Raus aus der Lebensmittelfalle
Ein explosives Bevölkerungswachstum, Bodenerosion, ertragsarme Anbaumethoden und Zyklone führen dazu, dass der ehemalige Reisexporteur Madagaskar jährlich bis zu 300 000 Tonnen aus Asien einführen muss. Doch die Regierung hat ehrgeizige Pläne. Mit einer "grünen Revolution" will die Tropeninsel Hunger und Elend bekämpfen. Der "Madagaskar Action Plan" gibt als Ziel bis 2012 eine Verdoppelung der Reisproduktion vor.
Präsident Marc Ravalomanana hat erkannt, dass sein Land wie viele afrikanische Staaten in einer Nahrungsmittelfalle sitzt. "Wir sind auf den Weltmarkt angewiesen, um unsere Leute zu ernähren", sagt Ravalomanana. Wenn dann die Preise für Reis global in die Höhe schnellen, "zwingt das noch mehr Menschen in unserem Land in absolute Armut."
Um das zu ändern, setzt Ravalomanana, der sich zahlreiche ausländische Berater in den Palast geholt hat und das Wirtschaftssystem seit 2001 nach Weltbank-Rezepten liberalisiert, ausgerechnet auf ein Konzept made in Madagaskar - und nicht auf die Rezepte von Agrokonzernen.
Mit SRI - System of Rice Intensification - will Ravalomanana die Produktion der Farmer steigern. Eine Methode, die der Jesuit Henri de Laulanie bereits in den frühen 1980er Jahren auf Madagaskar in Feldversuchen entwickelte. "Weniger ist mehr", beobachtete der Priester und riet den Bauern, nur ein Zehntel der üblichen Menge Reis in Anzuchtbeeten auszusäen. Schon nach acht bis zwölf Tagen sollten die Farmer Schösslinge auf das Feld aussetzen - nicht in ganzen Büscheln, sondern einzeln. Statt die Reisfelder zu fluten, müsse der Boden nur feucht gehalten und mit organischem Dünger versorgt werden. Unkraut sollten die Farmer mit Hand oder Hacke jäten, was die Belüftung des Bodens fördere und Wachstum der Pflanzen anrege.
Mit SRI, so die Erfahrungen von Pater Laulanie, lässt sich der Ertrag pro Hektar um 50 bis 100 Prozent steigern - ohne Hybridsaatgut, ohne chemische Unkrautvernichter und Kunstdünger.
Da wundert es nicht, dass die alternative Anbaumethode bei Agrokonzernen und ihren Lobbyisten gar nicht gut wegkommt. "Weil das Dogma, dass mehr Input auch mehr Output bringt, auf den Kopf gestellt wird", sagt Georg Deichert, Landwirtschaftsexperte der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). "Da wird mit Milliarden-Budgets daran geforscht, die Reis-Produktion zu steigern, und dann gibt es da eine Methode, die fast nichts kostet."
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Wie jede Methode ist auch diese nicht umstritten. Kritiker merken an, dass die versprochenen höheren Ernteerträge nur mit genügend hohem Einsatz von organischem Dünger und durch intensiven Arbeitseinsatz zu erreichen wäre. Somit würden die Bauern nicht so große Flächen bearbeiten können..... Der Reisforscher Achim Dobermann sieht dies in seinem Artikel als entscheidenden Nachteil.
Natürlich gilt zu prüfen, wie das Verhältnis von aufzuwendender Arbeit zu Ertrag steht, doch einen höheren Ertrag auf kleinerer Fläche durch natürlicheren Anbau zu erzielen, löst durchaus Probleme. Die bereits bestehende Anbaufläche würde einer größeren Anzahl Menschen zu Arbeit und Nahrung verhelfen, die Umwelt würde entlastet, da keine so intensive Bewässerung nötig wäre. Dies würde vermutlich auch einen Rüchgang der Malaria bewirken. Ich fand dazu folgendes Beispiel aus Italien:
"Da die Ausdehnung der Nassreisfelder nach 1700 aber mit einer verheerenden Verbreitung der Malaria einherging, wurde der Reisanbau in Stadtnähe im 18. Jahrhundert einer rigorosen, flächenmässigen Beschränkung unterworfen."
Diese oben beschriebene Form des Reisanbaus erfordert aber kein stehendes Wasser, sondern nur feuchten Boden
Die Rückkehr zu gesundem Saatgut, die persönliche Sorge für die Felder, die natürliche Düngung könnten wegweisend für viele Länder sein, die sich bereits in die Hände der industriellen Landwirtschaft begeben haben. Kein Wunder, das solche Möglichkeiten gleich wieder totgeredet werden, da sie der Düngemittelindustrie und den Saatgutkonzernen, die ihre gentechnisch veränderten Sorten verbreiten wollen zuwider laufen!
Larah