Rußfilterskandal: Bundesregierung muss Deutscher Umwelthilfe Prüfdaten überlassen

  • Rußfilterskandal: Bundesregierung muss Deutscher Umwelthilfe Prüfdaten überlassen

    Die Bundesregierung muss gegenüber der
    Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) Messdaten über die Wirksamkeit von
    Feinstaubfiltern zur Nachrüstung von Diesel-Pkw offen legen.



    Das
    entschied heute die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Dessau, nachdem
    die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation das dem
    Bundesumweltministerium (BMU) unterstellte Umweltbundesamt (UBA) seit
    Anfang November 2006 vergeblich zur Herausgabe der Messergebnisse auf
    Grundlage des Umweltinformationsgesetzes aufgefordert hatte (AZ: 1 A
    156/07 DE). Die DUH erwartet, dass aus den Messergebnissen eines vom
    Umweltbundesamt beauftragten Schweizerischen Prüflabors zweifelsfrei
    hervorgeht, dass die Bundesregierung bereits im Herbst 2006 über
    alarmierende Fehlfunktionen der Nachrüstfilter der Firma GAT
    unterrichtet war.

    Das Bundesumweltministerium hatte nicht nur der DUH die Einsicht
    in das Gutachten verwehrt, sondern offensichtlich auch das für die
    Kontrolle von Partikelminderungssystemen zuständige
    Kraftfahrtbundesamt (KBA) nicht über die Untersuchungsergebnisse
    informiert. Bei rechtzeitiger Reaktion der verantwortlichen Behörden
    hätten die nun erst seit wenigen Tagen vorliegenden
    Nachprüf-Ergebnisse des KBA in der Substanz bereits im Oktober 2006
    bekannt sein können. So hätte verhindert werden können, dass etwa
    60.000 mangelhafte Betrugsfilter in die Diesel-Pkw ahnungsloser
    Autohalter eingebaut werden. Die Nachrüstung von Dieselfiltern wird
    seit April 2007 mit einem Steuerabschlag von 330 Euro belohnt,
    außerdem erhalten nachgerüstete Diesel-Pkw eine günstigere
    Feinstaubplakette, die das Einfahren in künftige Umweltzonen
    zahlreicher deutscher Großstädte ermöglicht.

    Aus den massiven Problemen bezüglich der Wirksamkeit von Filtern
    der Firmen GAT, Bosal und Tenneko/Walker waren wegen der Untätigkeit
    der Bundesregierung schließlich erst mit monatelanger Verzögerung
    Konsequenzen gezogen worden. Seit Oktober 2007 wurden die
    Betriebserlaubnisse für die mangelhaften Filter vom KBA schrittweise
    gelöscht. Mit der Überprüfung der Betrugsfilter begann das dem
    Bundesverkehrsministerium unterstellte KBA erst, nachdem die DUH die
    Ergebnisse von Vergleichsuntersuchungen anderer Prüflabors im August
    2007 veröffentlicht hatte.

    "Wir fordern die rückhaltlose Aufklärung des Rußfilterskandals.
    Die Verantwortlichen für die fast einjährige Vertuschung zentraler
    Untersuchungsdaten müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Sie sitzen
    im Bundesumweltministerium. Es kann nicht sein, dass jetzt
    ausgerechnet im Umweltbundesamt die Schuld für das eingetretene
    Desaster gesucht wird. Die dortigen Verantwortlichen wollten die
    Bevölkerung ausweislich der Gerichtsakten frühzeitig informieren und
    wurden aus der Leitungsebene des Ministeriums daran gehindert", sagte
    DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

    Um den Schaden für die Luftreinhaltepolitik in Deutschland nicht
    noch größer zu machen, sei es unumgänglich, jetzt alle
    "funktionsuntüchtigen Filter zurückzurufen und den betroffenen
    Autohaltern einen kostenlosen Austausch gegen seriöse Systeme zu
    garantieren." Nur unter dieser Voraussetzung könne die
    Steuerbefreiung und die Höherstufung bei den Feinstaubplaketten für
    die Betroffenen Bestand haben.

    Um darüber hinaus für die Zukunft ein ähnliches Desaster
    auszuschließen, forderte Resch Bundesverkehrsminister Tiefensee und
    Bundesumweltminister Gabriel auf, umgehend ein sachgerechtes
    Kontrollsystem für die Wirksamkeit von Nachrüstfiltern zu
    installieren. Dazu sei es nötig, dass das Kraftfahrtbundesamt sofort
    einen "Schnelltest" zur Überprüfung aller zur Zulassung angemeldeten
    Filtersysteme entwickelt. Außerdem müsse die Wirksamkeit im Rahmen
    der periodischen Abgasuntersuchung (AU) aller Pkw geprüft werden, was
    bisher nicht der Fall ist. "Wir brauchen jetzt einen glaubwürdigen
    Neustart der Rußfilter-Nachrüstung mit Systemen, die die zuständige
    Bundesbehörde auf ihre Funktionstüchtigkeit kontrolliert. Und wir
    brauchen ein aktives Eintreten der zuständigen Politiker für eine
    schnelle Reduktion der Feinstaubwerte in den hoch belasteten
    Ballungszentren", appellierte Resch an die Minister Gabriel und
    Tiefensee.

    Das Umweltbundesamt, das die Untersuchungen eines schweizerischen
    Labors im Auftrag des Bundesumweltministeriums veranlasst hatte,
    hatte der DUH im Frühjahr 2007 mehrfach - auch schriftlich - die
    Einsicht in das entsprechende Gutachten zugesagt. Nach einer
    Intervention des Bundesumweltministeriums hatte das Amt die Zusage
    zurückgezogen, woraufhin die Umwelt- und
    Verbraucherschutzorganisation beim Verwaltungsgericht Dessau (dem
    Sitz des Umweltbundesamts) eine "Untätigkeitsklage" gegen die
    Bundesregierung einreichte, der das Gericht heute stattgegeben hat.

    Quelle: Pressemitteilung DUH
    Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
    - Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste