser Krankheit gehört- bis ich sie selbst hatte.


      KINDBETTFIEBER 2007

      Finn-Loris wurde am 8. Mai
      2007 in einem Krankenhaus geboren. Die Geburt verlief leider nicht so gut, dass
      ich die geplante Hausgeburt durchführen hätte können.

      Seine Herztöne waren
      schwach, ich musste geschnitten werden, eine Saugglocke kam zum Einsatz, ich
      wurde genäht und fuhr drei Stunden nach der Geburt mit meinem Mann und unserem
      Kind nach Hause.

      Die ersten vier Tage mit
      unserem Neugeborenen verliefen ganz normal, erst am fünften Tag spürte ich,
      dass irgendetwas nicht stimmte. Ich hatte leichtes Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen im Unterbauch,
      wollte nicht mehr stillen weil es fürchterlich weh tat, die gerufene Hebamme
      meinte, es wären vielleicht psychische Probleme, sie machte mir Mut und fuhr
      wieder nach Hause.

      Kaum war sie weg wurden die
      Schmerzen unerträglich, aber ich biss die Zähne zusammen, immerhin war das mein
      drittes Kind und ich wollte nicht wehleidig erscheinen.

      Mein Mann war an diesem
      Nachmittag nicht zu Hause, ich saß neben meinem Sohn auf dem Sofa, weinte und
      schrie vor Schmerzen, konnte mich innerhalb kürzester Zeit nicht mehr bewegen
      und daher auch den Kleinen nicht zu mir nehmen, als er zu schreien begann.

      Ich rief dann bei meiner
      Mutter an und informierte sie, dass irgendetwas mit mir nicht stimme und bat
      sie darum, die Hausärztin anzurufen, da ich das Telefonbuch nicht mehr
      erreichen konnte.

      Wenig später ging alles ganz
      schnell, meine dreizehnjährige Tochter kam von der Schule nach Hause und fand
      mich und meinen Sohn schreiend im Wohnzimmer, sie hatte danach einen
      Schock- die Hausärztin kam, hatte aber
      keine Tasche dabei, sie rief den Notarzt, meine Tochter ging währenddessen zu
      meiner Nachbarin die sie tröstete.

      Meine Mutter kam und kümmerte sich um mein Baby und zwanzig Minuten später traf der Notarztwagen
      ein, das Wohnzimmer wurde ausgeräumt, eine Trage herein gebracht und ich wurde
      in den Wagen getragen, bereits halb weggetreten.

      Ich spürte Stiche in den
      Arm, wurde erstversorgt und dann ins 14 Kilometer entfernte Krankenhaus
      gebracht.

      Es folgte die Aufnahme in der gynäkologischen Abteilung… und dann war da so vieles…
      Ich muss geschrieen haben erzählte meine Mutter die draußen wartete, ich wurde
      untersucht und hatte höllische Schmerzen, viele, viele Infusionen und Stiche in
      die Arme, dann hörte ich eine Ärztin immer wieder sagen: „Können sie mich
      hören? Hallo? Hören sie mich?“ ich konnte, aber ich hatte keine Kraft mehr,
      Antwort zu geben, war völlig ausgetrocknet.
      Dann sah ich plötzlich Gesichter und Fratzen, der Raum dehnte sich aus und
      alles um mich herum wurde weiß, dann zog sich der Raum zusammen und mir wurde
      schwarz vor Augen, ich dachte: “Werde ich jetzt sterben?“ Ich bekam Angst-
      wollte nicht sterben, drehte mich bewusst in Gedanken um und ging zurück, dachte
      ich muss doch für meine Kinder noch da bleiben, bin noch nicht fertig.
      Dann öffnete ich die Augen und sah meinen Mann weinend neben dem Bett stehen. Ich
      sagte „Du brauchst doch nicht weinen“ und fragte ihn wo Finn-Loris jetzt ist?
      Dann wieder der gedehnte Raum, irgendwer sprach von kollabieren und Blutsturz
      und ich wurde wieder gestochen, sie fanden keine brauchbaren Venen mehr…
      Es folgte die Computertomographie, ich wurde auf eine Schiene gehoben, wieder
      höllische Schmerzen, dann Lungenröntgen, da war ich wieder halbwegs bei
      Bewusstsein.
      Danach kam ich auf die Überwachungsstation, drei Flaschen über meinem Bett,
      Sauerstoffschlauch in der Nase, völlig ausgetrocknet und erschöpft,
      verschwitzt… alle viertel Stunden pumpte sich der Blutdruckmesser automatisch
      auf, Herztöne wurden angezeigt, ein Arzt legte einen Zentral-Katheder, dann
      noch einen Katheder für den Harn.
      Eine Nacht lang lag ich in der Überwachungsstation, voll gepumpt mit Antibiotikum,
      Schmerzmittel, Magenmittel, mein Mann die ganze Zeit neben mir, und ich war
      verzweifelt weil ich nicht zu meinem
      Sohn konnte, nicht sehen konnte, wer sich um ihn kümmerte, ob er gut behandelt
      wurde. Er wurde zwischenzeitlich auf die
      Geburtenstation gebracht.

