Die Kerr-L?sung

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    • Die Kerr-L?sung

      Die Kerr-L?sung

      Erst 1963 folgte eine weitere wesentliche L?sung der Einsteinschen Gleichungen mit neuen physikalischen Eigenschaften: die Kerr-L?sung. Sie beschreibt rotierende, elektrisch ungeladene Schwarze L?cher und wurde von dem neuseel?ndischen Mathematiker Roy Patrick Kerr gefunden (Papier: "Gravitational field of a spinning mass as an example of algebraically special metrics", 1963). Diese L?sung ist station?r und axialsymmetrisch. Aus der Killing-Gleichung dieser Metrik lassen sich so zwei Killing-Felder ableiten: eine Erhaltungsgr?sse dieser Symmetrieeigenschaften ist die Energie (Stationarit?t), die andere ist der Drehimpuls (Axialsymmetrie). Nach dem Noether-Theorem ist mit jeder Erhaltungsgr?sse eine Symmetrie verkn?pft, diese wurde in Klammern vermerkt. Das Linienelement der Kerr-Metrik ist komplizierter als im Schwarzschild-Fall und weist neue Kreuzterme auf. Mit Kreuztermen meint man Mischungen von Koordinaten in den metrischen Koeffizienten. Im Fall der Kerr-L?sung (in Boyer-Lindquist Form) treten Mischungen zwischen der zeitlichen Komponente (t-Komponente) und der Azimutal-Komponente (Phi-Komponente) auf. Die Metrik geschrieben in Matrixform ist also nicht diagonal und weist von Null verschiedene Nebendiagonalelemente auf. Physikalisch ist das mit der rotierenden Raumzeit zu begr?nden. Man kann dies schnell nachvollziehen, indem man gleichzeitig eine t- und eine Phi-Spiegelung durchf?hrt: dann ist das Kerr-Feld unver?ndert (invariant). Es muss also zu einer drehenden Gravitationsquelle geh?ren.


      Roy Kerr hat historisch die Metrik dieser rotierenden, ringf?rmigen Gravitationsquelle in pseudo-kartesischen Koordinaten formuliert. Weil diese der Axialsymmetrie nicht angepasst sind, sieht die Metrik dann deutlich komplizierter aus (historische Form der Kerr-L?sung). Allerdings kann man die Ringsingularit?t (dazu sp?ter) geeignet im pseudo-kartesischen System ableiten.
      Eine Standarddarstellung rotierender Schwarzer L?cher ist die Boyer-Lindquist Form. Diese Koordinaten sind pseudo-sph?risch und der Symmetrie deutlich besser angepasst. Es handelt sich dabei um die maximale analytische Fortsetzung der Kerr-Metrik. In dieser Darstellung werden eine Reihe typischer Funktionen verwendet, die auch oben im Linienelement der Kerr-Geometrie zu finden sind. Das radiale Verhalten dieser Boyer-Lindquist Funktionen in der ?quatorialebene (theta ist die H?lfte von Pi, also 90 Grad) und im Falle eines maximal rotierenden Schwarzen Loches a = 1 zeigt die linke Abbildung. Auf der Symmetrieachse der rotierenden Raumzeit (theta ist null) gibt es in Boyer-Lindquist Form eine Koordinatensingularit?t. Eine weitere, gravierendere gibt es am Ereignishorizont: Die Lapse-Funktion (alpha) und das Delta-Potential (gross Delta) werden beide am (inneren und ?usseren) Horizont null. Deshalb divergiert die Komponente grr des metrischen Tensors am Horizont. Beide Koordinatensingularit?ten des Boyer-Lindquist Systems lassen sich beheben, wenn man Kerr-Schild Koordinaten verwendet. Der metrische Tensor der Kerr-Geometrie in Kerr-Schild Form weist zwar mehr nicht-verschwindende Komponenten (mehr Nebendiagonalelemente) auf, bleibt aber konvergent. Das wird im Wesentlichen durch die neue Funktion z gew?hrleistet, die die Kerr-Schild Funktionen enthalten (Quelle: S.S. Komissarov 2004).
      Im Schwarzschild-Fall koinzidiert der innere Horizont mit der zentralen Singularit?t bei r = 0. Bei maximaler Rotation eines Schwarzen Loches vom Kerr-Typ (a = -1 oder a = 1) koinzidieren innerer und ?usserer Horizont und liegen bei einem Gravitationsradius. F?r intermedi?re Werte von a liegt der innere Horizont immer innerhalb des ?usseren Horizonts.
      Physikalisch bedeutet verschwindendes Delta-Potential, dass hier gerade die Rotverschiebung unendlich wird! Strahlung aus diesem Bereich unterliegt dem Effekt der Gravitationsrotverschiebung und wird stark unterdr?ckt.

