Goldene Regeln des schlechten Diskussionsstils

  • Goldene Regeln des schlechten Diskussionsstils

    Vorwort

    * Der richtige Umgang mit der Gegenposition (Regeln 1-4)

    * Allgemeine Taktik (Regeln 5-8 )

    * Der richtige Umgang mit dem Diskussionsgegner (Regeln 9-14)

    * Der richtige Umgang mit Betroffenen (Regeln 15-16)

    * Stilistische Hinweise (Regeln 17-20)

    * Murphys Gesetze der Internet-Diskussionen

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    Vorwort: Diskussionen im Internet sind faszinierend. Es fetzt, es knallt
    und nicht selten möchte ich die Diskutierenden gerne noch zusätzlich
    anfeuern! Leider werden fast alle Diskussionsforen inzwischen moderiert, so
    daß das volle Talent der Beteiligten nicht mehr so richtig zur Geltung
    kommt! Die folgenden Regeln habe ich nach sorgfältiger Analyse der diversen
    Diskussionsforen zusammengestellt. Mögen sie dazu beitragen, die
    Diskussionen so richtig spannend zu machen und das letzte an schillernder
    Argumentation aus den Kontrahenden herauszuholen! Ich wage sogar zu sagen,
    daß auch professionelle Forumsaufmischer hier noch etwas lernen können!


    1. Es gibt keine Gegenposition! Manchmal wird behauptet, für eine
    Position gäbe es Argumente und Gegenargumente. Das ist natürlich Unsinn!
    Wer will die schon alle gegeneinander abwägen? Wenn Sie recht haben, haben
    Sie recht und brauchen sich nicht mit Gegenargumenten zu belasten. Führen
    Sie nur die Argumente für Ihre Position ins Spiel! Gehen Sie auf
    Gegenargumente nicht ein! Beschimpfen Sie Leute, die auf Ihre Position mit
    Gegenargumenten reagieren als Spielverderber, Idioten, Radikale oder
    Dummköpfe.


    2. Es gibt höchstens eine extreme Gegenposition! Sie haben doch auf ein
    Gegenargument reagiert und nun wissen Sie nicht weiter? Pech, aber noch
    kein Grund zu verzweifeln: Steigern Sie die Gegenposition in ihre radikalst
    mögliche Ausprägung und jeder wird einsehen, daß sie nicht haltbar ist. Sie
    vermeiden dadurch weiterhin dieses mühsame Abwägen von Argumenten und
    Gegenargumenten. [Beispiele: In der Diskussion über Kinderkrippen will Ihr
    Diskussionsgegner seine Kinder nicht tagsüber betreut wissen, er will sie
    abschieben, loswerden. In der Staatsbürgerschaftsdiskussion will er keine
    Integration in verschiedene Gesellschaften, sondern eine allgemeine
    Beliebigkeit, Chaos. In der Promillediskussion will er nicht zwei Bier
    trinken, sondern besoffen Auto fahren. Ist er gegen die doppelte
    Staatsbürgerschaft, dann vertritt er "Ausländer raus".] Wenn Ihr
    Diskussionsgegner das abstreitet, dann sagen Sie ihm, er sei nicht
    konsequent. Ihr Diskussionsgegner steigert nun seinerseits Ihre Position
    bis sie absurd klingt? Eröffnen Sie ein Sonderforum und gehen Sie
    aufeinander los!


    3. Die Gegenposition ist auf jeden Fall schlechter als die eigene
    Position! Wenn Sie vor einem größeren Publikum schreiben, das im
    Hintergrund mitliest, ist die Steigerung in die radikalste Ausprägung
    manchmal zu plump. Dann bietet sich die ungenaue Argumentation als
    eleganteres Mittel an. Ungenaue Argumentation ist viel einfacher als
    exaktes Abwägen von Argumenten und Gegenargumenten und klingt dabei oft
    erstaunlich überzeugend (jedenfalls viel besser als ein einfaches Vorgehen
    nach Regel 1 oder 2). [Jeder weiß schließlich, daß für ein Kind die eigene
    Mutter besser ist als ein Heim. Folglich muß das Zuhause besser sein, als
    der Kindergarten. Jeder weiß daß zwei Staatsangehörigkeiten mehr sind als
    eine. Folglich führt die doppelte Staatsangehörigkeit in ein allgemeines
    Durcheinander.] Konkreter brauchen Sie nicht zu werden! Wer dies anders
    sieht, kann vermutlich nicht logisch vergleichen, bzw., nicht eins und eins
    zusammen zählen!


