Ungläubiges Staunen bis hin zu sprachloser Fassungslosigkeit rief in Israel
Anfang September folgende Meldung hervor:
Die Polizei in Petach Tikwa nahm 10 Jugendliche unter dem Verdacht fest,
Passanten angegriffen und Hakenkreuze an Wände gesprüht zu haben. Die
Jugendlichen werden verdächtigt, einer örtlichen Neo-Nazi-Zelle anzugehören. Der
Kopf der Bande ist der 19-jährige Eli Buanitov, genannt Nazi Eli, der seine
gleichaltrigen Genossen zu Überfällen auf Homosexuelle, Gastarbeiter und
Wohnungslose sowie Kippaträger angestiftet hat. Die Gruppe unterhält
Verbindungen zu Neo-Nazi-Organisationen im Ausland. Die Jugendlichen treffen
sich regelmäßig, grüßen sich mit dem Hitler-Gruß und tragen eintätowierte
Hakenkreuze. Mit einer Ausnahme sind alle Gruppenmitglieder nicht-jüdische
Einwanderer aus der ehemaligen Sowjet-union, die nach Israel gemäß des
Rückkehrgesetzes einwanderten.
Als die Gemüter sich wieder beruhigt hatten, hielten viele das Ganze noch für
eine einmalige Ausschreitung, aber sie irrten sich gewaltig. Der Vorfall
bildete nur den Auftakt zu Gewaltausbrüchen im ganzen Land, gerade so, als hätte
sich die Neo-Nazi-Szene jahrelang auf diesen Augenblick vorbereitet.
In den darauffolgenden Tagen und Wochen überschlugen sich die Meldungen: Hitlerbotschaften
in Eilat, Hakenkreuze in Dimona, Neo-Nazis in Haifa, Nazi-Graffitis an
Synagoge von Bnei Brak, Neo-Nazi-Attacke auf Haifaer Synagoge, Hakenkreuze
an Laubhütte, bis zu Neo-Nazis mit Kippa... Reaktionen von Politikern blieben
nicht aus. Die Anschläge wurden einhellig verurteilt, Innenminister Meir
Sheetrit zog sogar in Erwägung, den Tätern die Staatsbürgerschaft zu
entziehen. Wer an Nazi-Dogmen glaubt, hat in Israel keinen Platz, erklärte er.
Die seit jeher strittige Frage, wer das Recht haben soll, nach Israel
einzuwandern, wird durch die Vorkommnisse aufs Neue breit diskutiert. Zu Beginn
bedarf es der Klärung, wer überhaupt als Jude gilt. Es gibt drei verschiedene
Ansätze:
1. Biblische Definition: Jude ist, wer einen jüdischen Vater hat.
2. Rabbinische Definition (heutiges gültiges Recht im Judentum nach der
Halacha = rabbinischer Gesetzeskatalog): Jude ist, wer von einer
jüdischen Mutter geboren wurde oder jemand, der zum Judentum konvertiert ist.
3. Staat Israel (Rückkehrgesetz von 1950): Jeder, dessen Vater oder
Mutter, Großvater oder Großmutter Jude war, darf einschließlich
Familienmitgliedern nach Israel zurückkehren.
Der Staat definiert also das jüdische Einwanderungsrecht anders als das Rabbinat.
Die letztgenannte Definition war nie wirklich ein großes Thema, bis in den 80er
Jahren die Masseneinwanderung aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion
einsetzte. Plötzlich sah sich Israel hunderttausenden von Sowjetbürgern
gegenüber, die im Besitz eines jüdischen Ausweises waren, obwohl sie völlig ins
Sowjetsystem integriert waren und sogar in Gebieten lebten, in denen der
Antisemitismus am höchsten war. Das russische Innenministerium schätzt, dass
heute noch ca. 70.000 Neo-Nazis in Russland leben.
Quelle:
israelheute.com
Die Vollkommenheit ist unerreichbar. Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin.
- Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
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