Kleinkriminalität

  • Kleinkriminalität

    Meine Nachbarin ist eine 70jährige Dame und stammt aus Kroatien. Mittlerweile hat sie die deutsche Staatsbürgerschaft und nur an ihrem Akzent erkennt man, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Sie ist seit letztem Jahr Opfer eine ganzen Reihe von Betrugsversuchen. Es begann damit, dass sie regelmäßig von Call-Center-Mitarbeitern angerufen wurde, die ihr alles mögliche verkaufen wollten. Plötzlich war sie Mitglied in einer Lotto-Tippgemeinschaft. Es wurden monatlich ca 100 € abgebucht und ca 3,50 € Gewinne überwiesen. Nach drei Monaten kam sie mit ihren Überweisungen zu uns. Sie hatte nichts unterschrieben und vor allem niemandem ihre Bankdaten und eine Einzugsermächtigung gegeben.
    Wir haben ihr dann eine Kündigung geschrieben, weil sie von der Gesellschaft Briefe erhalten hatten, die ihr ihre "Gewinne" bestätigt hatten. Dann bekam sie ein Schreiben einer Telefongesellschaft, das man ihren Telefonanschluß bei der Telekom abgemeldet hätte und sie in Kürze bei besagter Telefongesellschaft DSL-Internet-Telefonie-Kunde werden würde. Dieses Schreiben kam am Freitag, am Samstag kam das Paket mit der DSL-Box und am Montag sollte das Telefon umgeschaltet werden.
    Wir haben dann am Freitag Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um diese Umschaltung zu verhindern. Ihre Mutter war krank und sie war auf das Telefon angewiesen. Meine Nachbarin erinnerte sich daran, dass Anfang der Woche ein Vertreter der Firma sie angerufen hatte und für DSL werben wollte. Sie hatte ihm ausdrücklich gesagt, dass sie Kunde bei der Telekom bleiben wollte - aber nette alte Damen, die etwas gebrochen sprechen, können sich ja nicht wehren!

    Die Telekom legte die Umschaltung auf einen anderen Anbieter erst Mal auf Eis, wollte aber eine Nichtigkeitserklärung von der anderen Telefongesellschaft. Diese haben wir dann auch kurzfristig bekommen mit einem "Entschuldigungsschreiben".

    Mittlerweile buchte die nächste Lottotippgemeinschaft von ihrem Konto monatlich einen Betrag ab. Da es nichts schriftliches gab, lies sie die Abbuchungen zurückbuchen. Eine Lottotipgemeinschaft schrieb dananach einen Brief, wie sehr sie es bedauere, dass unsere Nachbarin nicht mittippen wolle und sandte noch einen "Gutschein", falls sie es sich anders überlegte. Kurz vor Weihnachten bekam unsere Nachbarin eine Abrechnung einer weiteren Telefongesellschaft. Ihr Telefon war umgemeldet worden, was nur aus der ersten Abrechnung zu ersehen war. 28 € für eine monatliche Flatrate über die genau 5 min nationale Verbindungen abgewickelt wurden.
    Die nächste Tippgemeinschaft buchte Geld vom Konto ab. Die gaben sich nun im Wochenrhythmus die Klinke in die Hand. Immer Namen von Privatpersonen, Beträge zwischen 35 und 48 €, Verwendungszweck "Lottotippgemeinschaft".
    Ich verhandelte in ihrem Auftrag mit der Telekom um die Aufschaltung eines anderen Telefonanbieters auf ihren Telefonanschluß rückgängig zu machen. Interessanterweise ging das völlig problemlos. Dabei erfuhr ich, dass zwar verschiedene Telefonanbieter der Telekom die Kunden abwerben, die Beauftragung des Wechsels eines Kunden, also den Kontakt zur Telekom macht immer ein und die selbe Gesellschaft, so dass die Telekom gar nicht weiß an wen die Kunden "verloren" wurden. Die so genannte Konkurrenz am Telekommunikationsmarkt ist also nur Augenwischerei!