    4. Die Gegenposition kann höchstens ausnahmsweise mal stimmen! Ihr Gegner
    hat ein vernünftiges Beispiel gebracht? Gestehen Sie ihm zu, daß es solche
    Beispiele gibt, aber erklären Sie sie als Ausnahme oder sogar als nicht
    relevant. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Wenn Ihr
    Diskussionsgegner persönliche Beispiele bringt, ist er sowieso nicht
    objektiv. In diesem Fall ist sein Beispiel garantiert nicht relevant. Gut,
    daß sie ihm erklären können, worum es eigentlich geht!


    5. Nur auf das Große Ganze kommt es an! Lassen Sie sich nicht auf die
    Ebene der Alltagsprobleme und der kleinlichen praktischen Umsetzung herab!
    [Beispiele: In der Staatsbürgerschaftsdiskussion sind Eltern, die im
    Ursprungsland krank werden und Schlangestehen für ein Visum nicht das
    eigentliche Problem, sondern Nebeneffekte, Kleinkram. In der
    Vereinbarkeitsdiskussion von Kindern und Karriere sind Öffnungszeiten von
    Kindergärten und die lächerliche Alltagsorganisation nicht der Punkt, auf
    den es ankommt.] Ihre Analysen sind tiefergehend und schließlich wissen
    Sie, was wirklich zählt! Berufen Sie sich auf das Kindeswohl, die
    allgemeine Ordnung und auf das Gemeinwohl, vor denen kleinliche
    Eigeninteressen zurücktreten müssen. Wenn es gerade nicht Ihre Interessen
    sind, die zurücktreten sollen, umso besser! Dann sind Sie besonders
    objektiv!


    6. Nur Ihre Frage ist richtig gestellt! Oft sind Fragen von Anfang an
    falsch gestellt. Manchmal versuchen andere Diskussionsteilnehmer, eine
    Frage zu erweitern oder einzugrenzen. Lassen Sie sich bloß nicht darauf
    ein! Erklären Sie jedem sofort, worüber hier diskutiert wird und worüber
    nicht. Dies nennt sich Definitionsgewalt. Und die liegt selbstverständlich
    bei Ihnen!


    7. Ihre Position ist statistisch belegt! Suchen Sie nach einer Statistik,
    die Ihre eigene Position stützt. Überlegen Sie nie, ob die gleiche
    Statistik auch die Gegenposition belegen könnte. Schließlich ist die
    Gegenposition falsch! Daß Statistik auch falsche Positionen stützt, ist
    zwar leider richtig, in diesem Fall aber nicht relevant. Denn Ihre Position
    ist schließlich richtig!


    8. Ihr Diskussionsgegner kann nicht logisch denken! Manche Leute
    behaupten, bei Diskussionen spiele die unterschiedliche Gewichtung
    verschiedener Argumente eine Rolle. Das ist Unsinn! Wer alle Argumente
    kennt und logisch denken kann, muß immer zu dem gleichen Ergebnis kommen
    wie Sie! Ein anderer Blickwinkel zeigt nur, daß Ihr Gegner nicht kapiert
    hat, worauf es ankommt. Vermutlich kann er nicht logisch denken. Es kann
    nur zu seinem Besten sein, wenn er dies von Ihnen erklärt bekommt!


