[Film] Pans Labyrinth

  • [Film] Pans Labyrinth

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    ich habe ein sehr interessantes essay zu den wunderbaren film "pans labyrinth" gefunden, welches ich niemanden vorenthalten m?chte. besonders weil ich den film selbst ?usserst aussagekr?ftig und bildlich wundersch?n empfinde. Pans labyrinth ist ein m?rchenhafter spanisch-mexikanischer film weit ab von mainstream-standart!

    Mexico / Spanien / USA (2006)

    Regie: Guillermo del Toro, Buch: Guillermo del Toro, Kamera: Guillermo Navarro, Musik: Javier Navarrete, Schnitt: Bernat Vilaplana, mit: Ivana Baquero, Ariadna Gil, Sergi L?pez, Maribel Verd?, Doug Jones, ?lex Angulo

    Originaltitel: El Laberinto del Fauno

    Ein paar Gedanken vorneweg

    Vorweg ein paar Gedanken zu diesem Essay: Es ist sehr schwer, eine Filmkritik zu schreiben. Der haupts?chliche Grund ist, dass man nicht zu viel von dem Film verraten m?chte, gleichzeitig aber auch ein wenig in das Wesen des Werkes einsteigen muss. Problem ist hierbei, dass viele Leser eine Filmkritik als eine Art Empfehlungsliste sehen. Diese m?gen bitte einen anderen Text lesen, denn dies kann und will dieser Essay nicht bieten. Wer meine Einsch?tzung zum Film h?ren will: Ja, geht rein ins Kino, verpasst diesen Film nicht, schaut ihn mehrfach, lobt ihn, kauft ihn Euch danach auf DVD, bildet Euch eine Meinung und lasst euch bis zu einem gewissen Punkt erleuchten. Dies beiseite gelegt, m?chte ich nun darauf verweisen, dass die meisten der folgenden Gedanken das sind, was der Film bei mir hinterlassen hat. Es ist sicherlich vieles in diesen Gedanken, was vom Regisseur intendiert war, doch will und kann ich nicht behaupten, dass meine Lesart die ultimative ist. Vieles, was man in einem Film sieht, ist die Vermengung eigener Erfahrungen und Sichtweisen mit dem, was die Filmemacher in ihrem Werk hinterlegt haben. Niemals wird es eine richtige Lesart geben. Das macht auch die Faszination des Mediums Film aus. Doch nun zum Fokus dieser Zeilen: dem Film Pan’s Labyrinth

    Pan’s Labyrinth:

    Labyrinthe, so hei?t es, sind Abbilder unseres Lebens. In der christlichen Religion wurden diese Gebilde zur Meditation genutzt: Der Sinnsuchende begibt sich in das Labyrinth. Im stetigen Gang hin zum Mittelpunkt des Labyrinthes findet er zu sich selbst: er sieht das Labyrinth als seinen Lebensweg und damit als Sinn seines Daseins. Das Labyrinth soll also nicht, wie es so h?ufig hei?t, einen Ausgang bieten, das sind Irrg?rten, es soll uns zu uns selbst f?hren, zum Mittelpunkt unserer Selbst. Weg vom zielgerichteten Dasein, hin zu einem davon befreiten Denken.

    Das titelgebende Labyrinth steht inmitten der spanischen Berge, nahe dem dunklen Wald. Die 11-j?hrige Ofelia wird es des Nachts betreten, nachdem sie mit ihrer Mutter zu ihrem Stiefvater, dem faschistischen Soldaten Capit?n Vidal gezogen ist, der in den Bergen die letzten Rebellen gegen das Franco-Regime ausl?schen soll. Ofelia, ein aufgewecktes M?dchen mit Hang zum Tr?umerischen und M?rchenhaften, wird also in eine neue Umgebung und eine andersartige Welt gezwungen, in der ihr “neuer” Vater zum absolutistischen Schreckensherrscher wird. Denn Vidal steht f?r alles, was Ofelia fremd ist: Ordnung, Genauigkeit, Ratio und Perfektionismus. Findet er dies nicht vor, so setzt er alle Gewalt ein, um dieses zu erreichen. Er will nicht nur die Menschen ?u?erlich beherrschen, sondern auch ihre Gedanken, ihr Innerstes. Das Faschistoide kulminiert in ihm in einer schrecklichen Figur des Horrors. Ofelia, so viel wird schon zu Anfang deutlich gemacht, passt nicht in diese Welt. Ihr bleiben nur wenige M?glichkeiten: Entweder sie rebelliert und folgt ihrem Instinkt, oder sie gibt auf und ergibt sich in das Weltbild der Faschisten und Realisten. Diese Entscheidung pr?gt Pan’s Labyrinth. Es ist die Entscheidung, entweder den Ausgang zu suchen und sich in der realen, faschistoiden Welt zurecht zu finden, oder die Suche in sich zu kehren und in der Mitte des Labyrinths nach sich selbst zu suchen.