      Erst als mein Mann ging um nach ihm zu sehen, und mir hinterher versicherte,
      dass es ihm gut gehe und die Schwestern sich gut um ihn kümmerten, konnte ich mich
      entspannen und schlief erschöpft ein.

      Am Morgen danach bekam ich
      alle Zugänge die am Vortag gelegt wurden wieder raus, auch den Katheder für den
      Harn, nur der Zentralkatheder blieb drin bis zum Schluss.

      In Begleitung einer
      Schwester durfte ich duschen gehen. Mit wackeligen Beinen ging ich am Arm der
      Schwester in den Duschraum und genoss
      das heiße Wasser auf meiner Haut.

      Dann wurde ich in die Geburtenstation
      gebracht, in das Gemeinschaftszimmer der Frauen die frisch entbunden hatten.
      Auch mein Mann war da und wir warteten auf die Schwester die unser Kind bringen
      würde.

      Als Finn-Loris dann ins Zimmer gebracht wurde weinten wir beide und ich drückte den Kleinen an mich und
      streichelte ihn schluchzend.

      Uns war klar, dass wir alle Glück hatten.
      Die anderen Frauen im Krankenzimmer wussten nicht recht, was da los ist…
      Der Oberarzt erklärte mir immer wieder eindringlich, dass es SEHR knapp gewesen sei und ich beinahe dran gestorben wäre, ich solle mich schonen, auch wenn ich mich jetzt wegen dem Antibiotikum gut fühle.

      Danach folgten zehn Tage Antibiotikum-Therapie, täglich mehrere Flaschen
      Vibramycin, Ringerlösung, Metronidazol Sandoz vibravenös, dazu schleimlösende
      Tabletten, Magenmittel, Blutbildkontrollen, und so weiter…
      Meine Entzündungswerte lagen bei 18, ein gesunder Mensch hat Werte von

      0- 0,5 !!
      Hätten die Antibiotika nicht gewirkt, hätte die Gebärmutter entfernt werden
      müssen.
      Glücklicherweise schlug alles gut an.



      Als ich zum ersten Mal in
      Begleitung meines Mannes duschen ging, schämte ich mich plötzlich für meinen
      geschundenen Körper. Der Bauch hing in Falten, die zerstochenen Arme blau
      gefleckt, das Gesicht gerötet vom vielen weinen, kraftlos und käsebleich,
      erschrak ich selber, als ich in den Spiegel blickte.

      Vier Wochen später heiratete
      ich den besten Mann der Welt auf einer Burgruine in der Steiermark.

      Finn-Loris ist heute ein
      gesunder, aufgeweckter kleiner Mann und ich bin wieder in meiner Kraft. Das ist
      alles was zählt.


      Sonja Raab

      Kurz nach der Geburt:
      [IMG:http://img.over-blog.com/500x375/2/35/35/22/weihnachten/weihnachten-0004.JPG]


      Das Kindbettfieber überstanden:
      [IMG:http://img.over-blog.com/448x336/2/35/35/22/Tierpark-09/Tierpark-09-0035.JPG]