    9. Ihr Diskussionsgegner hat keine Ahnung von der Sachlage! Vermutlich hat
    er nach Feierabend immer Comics gelesen, während Sie in den richtigen
    Tageszeitungen die Hintergrundsberichte studiert haben. Stand nicht gestern
    in Ihrer örtlichen Tageszeitung ein Hintergrundsbericht über die Wirkung
    von Ozon auf den Menschen oder die demographische Entwicklung zu Beginn des
    letzten Jahrhunderts auf dem Land? Gehen Sie sofort (bevor Sie es wieder
    vergessen haben) in alle Diskussionforen, in die das passen könnte und
    erklären Sie den Dilettanten, die diesen Bericht nicht kennen, daß sie in
    dieser Diskussion nichts zu suchen hätten. Gehen Sie hinterher auch in die
    Diskussionsforen, in die das eigentlich nicht paßt, denn wer solch
    grundlegende Tatsachen nicht weiß, kann eigentlich nirgendwo mitreden.


    10. Ihr Diskussionsgegner hat keine Erfahrung! Sie waren mal im Urlaub in
    Indonesien, haben in Ihrer Jugend Fußball gespielt und kürzlich einen
    Selbstverteidigungskurs besucht? Dann sind Sie in allen Diskussionsforen
    automatisch Fachmann für die 3. Welt, Gewalt und Kriminalität und wissen,
    was der Innenminister und der Fußballbundestrainer alles falsch machen.
    Quellensuche haben Sie nicht nötig! Lassen Sie sich bloß nichts von Leuten
    erzählen, die hier ihr angelesenes Wissen zur Schau stellen. Nur Sie kennen
    die Welt!


    11. Ihr Diskussionsgegner verkompliziert alles unnötig! Dabei ist die
    Realität so einfach! Abtreibung ist Mord! Soldaten sind Mörder! Asylanten
    sind Betrüger (mindestens)! Feministinnen sind mindestens häßlich! Lassen
    Sie sich bloß nicht auf philosophische Diskussionen oder juristische
    Haarspaltereien ein! Bilden Sie die Wirklichkeit auf plakative Slogans ab,
    das reicht völlig! Ansonsten gilt hier natürlich die Regel 1. Wenn Sie
    Ihren Standpunkt ausschmücken wollen, dann schwelgen Sie in einer
    Beschreibung der Begriffe "Mord" oder "häßlich", das versteht wenigstens
    jeder. Aber richtig bildlich, sonst überzeugt es nicht!


    12. Ihr Diskussionsgegner hat eine eingeschränkte Sichtweise! Oder sogar
    ein eingeschränktes Weltbild! Was auch immer Sie vorbringen, er
    interpretiert es auf seine Art. Und natürlich falsch! Alles sieht er durch
    seine Brille! Er unterstellt Ihnen Intentionen, die Sie nie geäußert haben
    und Schlußfolgerungen, auf die Sie nie gekommen wären. Warum kann er nicht
    einfach Ihre Sätze nehmen, wie sie sind? Er macht sich ein Bild von Ihnen,
    was einfach nicht zutrifft! Vermutlich macht er sich sogar sein Bild
    darüber, wie Sie aussehen! Und dies ist totsicher auch wieder falsch!
    Erklären Sie ihm (sachlich), daß er nicht das Recht hat, Ihre Sätze einfach
    auf seine Art zu interpretieren. Niemand darf das!


    13. Ihr Diskussionsgegner will Sie nur ärgern! Abgesehen davon, daß er
    nicht recht hat, gibt es auch sonst gar keinen Grund, diese Diskussion vom
    Zaun zu brechen. Wenn beispielsweise Opfer des Nationalsozialismus über den
    Holocaust reden, dann wollen sie nur die Deutschen damit ärgern. Denn
    ansonsten gibt es selbstverständlich keinen Grund, über so etwas reden zu
    wollen. (Hier hat mich die Debatte um die Walserrede zur Verleihung des
    Friedenspreises 1998 inspiriert.) Aber auch bei weniger dramatischen
    Zusammenhängen wollen Ihre Diskussionsgegner immer nur Sie und Ihre
    Interessensgruppe ärgern: Wenn Grüne über Benzinpreiserhöhungen
    diskutieren, dann wollen sie die Autofahrer ärgern, wenn Europa über Haider
    diskutiert, dann soll die österreichische Bevölkerung geärgert werden. Das
    ist immer so! Ärgern Sie sich, aber sagen Sie Ihren Diskussionsgegnern, was
    Sie von ihnen halten!