    Das Diktum des Realismus:

    Der Begriff des Faschismus ist im Zusammenhang mit dem Franco-Regime eigentlich falsch angewendet, obwohl er die Richtung vorgibt, die das System damals hatte. Zwar teilt der Franquismus einige Aspekte des italienischen Faschismus oder des deutschen Nationalsozialismus, doch gibt es einige gewichtige Unterschiede. So arbeitete das Franco-Regime eng mit der katholischen Kirche zusammen und hatte eine restaurative, auf die Eliten fokussierte Grundeinstellung. Die ideologischen Weltbilder eines Mussolini oder Hitler teilte Franco nicht, er war eher durch reine Machterhaltung gepr?gt. Ihm fehlte auch das Charisma eines F?hrers der Massen. Seine Macht wurde durch seinen Status als oberster Heeresf?hrer und Rechtssprecher in Personalunion gepr?gt, ideologisch gest?tzt durch seine Integration des katholischen Glaubens in seine Machtapparatur und die damit einhergehende radikale Wiedereinsetzung der Kirche in die spanische Regierungsstruktur.

    In der Figur des Capit?n Vidal zeigen sich aber die ?hnlichkeiten zu den Regimen in Italien oder Deutschland: Seine absolute Genauigkeit, die virile Sch?nheit in der Uniform, das zackig-milit?rische Auftreten und die immer gleichen Rituale bilden ein gewisses und unumstrittenes Sch?nheitsideal, das durch sein hartes, sehr genaues und ?u?erst brutales Herrschen ?ber die l?ndliche Idylle d?ster persifliert wird. Gepr?gt wird seine Weltanschauung weniger durch katholische Z?ge, sondern durch eine radikale Kosten-Nutzen-Rechnung ohne moralischen Bezugsraum. Dieser wird ihm von der Kirche geliefert. In einer Szene, als die gesamte Elite des Dorfes bei Vidal zum Essen geladen ist, erkl?rt der Geistliche: “F?r Gott sind die H?llen egal, ihre Seelen sind schon erl?st.” Im gleichen Atemzug unterst?tzt er die Ma?nahme, die Essensrationen f?r das Volk soweit einzud?mmen, dass die Menschen bitterlich hungern m?ssen. Dies ist der Freifahrtsschein f?r Folter, brutalen Mord und unb?ndig ausgelebten Hass. Schon recht fr?h im Film wird dies deutlich: Einem Mann zerschl?gt Vidal das Gesicht so stark, dass der Sch?del in sich zusammenbricht.

    Die Welt, in der Ofelia ihren Tr?umen nachrennt, ist also eine der radikalen Realit?t, eine Welt ohne moralischen oder gar mystischen Raum. Wenn es egal ist, was man im Jetzt tut, solange es der h?heren Sache dient, wenn man automatisch im Jenseits erl?st ist und daher die H?llen der Seele im Hier und Jetzt jeglicher Willk?r ausgesetzt werden k?nnen, wenn sich also die moralisch-mystizistische Instanz in die Kirchengeb?ude zur?ckzieht, dann ist einer rein dem mathematischen Kalk?l untergebenen Weltanschauung nichts mehr entgegengesetzt. Es steht dabei au?er Frage, dass Vidals schnittig-ordentliche Welt einen entsprechenden Reiz der ?u?erlichen Perfektion hat. Ofelias Mutter heiratet den Mann ja nicht ohne Grund, er soll auch sie und ihre Tochter durch diese Welt hindurch f?hren. Dass aber auch dies nur dem Kalk?l seiner Weltanschauung unterworfen ist, kann sie nicht sehen. Er ist nur an seinem ungeborenen Sohn interessiert und sieht Ofelias Mutter als h?bsche Geb?rmaschine. Denn eine Welt ohne Moral und tieferem Bild seiner Zusammenh?nge ist auf die direkten Erbschaften als Weg zum Weiterleben nach dem eigenen Tod angewiesen.

