Was haben der Zufall und die Verschwörungstheorien miteinander zu tun? Auf den ersten Blick nichts, schaut man jedoch genauer hin stellt man fest das es im Prinzip zwei gegensätzlich Sichtweisen sind. Die Menschen spalten sich dadurch in zwei Lager. Auf der einen Seite diejenigen die an Verschwörungen glauben, auf der anderen Seite, diejenigen die nicht daran glauben, sondern alles auf den Zufall schieben. Nun, eines vorweg, einen Zufall gibt es nicht wirklich. Was heißt überhaupt Zufall? Von Zufall sprechen wir wenn wir Ereignisse nicht kausal erklären können. Landläufig wird das Ergebnis des Würfelns als Zufall angesehen. Ist es wirklich ein Zufall ? Nein, denn wenn wir alle Anfangsparameter (Abwurfhöhe, Geschwindigkeit, Winkel, etc) kennen würden, könnten wir das Ergebnis exakt Vorraussagen. Auch beim Roulette gibt es nicht wirklich einen Zufall, denn da reichen Anfangsgeschwindigkeit der Kugel und Drehzahl des Kessels aus um das Ergebnis eingrenzen zu können, dies ist schon 1978 einer Gruppe von Englischen Studenten gelungen. Sie konnten damit für jedes Eingesetzte Pfund, einen Gewinn von 1,40 Pfund verbuchen.
Kommen wir nun zu den Verschwörungstheorien. Warum glauben manche Menschen an Verschwörungstheorien, und andere nicht ? Und was hat das alles mit dem Zufall zu tun?
Nun, die Menschen lassen sich dadurch in 2 Gruppen einteilen. Der Grund für diese Einteilung liegt in unseren Genen, genauer gesagt in unserem Hirn, in unserer Denkweise begründet. Unser Gehirn ist nicht darauf programmiert an Zufälle zu glauben. Einer der wesentlichsten Aufgaben von uns ist es sich in der Umwelt zurechtzufinden. Wir müssen praktisch ständig zusammenhänge rekonstruieren von denen wir nur Bruchstücke kennen. Wir sind dabei auf der sicheren Seite wenn wir einen Zusammenhang zuviel konstruieren als zuwenig. Derjenige der bei einem Rascheln im Gebüsch sofort an einen gefräßigen Tiger dachte, hat sich vielleicht umsonst erschrocken, umgekehrt wäre er als Abendmalzeit des Tigers geendet und hätte den Tiger damit zumindest zufrieden gemacht. Zur weiteren wichtigen Aufgabe des Hirns gehört es die Menge an Daten auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, statt tausender Pixel die von den Augen geliefert werden, sehen wir ein Gebüsch hinter dem ein Tiger lauern könnte. Die Komprimierung der Daten läuft aber umso effizienter je mehr Zusammenhänge in ihnen stecken. Ein Zufälliges Ereignis wäre dabei nur störend. Das ist auch ein Grund warum wir dem Zufall instinktiv abgeneigt gegenüber stehen.
Um diesen Phenomen weiter auf den Grund zu gehen gab es eine Reihe von Experimenten, sog. non-Contingent-reward-Experimente. Ziel dieser Experimente war es dem Probenden Zufällen auszusetzen ohne das sie es wissen. Der Verhaltensforscher John Wright, lies 1960, seine Probanden ein Schaltbrett mit Knöpfen drücken. Ziel war es möglichst oft einen Summton zu erzeugen. Wie die Knöpfe mit dem Summton verdrahtet waren blieb offen und sollte von den Probanden herausgefunden werden. Allerdings gab es diesen Zusammenhang nicht, die Summtöne ertönten immer Zufällig. Als den Probanden am ende des Experimentes enthüllt wurde das es gar keinen Zusammenhang gab, reagierten sie recht ungehalten, einige wollten den Versuchsleiter davon überzeugen das es doch einen Zusammenhang gab den er selbst nur nicht kennen würde. Die Erklärung Zufall wollten sie auf keinen fall akzeptieren.
Die amerikanische Psychologin Getrude Schmeidler untersuchte wie groß die Neigung der Menschen ist, an Zufälle zu glauben oder nicht. Sie fand dabei zwei fast gleichstarke Gruppen, die Schafe, die an das Schicksal glauben und die Böcke die an den Zufall glaubten. Die Zugehörigkeit eines Menschen zu einer der beiden Gruppen ist stark von seiner Persönlichkeit abhängig und ändert sich im laufe des Lebens kaum. Während die Böcke nicht an Paranormales glauben und außersinnliche Wahrnehmungen eher ablehnen, so glauben die Schafe öfter an Paranormales und haben auch öfters außersinnliche Wahrnehmungen.