    14. Ihr Diskussionsgegner ist schlecht! Unterstellen Sie ihm immer eine
    böse Absicht. Lassen Sie keine Entschuldigungen zu. Glauben Sie nicht, daß
    ihm je etwas aus "Versehen" passieren könnte. Behandeln Sie Dinge, die
    eintreten könnten wie Dinge, die schon eingetreten sind. Wer Auto fährt
    will z.B. andere Menschen überfahren. Wer einmal bei zu hoher
    Geschwindigkeit erwischt wurde, hätte dabei jemanden töten können. Und das
    ist so, als ob er dies wirklich getan hätte. Machen Sie ihm das klar! Wenn
    Sie selbst zu schnell fahren, dann passiert natürlich hoffentlich nichts.
    Ihre Teilnahme an den Diskussionsforen im Internet wird Sie schützen! Das
    gleiche Prinzip gilt im Umgang mit Kampfhundbesitzern, Autofahreren,
    Rauchern, Müll- Nichttrennern und anderen uneinsichtigen Zeitgenossen.


    15. Betroffene können niemals objektiv sein! Diskutieren Sie deshalb
    vorzugsweise als Mann in einem Forum über "Frauen und Feminismus", als
    Deutscher in einem Forum zur "Doppelten Staatsbürgerschaft" und als
    Autofahrer im "Allgemeinen Deutschen Fahrradclub". Ihr völlig neuer
    Blickwinkel ist dort sicher noch niemandem bekannt, ganz abgesehen davon,
    daß solche Gruppierungen nicht Ihre Intelligenz und Erfahrung mitbringen
    können. Voriges Lesen der anderen Beiträge ist in diesem Fall überflüssig,
    erklären Sie ohne Umschweife und in epischer Breite Ihre Sicht der Dinge.
    Einige Leute dort werden dies vermutlich nicht zu schätzen wissen, aber das
    ist nur der Neid der zu kurz gekommenen. Erklären Sie klipp und klar, daß
    Sie sich nicht ausgrenzen lassen und daß Ihre Kritiker voreingenommen sind.
    Die Art, wie man dort mit Ihnen umspringt, ist der beste Beweis!


    16. Betroffene wollen immer Extrawürste! Frauen wollen mehr Sicherheit nur
    für Frauen (und womöglich noch eigene weibliche Bezeichnungen in der
    Sprache!), Radfahrer wollen Extra-Radwege, die der Allgemeinheit den Platz
    wegnehmen, Ausländer wollen sogar 2 Staatsbürgerschaften, wo der gemeine
    Deutsche nur eine haben soll! Nicht mit Ihnen! Zum Glück gehören Sie keiner
    Interessensgruppe an und lassen sich das nicht bieten! Treten Sie als Mann,
    Autofahrer und Deutscher1 in den diversen Splitterforen auf und vertreten
    Sie die Allgemeinheit! Fordern Sie, daß alles so bleibt wie es ist! Für Sie
    gab es schließlich noch nie Privilegien und Sie wollen auch für die Zukunft
    keine!


    Bis hierher waren die Ratschläge rein inhaltlich. Jetzt müssen Sie
    natürlich Ihre eigenen Beiträge noch sprachlich entsprechend aufbereiten,
    damit sie auch ihre Wirkung voll entfalten können. Je nach dem geistigen
    Niveau der anderen Diskussionsteilnehmer lassen sich hier 2 Fälle
    unterscheiden:

    17. Fall A: Sie diskutieren mit Idioten! In diesem Fall sind an Sie selbst
    sprachlich keine Grenzen gesetzt. Von Idioten sollten Sie sich sogar
    unbedingt maximal abgrenzen! Leiten Sie Ihr Posting schon entsprechend ein,
    z.B. mit dem Satz "Haben Sie immer noch nicht kapiert, worauf es hier
    ankommt?!!" oder "Haben Sie immer noch nicht kapiert, daß wir hier über x
    und nicht über y diskutieren!!!" Sparen Sie nicht mit Ausrufezeichen und
    Großschreibung! DAS SIEHT SO AUS, ALS OB SIE SCHREIEN, KAPIERT !!!!!!!
    Außerdem merkt dann jeder, daß Sie genervt sind (außer natürlich den
    Idioten, mit denen Sie sich gerade rumärgern). Dann werden die vernünftigen
    Leute schon Ihre Partei ergreifen. [Verbündete sind in Diskussionsforen ja
    alles, aber das gibt irgendwann ein Extra-Kapitel.]
    Als Schlußsatz eignet sich u.a. die Wendung "JETZT KAPIERT?!! " oder auch
    "IMMER NOCH NICHT KAPIERT?? - SCHADE!!" Oder auch die Wendung, sie hätten
    das Posting Ihres Diskussionsgegners gar nicht gelesen, weil es Ihnen zu
    blöd war. Oder nur bis zu einem bestimmten Satz gelesen, der Ihnen zu blöd
    war. [Natürlich lesen Sie es dann trotzdem, denn möglicherweise findet sich
    ja weiter hinten ein noch viel besserer Angriffspunkt. Und den wollen Sie
    sich ja nicht entgehen lassen!]

    Vorsicht ist mit der Ankündigung geboten, Sie würden in Zukunft nie mehr
    die Postings des Betreffenden lesen. Mit Sicherheit wird er bald etwas so
    Blödes schreiben, daß Sie dann einfach nicht den Mund halten können und
    dann müssen Sie zugeben, daß Sie die ganze Zeit doch heimlich weiter
    mitgelesen haben. Hier ergibt sich voll und ganz das Problem von Herbert
    Wehner: "Wer rausgeht, muß auch wieder reinkommen!"
    KAPIERT??!!!
    ;)


    18. Fall B: Ihre Diskussionsgegner zeigen eine gewisse
    Mindestintelligenz (wenn sie natürlich auch längst nicht an Ihre
    Intelligenz heranreicht!) In diesem Fall müssen Sie etwas subtiler
    vorgehen. Anschreien, Ärger zeigen, nicht-lesen, etc. sind hier fehl
    am Platz und werden von Ihrem Gegner vermutlich als unsachlich
    gebrandmarkt werden. Also Vorsicht! Viel erfolgversprechender ist es
    hier, wenn Sie psychologisch werden, aber bleiben Sie dabei auf jeden
    Fall sachlich und objektiv! Erklären Sie Ihrem Gegner, was er alles
    falsch macht, aber unbedingt emotionslos. Gemeint sind hier keine
    inhaltlichen Statements zum Streitpunkt selbst! Sondern Statements,
    die sich einzig auf Ihren Diskussionsgegner beziehen, so in der
    Art:"Leider können Sie nicht logisch denken. Sie sehen alles nur durch
    Ihre Brille. Sie haben ein eingeschränktes Weltbild. Man merkt, daß
    Sie Probleme mit sich selbst haben." (Lesen Sie zur Stoffsammlung die
    Punkte 8 bis 15.) Von Ausrufezeichen ist hier eher abzuraten, denn die
    wirken zu emotional. Wenn Sie Angst haben, daß Sie zu dick auftragen,
    dann verbinden Sie es mit gutgemeinten Ratschlägen, wie es besser
    klappen könnte. Raten Sie Ihrem Gegner, sachlicher zu werden, seine
    eigene Sicht der Dinge einmal kritisch zu überprüfen, vor dem
    Hinschreiben einmal nachzudenken, etc. Fügen Sie am Ende unbedingt den
    Satz ein, dies Statement sei kein Angriff und nicht gegen ihn
    persönlich gerichtet, denn schließlich wollen Sie ja dann zur
    eigentlichen Diskussion zurück.