    Gegen das Rationale:

    Innerhalb eines so rationalen Weltbildes kann ein M?dchen wie Ofelia keinen Zugang zum Leben finden. Sie ist genau das, was einer Ordnung entgegensteht: energiegeladen, selbstst?ndig, phantasiereich und vertr?umt. Sie kann sich also nicht kontrollieren und unterordnen, sie ist nicht f?hig, ohne Fragen zu stellen zu folgen, sie l?sst sich nicht ein Weltbild aufzw?ngen und kennt keine Grenze des Rationellen. Vidal ist unf?hig, mit ihr umzugehen. Seine einzige Art zu reagieren ist sie anzuherrschen und zu versuchen, sie zu unterdr?cken. Ohne ihre Mutter w?rde sie auch k?rperlicher Gewalt ausgesetzt werden, wie gegen Ende des Filmes mehr als deutlich wird.

    Ofelia steht f?r eine Welt, in der Verborgenes und Mystisches existiert. Die magische Unterwelt, in die sie als Prinzessin zur?ckkehren m?chte, steht f?r dieses Verborgene. Da dies eine nicht perfekt geordnete Welt des rational Realen impliziert, ist dieses Weltbild nicht kompatibel mit dem, was die Erwachsenen in dem Film, seien sie nun Franco-Anh?nger oder Dissidenten, vorleben. Ofelias wichtigste Eigenschaft ist also die Eigensinnigkeit, der Trotz, sich keine Sichtweise aufdr?ngen zu lassen. Ihr gegen?ber steht ihre neue Vertraute und Ersatzmutter Mercedes, die Dienerin von Vidal. Diese verk?rpert G?te und Vertrauen, ist zudem die wichtigste Freiheitsk?mpferin, weil sie in der H?hle des L?wen operiert und den K?mpfern in den Bergen Nahrung, Briefe aus der Heimat und Medikamente zur Verf?gung stellt. Zusammen mit dem Arzt ist sie neben Ofelias schwer an der Schwangerschaft leidenden Mutter die einzige ehrliche Instanz in der Umgebung Vidals. Doch auch sie hat den Glauben an die tiefere, magische Welt verloren, wie sie in einer herzerweichenden Szene zugibt. Ofelia fragt sie, ob sie an die Magie glaubt. Die traurige Antwort: Fr?her ja, doch die reale Welt hat jeden Glauben in ihr zerst?rt. Sie ist das gr??te Opfer des Regimes und der Rationalit?tsdoktrine. Und gleichzeitig ist sie so etwas wie das m?glichen zuk?nftige Ich von Ofelia, sollte sie irgendwann aufgeben. Die Mutter trifft es noch schlimmer. Als sie die Alraune unter ihrem Bett findet, wirft sie das magische Gew?chs, das ihrer Gesundheit dienen sollte, in das Feuer und t?tet sich damit selber.

    Doch auch wenn kein Erwachsener die andere Seite der Welt sehen kann, hei?t es noch lange nicht, dass diese nicht existiert. Ich habe schon an einigen Stellen Kommentare und Kritiken zu Pan’s Labyrinth gelesen, in denen die M?rchenwelt Ofelias als Flucht vor der Realit?t gesehen wurde. Doch ist es wirklich so einfach? Es ist klar und deutlich, dass Ofelia aus ihrem aktuellen Umfeld fliehen m?chte. Als sie das erste Mal den Pan in dem Labyrinth trifft, da zeigt er ihr auch einen Ausweg. Er ist ein klassischer W?chter, eine Figur, die dazu auserkoren ist, den Helden auf die Probe zu stellen und ihn von seiner Reise abzuhalten. Ofelias Reise soll die zur?ck in die magische Welt gehen. Die Frage ist nur, ob sie dort noch hingeh?rt. Ist sie sterblich geworden? Drei Pr?fungen sollen beweisen, dass sie noch Teil der magischen Welt ist.