    Da die Belästigungen durch Callcenter nicht aufhören, hat meine Nachbarin jetzt ihren Telefonanschluß gekündigt und einen neuen beantragt (59 €). Sie hat jetzt eine neue Nummer, die nicht veröffentlicht wird.
    Möglicherweise wird sie auch noch ihrer Kontonummer wechseln müssen. Denn augenscheinlich wird nicht nur mit zielgruppengerechten Adressen gehandelt, sondern auch mit Telefonnummern und vor allem mit Bankdaten. Natürlich kostet jede zurückgegebene Abbuchung den Auftraggeber, also den Betrüger 7,5o € Gebühren. Wenn man aber nur zwei drei Monate "sein Geld" einziehen kann, lohnt sich das schon. Zumal diese "Gesellschaften" meist nur aus einer Postadresse und einer Bankverbindung bestehen. Der unrechtmäßig Entreicherte hat keinerlei Handhabe gegen den Angreifer, außer die Beträge zurückbuchen zu lassen. Das bedeutet aber auch, das man fast täglich seine Kontoauszüge prüfen muß, denn wenn der Angreifer kurzfristig einen großen Betrag abbuchen läßt, sein Konto abräumt und dann verschwindet, ist es Essig mit dem Zurückbuchen.

    So ergeben sich aus der beleglosen Computerkommunikation, die unsere Leben leicht machen soll, mannigfaltige Betrugsmöglichkeiten, denen als erste die zum Opfer fallen, die sich nicht wehrten können.
    Gestern schickte ihr eine Lottotippgemeinschaft eine Mahnung mit Mahngebühren für den zurückgebuchten Einzug. Wir haben mit dem Anwalt gedroht, schließlich hatten wir ja nun eine Adresse.

    Also, seid wachsam!
    EO
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • Ich kenne dieses Problem, ich bin mehrmals Opfer solcher "Machenschaften" geworden und konnte zum Glück in 100% der Fälle den Spieß herumdrehen. In Deutschland sind unerlaubte Werbeanrufe verboten, weiterhin sind solche Fernabsatzverträge als kritisch zu bewerten da schon allein das Abnehmen des Telefonhörers als "Willensbekundung" gewertet wird.
    Hier gilt nur folgendes, sofort auflegen, falls Post kommt sofort Widerrufen (egal ob ein Vertrag zu stande gekommen ist oder nicht), Anzeige erstatten und die Löschung der persönlichen Daten verlangen. Leider können sich die Leute, auf die diese Betrugsmasche abfährt, nicht wehren und da ist nicht die Computertechnik schuld, nein, die Politik ist gefragt und gefordert.
  • Wir haben jetzt die Kontoaussüge für 8 Monate rückwärts gesichtet. Der Schaden beläuft sich bis jetzt auf etwas mehr als 4000 €. Wegen der Penetranz des Telefonanbieters, den Vertrag über 24 Monate aufrecht zu erhalten, weil ja nach ihren Unterlagen eine ausdrückliche Willensbekundung vorliegt, hat uns veranlasst einen Anwalt einzuschalten. eine Gesellschaft, die Weiterbildung in der Kundenaquiesse anbietet, besteht ebenfalls auf Zahlung und hat die Rechnungen direkt einer Inkasso-Gesellschaft übergeben. Nur die Telefongesellschaft hat ihrem Vertragsabschluß ein Telefongespräch vorausgeschickt. Alle anderen haben "einfach so" begonnen abzubuchen. Erst nach Rückforderung der Beträge wurde überhaupt schriftlich Kontakt aufgenommen.
    Der Anwalt versucht jetzt all diese Einzelfälle zu einem Fall zusammnezufassen und über die Schadenssumme auf Organsisierte Kriminälität hinzuweisen. Somit muß die Staatsanwaltschaft diesen Fall als eine Fall betrachten und bearbeiten und nicht 100 Fälle, die dann wegen Nichtigkeit eingestellt werden.
    nenn mich EO
    zu Ende denken