    19. Lassen Sie Kritik an sich selbst nicht zu! Kritiker nerven sowieso nur
    und wer ist schon kompetent genug, um Sie zu kritisieren? Zum Glück gibt es
    eine Reihe von Worthülsen und Tricks, die Ihren Kritikern von vornherein
    die Lust nehmen - ob Sie nun mit Idioten diskutieren oder mit überlegenen
    Gegnern (obwohl es die natürlich nicht gibt). Wenn Sie z.B. jemand für ein
    politisch nicht korrektes Statement kritisiert (und zwar selbst für ein
    politisch extrem nicht korrektes Statement im Stil von "Ich freue mich, daß
    es in xy gerade viele Unfalltote gab, denn ich kann die sowieso alle nicht
    leiden"), dann können Sie den "Ewig Betroffenen" ins Feld schicken.
    Betroffenheit hat sich im Internet in letzter Zeit etwas abgenutzt. Wo viel
    provoziert wird, gibt es viele Ermahner, die aber virtuell natürlich nicht
    viel bewirken können, außer sich selbst zu distanzieren. D.h., daß Sie
    darauf ganz lässig antworten können: "Ach, wieder so ein Ewig Betroffener!"
    und daß voraussichtlich die Kritik nachlassen oder zumindest nicht weitere
    Kreise ziehen wird. Der "Ewig Betroffene" und er der "Gutmensch" sind
    inzwischen geradezu ideale Schlagworte, um Kritiker mundtot zu machen und
    sich ungestört den Weg durch die Foren zu bahnen.

    Ansonsten können Sie auch Ihr Statement im nachhinein als lustig
    erklären, oder einfach ohne nähere Begründung über Ihre Kritiker
    lachen. Oder ihm ohne weiteren Kommentar rechtgeben und ihn damit ins
    Leere laufen lassen. Oder Sie diskutieren gleich unter 2 verschiedenen
    Identitäten, von denen einer provoziert und der andere die Kritiker
    auslacht. Wichtig ist nur, daß diese im Forum nicht überhand nehmen.
    Aber wenn Sie es geschickt anstellen, sollte das nicht passieren.


    20. Wenn ein Forum explodiert ... Manchmal läßt sich im Internet das
    Phänomen beobachten, daß ein ganzes Forum mit einem lauten Knall
    explodiert. Dies passiert meistens dann, wenn eine ganze Reihe von Leuten
    sich gleichzeitig an diese Regeln halten. Meistens passiert dies bei
    Themen, die eine gewisse moralische Komponente beinhalten (dann ist es den
    meisten fast unmöglich, neutral zu bleiben) und bei denen die Argumente pro
    und contra gleichermaßen überzeugend (Beispiel: Kopftuchstreit in Schulen)
    oder für den Laien gleichermaßen schwer zu verstehen sind (Beispiel:
    Atomkraft). In solchen Konstellationen neigen viele automatisch zur
    Befolgung der Regel 1 ("Es gibt keine Gegenposition"). Und dann wird es
    interessant. Sobald außerdem mehr als 3 Positionen aufeinanderprallen, wird
    Form (Regeln 16-19) und Inhalt (Regeln 1-15) unentwirrbar. Einige werden
    dann Ihrer Meinung sein, aber Ihre Form daneben finden, andere werden Ihnen
    inhaltlich widersprechen und Ihre Form noch zusätzlich daneben finden. Der
    oder die eine oder andere wird die Stimmung zusätzlich anheizen, um dabei
    die "Goldenen Regeln" ganz genau zu lernen... Die Zahl der Leute, die im
    Hintergrund mitlesen, steigt jedenfalls in solchen Momenten exponentiell
    an, ebenso die Zahl der Leute, die Partei ergreifen. Nach kurzer Zeit ist
    dann der Streit um die Sache vermischt mit einem Streit darüber, wer nun
    was gesagt hat, bzw., wer was wie gemeint hat, was überhaupt ausgesprochen
    werden darf und über welche Frage überhaupt diskutiert wird.

    Und böse Zungen behaupten, seit Veröffentlichung dieser Regeln, sei dieses
    Phänomen noch häufiger zu beobachten, aber das ist sicher nur eine
    böswillige Verleumdung!



    Murphys Gesetze der Internet-Diskussionen:

    Auch wenn Sie im Internet den größten Schwachsinn schreiben (aus Ironie,
    Ärger, Versehen oder nur zum Spaß), auch wenn Sie die unglaublichsten
    Behauptungen aufstellen, es wird sich immer jemand melden, der dies ernst
    genommen hat!