    Was auf den ersten Blick eine deutliche Zweiteilung ergibt, auf der einen Seite die Welt der Erwachsenen, der Ratio, auf der anderen die Welt des Traumes und des M?rchenhaften, verbunden durch den Pan als W?chter, ist bei einer genaueren Ansicht gar nicht so sehr als Gegenpol angelegt. Ofelias Reise beginnt ja am Anfang des Labyrinths. In der Mitte wartet der Pan auf sie. Sieht man das Labyrinth hierbei als diesen Raum zur meditativen Selbstfindung, so steht der Pan an der Stelle, die Ofelias Selbst markiert. Auch die ?u?ere Welt ist nicht frei von magischen Elementen, im Gegenteil: Durch die Pr?fungen wird Ofelias Au?enwelt nicht magisch aufgeladen, es wird nur ihre Perspektive ge?ndert.

    Hierbei von einer Flucht aus der Realit?t zu sprechen, w?re entsprechend kurzsichtig. Ist die magische Welt nicht in der rationalen angelegt? Wie steht es mit den anderen Figuren, tr?gt ein Charakter wie Vidal nicht alle Insignien eines Captain Hook mit sich. Alleine sein Fetisch mit der Uhr des Vaters und die damit verbundene Angst vor der Verg?nglichkeit erscheint vor dieser Folie in einem ganz neuen Licht. Das Magische ist ein Teil des Ganzen. Zudem teilen beide Perspektiven mehr, als es zu Anfang den Anschein hat. Ober- wie Unterwelt werden von einer Person beherrscht, wobei beiden Herrschern Erl?serz?ge zugeordnet werden, was in sich wieder faschistoid ist. Auch Ofelia sehnt sich nach einer Welt, in der ein gewisser Schutz durch einen legitimierten Herrscher geboten wird, ihrem Vater. Die Szene in der Unterwelt verdeutlicht dies auch visuell. Sie steht in einem riesigen Saal, der Thron des K?nigs und seiner Frau ist viele Meter hoch vom Boden enthoben. Von oben nun wird mit G?te die R?ckkehr der Tochter gefeiert. Der trickreiche Pan steht am Fu?e der Konstruktion. Auch dies ist eine ?berh?hung der Herrschers. Aber dieser Herrscher ist eine Gestalt der Phantasie, er kann dem gerecht werden, was eine erl?sende Gestalt in sich haben muss. Nur in dieser Welt des Nicht-Perfekten geht dies. In gewisser Weise erinnert diese Fantasy-Struktur an die Superhelden im amerikanischen Comic. Auch sie tragen faschistoide Z?ge, aber durch ihre unmenschliche ?berh?hung k?nnen sie dem hohen Amt mit der moralischen Last der ganzen Welt auf ihren Schultern gerecht werden. Dies geht nur im M?rchen.

    Die fette Kr?te des neoliberalen Marktes:

    Doch der ?bergang in diese neue Welt ist nicht einfach gestaltet. Auch Ofelia, die mit ihrem Glauben an diese Welt schon einen ersten Schritt zur?ck in diese getan hat, muss sich erst als w?rdig erweisen. Der Pan sagt es ja: “Wir m?ssen sicher gehen, dass Ihr keine von denen geworden seid. Wir m?ssen sicher gehen, dass Ihr nicht sterblich geworden seid.”