Im Züricher Hirnfoschungsinstitut KEY-Institute wurden beide Gruppen untersucht, dabei stellte sich heraus, das die rechte Hirnhälfte von den Schafen deutlich aktiver war und zusammenhänge vermittelten wo die Böcke schon längst keinen Zusammenhang mehr erkennen konnten. In gefälschten PSI-Experimenten gelang es zu zeigen das das Gehirn der Schafe selbst winzige Reize auswertet die vom Bewusstsein nicht mehr wahrgenommen werden können, und so zum richtigen Ergebnis zu gelangen. Die unbewusste Analyse blieb den Probanden völlig verborgen, sie gaben an sie hätten die Lösung einfach gefühlt.
Was bedeuten diese Erkenntnisse nun für die heutige Zeit? Das Persönlichkeitsprofil der Schafe zeigt das sie nur allzu gerne an zusammenhänge glauben, was liegt also in der heutigen Zeit näher als sich das zunutze zu machen? Man kann durch geschickte Argumentation einem Schaf einen Zusammenhang suggerieren wo eigentlich keiner vorhanden ist. Da das Schaf nun mal so wie es ist, anfällig für solche Suggestionen. Das heißt nicht das diese Menschen Dumm sind, ganz im Gegenteil, es sind intelligente Menschen die eben leider aufgrund ihrer Persönlichkeit anfällig für solche nichtexistenten Zusammenhänge sind. Man könnte sagen sie sind ein bisschen Naiv.
Die Böcke hingegen sind derweil nicht blind, oder Doof, nur weil sie keine Zusammenhänge erkennen wollen. Sie sind halt von ihren Denkstrukturen anders gelagert und erkennen zwar offensichtliche Zusammenhänge, aber zusammenhänge die sich wesentlich Komplexer gestalten bleiben den Böcken verborgen.
Beide Gruppen haben ihre eignen Gefahren mit denen sie lernen müssen umzugehen. Die Schafe erliegen schnell Fehlschlüssen da sie auch dort zusammenhänge konstruieren von nun wirklich keine vorhanden sind. Die Böcke hingegen laufen Gefahr zusammenhänge nicht zu erkennen die aber wichtig wären.
Dieser Umstand ist auch in der Wissenschaft schon längst bekannt, und daraus wurde das sog. Sparsamkeitsprinzip, oder auch Ockhams Razor entwickelt. Benannt wurde dieses Prinzip nach Wilhelm von Ockham (12851349).
Kernaussage von Ockham ist: Entitäten dürfen nicht über das Notwendige hinaus vermehrt werden Auf gut Deutsch heißt das: Von mehreren Theorien die einen Sachverhalt erklären, ist diejenige vorzuziehen die mit den wenigsten annahmen auskommt. Eine Theorie ist im Aufbau der inneren Zusammenhänge möglichst einfach zu halten.
Was hat das alles mit Verschwörungstheorien zu tun? Nun, dank des Internets kann jeder seine noch so abstruseste Theorie veröffentlichen. Er wird immer eine gewisse Zahl von Schafen dafür begeistern können. Denn da werden plötzlich zusammenhänge aufgezeigt, die ein einzelnes Schaf schon immer gefühlt hat ( Ich spüre das da was nicht stimmt), es sieht sich dann bestätigt. Die Verschwörungstheorie um die WTC-Türme ist so ein schönes Beispiel wo viele Schafe dank des Internets in einem konstruierten Zusammenhang gefangen genommen wurden.
Dabei wird dann immer aufs massivste Ockhams Razor verletzt, um ihre Theorien überhaupt aufrecht halten zu können. Hierbei kann man auch sehr gut die Liebe zum konstruieren von Zusammenhängen erkennen. Was wurde nicht alles in Verbindung mit den WTC Türmen als Verschwörungstheorie postuliert, angefangen bei Holographischen Flugzeugen, über Atombomben im WTC, bis hin zu einer Ausserirdischen Operation. Zusammenhänge wo gar keine sind!
Auch die rechtsgerichtet Propaganda macht gezielt davon gebrauch, das sich über konstruierte Zusammenhänge eine Menge an Schafe fangen lassen. Denn für die Schafe sind diese Konstruktionen auf den ersten Blick eben nicht zu durchschauen und als falsch zu klassifizieren. Gern genutztes Beispiel dafür ist die Leugnung des Holocoustes. Hier werden auch konstruierte Zusammenhänge genutzt um gezielt Schafe anzulocken die man mit diesen angeblichen Beweisen überzeugen kann. Da nützt auch das richtig stellen dieser angeblichen zusammenhänge nichts, das Hirn der Schafe will es eben so haben. Die Böcke sind gegen so was weitgehend immun und lassen sich selten über konstruierte Zusammenhänge auf falsche Fährten locken.
Es bilden sich dann auch immer Naturgemäß gewisse Sammelbecken für Schafe und Böcke, besonders im Internet. Problematisch wird es dann wenn sich ein Tier in das Sammelbecken des anderen verirrt.
Das Problem an der Sache ist, uns, den Schafen und Böcken, ist es nicht bewusst das wir so handeln und warum wir so handeln.
Baloo