Guntram
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Die Eltern des am 9. März 1943 in den USA geborenen Schachgenies Robert J. Fischer (genannt Bobby) waren der Deutsche Gerhard Fischer und seiner jüdischstämmigen Frau Regina (1913 - 1997), die als Krankenschwester arbeitete. Zu diesem Zeitpunkt besaß Vater Gerhardt noch die deutsche Staatsbürgerschaft. Später wanderte er nach Chile aus und betrieb dort einen Großhandel mit Elektrogeräten. Sohn Robert wuchs in ärmlichen Verhältnissen bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Mit sechs bekam er sein erstes Schachbrett, mit 14 wurde er jüngster amerikanischer Meister. Ein Jahr später brach der weit überdurchschnittlich begabte Junge die Schule ab; ihm wurde ein Intelligenzquotient von 184 attestiert.
1982 veröffentlichte er im Selbstverlag eine Broschüre I was tortured in the Pasadena jailhouse! (dt. Wie ich im Gefängnis von Pasadena gefoltert wurde), in der er von den Folterungen durch US-Polizisten berichtete, die ihn aufgrund einer Verwechslung mit einem Bankräuber für einige Tage ins Gefängnis warfen.
Fischer war unbestritten ein genialer, vielumjubelter Schachspieler, seine antijüdischen Äußerungen dagegen verschwieg man möglichst oder tat sie als Zeugnisse seines Querulantentums ab. Er fühlte sich nicht als Jude, beantragte erfolglos die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Internet und in Radiointerviews verbreitete er antijüdische Thesen, welche als Hetztiraden bezeichnet wurden, auch nannte er den sog. Holocaust ein jüdisches Märchen.
Als er feststellte, dass er in einem Personenartikel in der Encyclopaedia Judaica aufgeführt, also vom internationalen Judentum als jüdisches Genie vereinnahmt werden sollte, protestierte er mit einem vom 28. Juni 1984 datierten Brief energisch dagegen. Die Herausgeber sagten ihm daraufhin am 24. September zu, den Artikel aus späteren Auflagen zu tilgen.
Nach den umstrittenen sog. Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center äußerte sich Fischer noch am selben Tag in einem Radiointerview in Tokio positiv über den Akt. Wörtlich sagte er: Das sind wundervolle Neuigkeiten und Scheiß' auf die USA (orig. Fuck the US). Seine US-Staatsbürgerschaft hatte er innerlich längst aufgegeben.
Wegen der Teilnahme an einem von den USA unerlaubten Schach-Turnier (WM-Revanche in Sveti Stefan und Belgrad) drohten dem Weltmeister bis zu zehn Jahren Haft und eine Geldstrafe bis zu 250.000 Dollar. Jahrelang wurde er vom FBI mit internationalem Haftbefehl gejagt. Fischer kehrte nicht in die USA zurück, sondern hielt sich zeitweise in Deutschland, Ungarn, den Philippinen und Japan auf. Am 13. Juli 2004 wurde er beim Versuch der Ausreise aus Japan festgenommen und im Internierungszentrum von Ushiku bei Tokio inhaftiert. Japan, mit Rücksicht auf die verbündet USA, lehnte seinen Asylantrag Ende August 2004 ab. Am 14. Dezember 2004 strahlte der isländische Fernsehsender Stöd 2 ein Telefon-Interview mit dem in Japan inhaftierten Fischer aus. In dem Interview beklagte er sich darüber, dass er aufgrund des oben erwähnten Schaukampfes 1992 in Sveti Stefan gegen Boris Spasski widerrechtlich festgehalten werde. Er berichtete, er sei in einem Gefängnis in unmittelbarer Nähe eines defekten Atomkraftwerks inhaftiert; dies mit der Absicht, ihn über kurz oder lang zu kontaminieren. Ferner drohe ihm die Abschiebung in die USA, wo er ohne Zweifel ermordet würde, weil er sich immer gegen die Juden ausgesprochen, weil er Juden im Schach besiegt hätte und, wie er unmittelbar hinzufügte, Amerika überhaupt ein Land voller Juden sei.
An seinem 62. Geburtstag erhielt er einen isländischen Ausländerpass. Nachdem die japanischen Behörden diesen als unzureichend für eine Freilassung erachteten, erhielt Fischer am 22. März 2005 durch ein vom isländischen Parlament verabschiedetes Gesetz die isländische Staatsangehörigkeit. Nun starb der große Kämpfer am 17. Januar 2008 in Reykjavík.