    Die Unsterblichkeit ist ein Thema, welches immer wieder im Laufe des Films angesprochen wird. Was ist Unsterblichkeit? An einer Stelle zeichnet Ofelia ein paradoxes Bild: Es gibt eine Rose ganz oben auf einem Berg, die ihrem Finder die Unsterblichkeit bringt. Doch dazu muss dieser durch ein Dickicht an Rosenst?cken mit t?dlichen Dornen kommen. So traut sich kein Mensch, die Rose und ihre Unsterblichkeit zu erreichen. Dieses Bild zeigt ein stark katholisch gepr?gtes Bild der Ewigkeit: um die Unsterblichkeit zu erreichen, muss der Mensch sich selbst, sein Leben erst aufgeben. Es ist eine Form der Aufopferung. Ofelias Weg in die versteckte Welt ist mit ?hnlichen Opfern verbunden. Sie muss drei Pr?fungen bestehen, um Einlass zu erhalten. Diese Pr?fungen sollen beweisen, dass sie nicht sterblich geworden ist, also: dass sie nicht zu einem rationalen Wesen geworden ist, welches nur die sichtbare Existenz akzeptiert und sich an dieser orientiert. Im Kern werden ihr zwei Pr?fungen gestellt, da sie ja die zweite offiziell nicht beendet hat. Die beiden Pr?fungen stehen jeweils f?r einen der zwei wichtigsten Aspekte des Lebens in der rationalen Welt: die rationelle Gewinn-Orientierung und die moralische Institution. Letztere ist nat?rlich die Kirche, welche in einem faszinierenden Sinnbild dargestellt ist: vor einem ?ppig gedeckten Tisch sitzt eine feiste, wei?e Gestalt ohne Augen im Kopf. Diese liegen vor ihr auf einem Teller. Die kleine Ofelia soll nun ein Schlie?fach im Hintergrund ?ffnen und ein Messer stehlen, ihr wird aber verboten, von dem Tisch zu naschen. Es stellt sich heraus, dass die davor sitzende Gestalt ein kinderfressendes Ungeheuer ist. Es erwacht erst, als Ofelia von dem ?ppigen Mahl nascht. Seine Augen sind in die H?nde eingelassen. Also kann es entweder sehen oder greifen, nicht aber beides. Dies steht sinnbildlich f?r die Kirche, vor allem unter dem Franco-Regime. Sie hortet unendliche Mengen an dem, was den Menschen fehlt, will dies aber nicht ausgeben. Das Monster, welches entweder hinsieht, oder wegsehend nach allem greift, was es bekommen und hinunterschlingen kann, steht ebenso daf?r.

    Fast interessanter ist aber die erste Pr?fung, mit der Ofelia den Schl?ssel erlangt, mit der sie erst das Schlie?fach mit dem Messer ?ffnen kann. Hier muss sie in einen alten, vertrockneten Baumstumpf kriechen, um dort eine fette Kr?te zu besiegen, die den Baum hat ?ber die Jahrhunderte absterben lassen. Dazu muss sie dem riesigen Wesen drei Steine zu fressen geben. Ofelia gelingt dies, indem sie die Gier des Wesens ausnutzt. Dieses ist so fett geworden, weil es die K?fer, die durch den verfaulten Baum angelockt wurden, als Leibspeise hat. Als sie einen dieser K?fer in ihrer Hand mit den Steinen h?lt, zieht die Kr?te diese mit seiner langen Zunge in seinen Rachen und erbricht ihr gesamtes Inneres als riesigen, gelben Schleimklumpen. Hier wird einiges ger?cht: der Egoismus, die V?llerei und vor allem: das in Kauf nehmen des sterbenden Baumes nur aufgrund seines eigenen Vorteils. Dies richtet sich nicht nur gegen das Franco-Regime und seine Mitl?ufer wie Capit?n Vidal, es richtet sich gegen die g?ngige Ansicht der Neoliberalen, der Herrscher im hier und jetzt. Der eigene Vorteil, die eigene Ideologie, das alles steht im Mittelpunkt. So darf man ohne zu z?gern andere Menschen einem Schicksal als Arbeitslose oder gar gescheiterte Seelen ausliefern, solange es nur dem Gesetz eines freien Marktes gehorcht, und es ist auch richtig, anderen V?lkern das eigene Weltbild notfalls mit Gewalt aufzuzwingen, wenn es dem eigenen Kapital oder der eigenen Sicherheit dient.

