ehemaliger Protege Einsteins und einer der angesehensten
Quantenphysiker der Welt ?ber seine Theorie eines
holografischen Universums.
Verh?llte Ordnungen und enth?llte Realit?ten
Eine der aufregendsten Thesen Bohms lautet, dass die
greifbare, konkrete Realit?t unserer allt?glichen Erfahrung in
Wahrheit eine Illusion ist, vergleichbar einem holographischen
Bild. Ihr zugrunde liegt eine tiefere Seinsordnung, eine
unerme?liche und urspr?nglichere Wirklichkeitsebene, die alle
Objekte und Erscheinungen unserer physischen Welt auf ganz
?hnliche Weise hervorbringt, wie ein holographischer Film ein
Hologramm erzeugt. Bohm bezeichnet diese tiefere
Wirklichkeitsebene als ?implizite? Ordnung (was soviel wie
verh?llte Ordnung bedeutet), und unsere eigene Seinsebene ist
f?r ihn die ?explizite? oder enth?llte Ordnung.
Bohm verwendet diese Begriffe, weil er alle
Erscheinungsformen im Universum als das Ergebnis
ungez?hlter Verh?llungen und Enth?llungen innerhalb dieser
Ordnungen auffa?t. Er glaubt beispielsweise, dass ein Elektron
nicht ein ?Einzelding? ist, sondern eine Totalit?t oder eine in
sich geschlossene Gruppe, die sich im gesamten Weltraum
verh?llt. Wenn ein Instrument ein einzelnes Elektron aufsp?rt,
dann nur deshalb, weil sich ein Aspekt des
Elektronenensembles an diesem bestimmten Ort enth?llt,
?hnlich wie ein Tintentropfen in Glyzerin sichtbar wird. Und
wenn sich ein Elektron zu bewegen scheint, so ist das auf eine
zusammenh?ngende Folge solcher Enth?llungen und
Verh?llungen zur?ckzuf?hren.
Anders ausgedr?ckt: Elektronen und alle anderen
Elementarteilchen haben nicht mehr Substanz oder Dauer als
die Erscheinungsform, die ein Geysir annimmt, wenn er
emporschie?t. Sie werden in Gang gehalten durch einen
stetigen ?Zustrom? aus der impliziten oder verh?llten
Ordnung, und auch wenn ein Teilchen zerst?rt zu sein scheint,
geht es nicht verloren. Es hat sich lediglich wieder in der
tieferen Ordnung verh?llt, der es entsprungen ist. Ein
holographischer Film und das von ihm erzeugte Bild sind
zugleich ein Modell der impliziten und expliziten Ordnung.
Der Film repr?sentiert eine implizite Ordnung, denn das in
seinen Interferenzmustern kodierte Bild ist eine verborgene
Totalit?t, die sich im Ganzen verh?llt. Das vom Film
projizierte Hologramm stellt eine explizite Ordnung dar, weil
es die enth?llte und wahrnehmbare Version des Bildes ist.
Der konstante, flie?ende Austausch zwischen den beiden
Ordnungen erkl?rt, wieso sich Elementarteilchen, etwa das
Elektron im Positroniumatom, von einem Teilchentyp in einen
anderen verwandeln k?nnen. Solche Verschiebungen lassen
sich beobachten, sobald sich ein Teilchen, beispielsweise ein
Elektron, wieder in der impliziten Ordnung verh?llt, w?hrend
sich ein anderes, ein Photon, enth?llt und seine Stelle
einnimmt. Damit l??t sich auch erkl?ren, warum sich ein Quant
entweder als ein Teilchen oder als eine Welle manifestiert.
Nach Bohm sind beide Aspekte stets im Ensemble eines
Quants verh?llt, aber die Art und Weise, wie ein Beobachter
mit dem Ensemble interagiert, entscheidet dar?ber, welcher
Aspekt sich enth?llt und welcher verborgen bleibt. So gesehen,
ist die Rolle, die ein Beobachter bei der Determinierung der
Erscheinungsform eines Quants spielt, m?glicherweise nicht
geheimnisvoller als die Tatsache, dass ein Juwelier bei der
Bearbeitung eines Edelsteins dar?ber entscheidet, welche
Facetten sp?ter sichtbar oder unsichtbar sind. Weil sich jedoch
der Begriff Hologramm ?blicherweise auf ein Bild bezieht, das
statisch ist, und nicht die Dynamik und unaufh?rliche Aktivit?t
der unberechenbaren Verh?llungs- und Enth?llungsprozesse
vermittelt, die in jedem Augenblick unser Universum neu
ersten, beschreibt Bohm dieses Universum nicht als ein
Hologramm, sondern lieber als eine ?Holobewegung?.
Die Existenz einer tieferen, holographisch angelegten
Ordnung ist auch eine Erkl?rung daf?r, dass die Realit?t auf
der Ebene unterhalb der Quanten ?nicht-?rtlich? wird. Wie wir
gesehen haben, bricht der Schein einer Ortsgebundenheit
zusammen, wenn etwas holographisch organisiert ist. Die
Aussage, dass jedes Teilst?ck eines holographischen Films
s?mtliche Informationen enth?lt, die dem Ganzen eigen sind,
bedeutet doch im Grunde nur, dass die Informationen verteilt,
also nicht an einen Ort gebunden sind. Falls somit das
Universum nach holographischen Prinzipien organisiert ist,
mu? man auch davon ausgehen, dass es ?nicht-?rtliche?
Eigenschaften besitzt.
Aus: Michael Talbot - Das Holografische Universum