    Auch wenn Sie für die absurdeste Behauptung eine Quelle suchen - im
    Internet werden Sie fündig!


    Sowelu :D
  • Da habe ich sogar ein Buch zu diesem Thema:

    Auf alle Fälle Recht behalten - Dialektische Rabulistik - Die Kunst der überzeugenden Wortverdreherei
    von Wolf Ruede-Wissmann
    Wirtschaftsverlag Langen Müller/Herbig
    ISBN 3-7844-7251-6

    Natürlich ist es etwas schwierig Rabulistik in Foren zu verwenden, da man ja immer wieder nachlesen kann, was "gesagt" wurde. Da hat man es in der hitzigen Debatte sehr viel einfacher, weil die Kontrahenden auseinander gehen und der Unterlegene sich irritiert fragt: "Was ist denn eben passiert?"

    Zu jedem dieser oben aufgeführten Punkte finden sich in unserem Forum leuchtende Beispiele, besonders komprimiert in Jocelynes Faden zur Unterdrückung der Kritiker der Relativitätstheorie. Wir sehen also, dass diese "Fachwissen der unsachlichen Diskussion" auch angewandt wird.

    Eine Besserung der Situation tritt zweifellos ein, wenn man der Aufforderung von Georg Rischl (egoli.buster) folgt, der das CB-Forum betreibt:

    Immer nur zur Sache schreiben, niemals zur Person! (gefunden im Freigeist Forum)

    Ich weiß, das fällt schwer, aber wir können an uns arbeiten!
    Also, werdet NOCH BESSER!
    :) EO
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • Gerade fällt mir noch was ein - oben schrieb ich, dass Rabulisitk in Forenbeiträgen die Herausforderung mit sich bringt, dass der "Dialog" geschrieben ist, also immer wieder nachvollzogen werden kann. So dokumentiert der Rabulist natürlich seine Schliche in der Gesprächsführung. Das ist eine Herausforderung, die des öfteren damit bewältigt wird, dass der Rabulist nachträglich seine Textbeiträge löscht. Glücklicherweise benutzen erfahrene Disputanten die Zitatfunktion, sodass sich dem späteren Leser nicht nur der Sinn der Antworten erschließt, sondern eben auch dokumentiert ist, welch hinterlistiges Spiel der jeweilige Teilnehmer da treibt.
    Nachträgliches Löschen oder Sinnentstellung von eigenen Beiträgen führt zu Punktabzug in der B-Note und kann das Wohlwollen der Admins schnell in den negativen Bereich treiben!

    Ich wollte das nur noch Mal gesagt haben!

    EO
    nenn mich EO
    zu Ende denken
  • Dazu gehoeren auch noch die '38 Kunstgriffe' von Schopenhauer, IMO -> de.wikipedia.org/wiki/38_Kunstgriffe
    Nur das man weiss, wie's manche gern machen...

    regards

    P.S.
    <h2> Die einzig sichere Gegenregel </h2>
    Zitat:

    • Die einzig sichere Gegenregel ist daher die, welche schon Aristoteles im letzten Kapitel der Topica
      gibt: Nicht mit dem Ersten dem Besten zu disputieren, sondern allein
      mit solchen, die man kennt und von denen man weiß, dass sie Verstand
      genug besitzen, nicht gar zu Absurdes vorzubringen und dadurch beschämt
      werden zu müssen, und um mit Gründen zu disputieren und nicht mit
      Machtsprüchen, um auf Gründe zu hören und darauf einzugehen und
      endlich, dass sie die Wahrheit schätzen, gute Gründe gern hören, auch
      aus dem Munde des Gegners und Billigkeit genug haben, es ertragen zu
      können, Unrecht zu behalten, wenn die Wahrheit auf der anderen Seite
      liegt. Daraus folgt, dass unter Hundert kaum Einer ist, der wert ist,
      dass man mit ihm disputiert
      .
    regards
    Die Menschen werden durch den Mythos, nicht durch Befehle, von Fabeln, nicht durch die Logik bewegt. Irwin Edelman