    Auch hier zeigt sich wieder die Strategie, die rationale Welt ?ber die magischen Elemente zu einem ganzen Bild zu erg?nzen. An dieser Stelle wird aber eine wichtige Unterscheidung zwischen der Darstellung der rationalen und der magischen Welt getroffen, die zum Beispiel eine h?ufig gemachte Einordnung von Pan’s Labyrinth in den Magischen Realismus fraglich macht. Bewusst wird hier n?mlich der rationale, typische Zugang als Kritik an dem historischen Ereignis des spanischen B?rgerkriegs ?bergangen und stattdessen das Jetzt ?ber das magische Symbol in einen Kontext zu dem Regime Francos gesetzt. Die beiden Pr?fungen “enthistorisieren” also die Dysfunktion einer Gesellschaft und zeigen auf, dass diese auch in dem gesellschaftlichen Umfeld des Betrachters nicht nur ?blich, sondern vorherrschendes Merkmal ist. Wann war eine Gesellschaft denn je rationaler auf die Gewinn-Verlust-Maxime reduziert, wenn nicht jetzt die neoliberale Herrschaft der freien Marktwirtschaft?

    Dass diese Kritik auch ganz deutlich im Umfeld des Filmes Fu? fasst, zeigt ein Blick auf die Entstehung des Filmes. Del Toro selbst hat schon in Hollywood Filme gedreht, darunter auch den fantastischen Hellboy aus dem Jahre 2004. Aber h?tte er die Chance gehabt, einen Pan’s Labyrinth in dieser Form dort zu drehen? W?ren die Strukturen des marktwirtschaftlich extrem durchorganisierten amerikanischen Films in der Lage gewesen, die kaum erkl?rten Aspekte der magischen Welt, diese Aufl?sung von narrativer Verbindlichkeit oder die krasse Gewaltt?tigkeit in einem m?rchenhaften Umfeld ohne abschw?chende Ironisierung zu tragen?

    Die strenge ?sthetik des Ungeordenten:

    Es scheint, als w?re Hollywood ein Teil der Ordnung des rationalen Teilbereichs von Pans Welt. Die filmischen Konzepte eines tpyischen Hollywood-Blockbusters nach der Art eines Produzenten wie Jerry Bruckheimer ordnen sich einem narrativen Konzept unter, welches f?r uns als Zuschauer klar definiert und einfach dekodierbar ist. Leider gibt es nur wenige Regisseure und Produzenten, die sich aus diesem Konzept des Notwendigen l?sen und eigene Wege gehen, wie zum Beispiel Steven Spielberg. Dies erfordert eine gewisse Macht, die wenige Filmemacher in der Traumfabrik haben. Dies sieht man Pan’s Labyrinth deutlich an. Dort, wo ein Film wie Pirates of the Caribbean 2 vor allem h?bsch anzusehen und gut zu verfolgen ist, da beginnt hier eine weitere Ebene der Gegen?berstellung der zwei Perspektiven auf die Welt. Die visuelle Ausstaffierung des Bildes ist auf h?chstem Niveau. Sowohl die magischen, als auch die rationalen Schaupl?tze sind detailreich ausgestattet. Dies dient zum einen der Abgrenzung der Orte, letztere sind sehr klar nach historisch korrektem Vorbild gekennzeichnet, die magischen Gegen?ber dagegen nach der Erwartung prunkvoll und deutlich ?berzogen ausgestattet. Zum anderen dient es aber auch einer Gegen?berstellung mit der Kameraarbeit, die fast ausschlie?lich mit Steady-Cam arbeitet. Dabei ist die Kamera mit einem recht statischen Setup ausgestattet und arbeitet stark mit Tiefensch?rfe, gleichzeitig bewegt sie sich aber sehr frei im Raum. Die Einschr?nkung der Sicht und die Kontrolle ?ber das Sichtbare wird dementsprechend weniger ?ber die Sch?rfe, denn ?ber eine sehr ausgekl?gelte, expressionistische Ausleuchtung der R?ume erreicht. Auch dies dient der Mystifizierung oder auch magischen Umdeutung der R?ume. Dabei nutzt die Kamera ihre Freiheit, um aus der ansonsten strengen Ordnung des Raumes auszubrechen. Sie wirkt wie die Verwirklichung der magischen Welt. Gedoppelt wird der Effekt in den Momenten, in den magische Kreaturen wie der Pan in den realen Raum einbrechen, ohne dass es eine inhaltliche Erkl?rung geben k?nnte. Kamera wie Figuren stehen hier im Kontrast zu dem narrativen Bildkonzept eines Hollywood-Films. Dies passt auch zu den Bewegungen der Figuren und der Kamera, wenn die kaum beleuchteten Dunkelfl?chen im Raum von diesen nicht umgangen werden. So genau diese Ausleuchtung durchgef?hrt wird, die Schauspieler und die Kamera durchbrechen diese manchmal, sorgen daf?r, dass man nicht immer alles sehen und ?berblicken kann. In den Szenen mit Capit?n Vidal dagegen ist die Ausleuchtung klarer und die Bewegung der Schauspieler im Raum viel kontrollierter. Auch hier herrscht eine so konzipierte Unordnung ?ber das Magische, die Kontrolle und Ordnung dagegen ?ber den historisch konzipierten, rationalen Bereich.

