SPD-Politikerin zur Studiengebühren-Untersuchung "Die Studie durfte nicht nach außen dringen"
Dienstag, 21. Oktober 2008 11:02
Eine Untersuchung wonach Tausende Menschen durch Gebühren vom Studium abgehalten werden, sorgt für Ärger in der Koalition - vor allem, weil Bundesbildungsministerin Annette Schavan sie unter Verschluss hält. Die SPD-Politikerin Ulla Burchardt vermutet Absicht: Die Union wolle die Ergebnisse nicht beim Bildungsgipfel diskutieren, so Burchardt zu tagesschau.de.
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/11/0,3672,7393003,00.htmlArmut in Deutschland besonders stark gestiegen
Studie: Armutsquote liegt knapp über OECD-Durchschnitt
Armut und Ungleichheit der Einkommen haben nach einer OECD-Studie in Deutschland stärker zugenommen als in anderen Industriestaaten. Unterhalb der Armutsschwelle lebten bis zu elf Prozent der Bevölkerung. Auch Kinderarmut ist hier am stärksten gewachsen.
"Trotz anhaltender staatlicher Umverteilung durch Steuern und Transfers erhöhte sich die Kluft zwischen Reich und Arm", hieß es in der am Dienstag in Berlin vorgestellten Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Der Anstieg zwischen 2000 und 2005 habe dabei die Zunahme in den gesamten vorherigen 15 Jahren übertroffen. Die Armutsquote liege inzwischen knapp über dem OECD-Durchschnitt, während sie Anfang der 90er Jahre um ein Viertel niedriger ausgefallen sei.
Hauptgrund für Armut ist Arbeitslosigkeit
Hauptgrund für die wachsende Ungleichheit sei Arbeitslosigkeit. Der Anteil der Haushalte ohne jedes Erwerbseinkommen sei bis 2005 auf rund ein Fünftel gestiegen, wobei Rentnerhaushalte nicht mitgezählt werden. Das ist der höchste Wert innerhalb der OECD, der 30 Industrieländer angehören. Stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme wie die Hartz-Reformen wiesen daher in die richtige Richtung, sagte OECD-Experte Michael Förster.
Auch die Spreizung der Löhne und Gehälter nahm der Studie zufolge von 1995 bis 2005 "drastisch zu". "Vor allem bei den Männern sind die hohen Einkommen deutlich schneller gewachsen als die niederen", hieß es. Der Trend zu einer ungleichen Verteilung der Einkommen sei aber im vergangenen Jahr zu einem vorläufigen Ende gekommen. Soziale Transfers und Einkommensteuern verringerten die Einkommensungleichheit um ein Drittel und die Armut um die Hälfte. Das entspreche genau dem OECD-Schnitt.
Vermögen noch ungleicher verteilt
Noch ungleicher verteilt sind die Vermögen. Die obersten zehn Prozent besitzen etwa die Hälfte des Gesamtvermögens - die einkommensstärksten zehn Prozent erzielen dagegen nur etwas mehr als ein Viertel des Gesamteinkommens. Deutlich zugenommen hat den Angaben nach die Kinderarmut. 1985 lebten noch sieben Prozent der Kinder in einem Haushalt, der weniger als die Hälfte des deutschen Durchschnittseinkommens bezog. 2005 seien es bereits 16 Prozent gewesen. Bei Kindern von Alleinerziehenden weise Deutschland nach Japan, Irland, den USA, Kanada und Polen die höchste Armutsquote auf. Dagegen blieb die Armutsrate älterer Menschen stabil bei rund neun Prozent, während sie im OECD-Durchschnitt 13 Prozent beträgt.
Langzeitarmut ist der OECD zufolge dagegen ein Phänomen, das in Deutschland seltener als anderswo auftritt. Etwa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, gelten also über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren als arm. Nur in Dänemark und den Niederlanden sei der Anteil noch geringer, der OECD-Schnitt liege doppelt so hoch. Auch materielle Entbehrungen seien in Deutschland seltener als in vielen anderen Ländern. Etwa acht Prozent der Bevölkerung müssten deutliche Abstriche am Lebensstandard machen - im OECD-Schnitt seien es zwölf Prozent.