    Was ?brig bleibt—del Toros Antwort auf katholische Opferkulturen:

    Am Ende, in der Mitte des Labyrinths, kulminieren diese Welten. Hier kommt der Moment, in dem die Kamera beide visuellen Strategien auf das selbe Setting anwendet. W?hrend der Raum f?r Ofelia dunkel und mystisch ist, w?hrend sie sich weigert, ihren Halbbruder dem Pan zu opfern, ist das Bild klarer, sobald Vidal die Szenerie betritt. Nur ein wichtiges Detail fehlt hier: der Pan, mit dem Ofelia interagiert. Was im psychologischen Realismus als Beweis einer Projektion ihrerseits gedeutet werden k?nnte, ist in diesem Moment ein Beweis, wie ungen?gend die Welt des Vidal ist. Dabei nimmt er kurz sp?ter die gleiche Stelle ein, die der Pan inne hatte. Auch er fordert von ihr den Bruder ein. Doch im Gegensatz zur magischen Kreatur nimmt er sich das Recht einfach heraus, indem er Ofelia t?tet.

    Dabei wird diese gleichgesetzte Situation als der letzte Test offenbart. Wenn nun Ofelia in der rationalen Welt stirbt, tritt sie in die magische Unterwelt ein, w?hrend ihr Blut das kleine Fingerlabyrinth am Boden des Tores f?llt. Auch hier wird die Deutungsm?glichkeit gedoppelt. W?hrend Mercedes um die Tote weint, wissen wir, dass sie in ein anderes Reich eingegangen ist. Das letzte Bild, wo ein erster Spr?ssling aus dem ehemals toten Baum der ersten Pr?fung herausw?chst, beweist es uns zuletzt: Ofelia hat das erreicht, was Vidal verwehrt blieb. Sie hat etwas in der Welt ver?ndert, sie hat einen Eindruck hinterlassen. Die Rose der Unsterblichkeit geh?rt nach ihrem Opfer ihr. Der Preis: das ewige Leben in der magischen Welt. Das Jenseits einer christlichen Pr?gung ben?tigt sie nicht. Schade nur, dass die Zur?ckgebliebenen dies nicht verstehen und um sie weinen.

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    (quelle: g-wie-gorilla.de/content/view/330/2/)
  • Nabend :)

    Ich habe jetzt nicht alles oben geschriebene gelesen, aber ich habe den Film vor 2-3 Monaten im Kino gesehen.

    Meine Meinung: Sehr genial und ein Muss. Man muss in zumindest einmal gesehen haben, denn der ganze Plot ist sehr gut aufgebaut und wenn man nicht durch das "normale" Fernsehen abgestumpft ist, ist der Film nicht nur anspruchsvoll, sondern auch sehr erschreckend.

    Die schlechte Seite des Menschen wird in diesem Film durch den Faschismus ueberragend wiedergegeben und man kann diesen Film wirklich ohne grosse Muehen auf den Alltag anwenden und sich einige Gedanken machen.

    Ich habe die Nacht nach diesem Erlebnis wach und nachdenklich im Bett verbracht und es war KEINE vergeudete Zeit.

    Ueber den Film moechte ich jetzt auch nicht allzu viel verraten, um euch nicht die Spannung zu nehmen, aber der Film ist MEHR als sehenswert!

    Sanfte Gruesse,
    Jens