      Ein interessanter Umstand ist, dass das rotierende Schwarze Loch am Horizont alles, Materie, Licht, Magnetfelder, Beobachter etc. zwingt in seine Umlaufrichtung und mit gleicher Winkelgeschwindigkeit zu rotieren. Das verwundert nicht, denn das Loch ist die Raumzeit selbst, die rotiert. Dieses "Mitschleppen von Objekten und des Bezugssystems" bezeichnet man mit dem englischen Fachbegriff frame dragging (engl. frame: Bezugssystem; to drag: ziehen). Es kann deshalb auch keine statischen Beobachter mehr nahe am Loch geben. Das passende Beobachtersystem, das man dann in der Kerr-Metrik verwendet, nennt man Bardeen-Beobachter oder ZAMO-System, f?r Zero Angular Momentum Observer. Dieser Beobachter rotiert mit der Raumzeit/mit dem Schwarzen Loch mit, deshalb verschwindet sein Drehimpuls lokal.
      Das kleine omega bei den Boyer-Lindquist-Funktionen bezeichnet die Frame-Dragging Frequenz: Man erkennt, dass sie kurz vor dem Horizont stark ansteigt. Daran kann man sehen, dass die Rotation der Raumzeit im Bereich innerhalb der Ergosph?re wichtig und sehr hoch wird. Ergoregion heisst der Bereich zwischen ?usserem Horizont und Ergosph?re. Die Ergoregion ist eine an den Polen abgeplattete, sph?roide Region um den exakt kugelf?rmigen Horizont und markiert gerade die Grenze, ab der die raumzeitliche Rotation dominant wird. Mathematisch definiert man die Ergosph?re durch das Verschwinden der 00-Komponente (oder tt-Komponente) des metrischen Tensors.
      Der ZAMO rotiert exakt mit dieser Winkelfrequenz klein omega. Sendet er einen Lichtblitz aus, propagiert ein Teil des Lichts in positive und der andere Teil in negative Richtung des Azimutwinkels phi. Nur der ZAMO wird - und nur er - dann die getrennten Lichtblitze nach ihren Uml?ufen um das Loch exakt gleichzeitig bei sich empfangen. Andere Beobachter werden eine Verz?gerung messen.
      Dieselbe Diskussion kann man f?r den Schwarzschild-Fall (keine Rotation, a = 0) wiederholen. Die Abbildung links zeigt, dass das Verhalten der einzelnen Funktionen sehr ?hnlich ist, wie im Kerr-Fall, nur dass der Horizont nun doppelt so gross ist, bei rH = 2 rg, dem Schwarzschildradius. Die Funktionen rho und omega tilde sind im Schwarzschild-Fall identisch und liegen aufeinander (blaue und gelbe Kurve). Es gibt jedoch eine wesentliche Ausnahme: das Drehimpulspotential (omega) bleibt konstant null, weil es proportional zu a ist. Das bedeutet, dass aufgrund des Frame-Dragging Effekts jede Rotation am Horizont des Schwarzschild-Loches stoppen muss! Diese Bedingung wird rotierender Materie in einer Akkretionsscheibe durch die statische Raumzeit auferlegt. Bei Simulationen des Akkretionsflusses in pseudo-Newtonschen Potentialen (Potentiale, die den relativistischen Schwarzschild-Fall nachahmen) muss diese Bedingung ber?cksichtigt werden.

      Der Frame-Drag ist in der Magnetohydrodynamik (MHD) Schwarzer L?cher von besonderer Relevanz: denn Magnetfelder in der Akkretionsscheibe werden durch frame dragging "aufgezogen". Anschaulich werden global poloidale Magnetfelder in der N?he von Kerr-L?chern verdrillt (Torsion). Die Feldlinien werden zusammengequetscht und rotieren: die Magentfeldst?rke erh?ht sich signifikant! Man nennt dieses Ph?nomen ergosph?rischen Dynamo. Dadurch werden vorhandene Magnetfelder verst?rkt und die Magnetfeldtopologie dominant toroidal. Auch die Dynamik solcher Magnetfelder ist ein interessantes Studienobjekt, denn das rotierende Loch treibt Alfv?n-Wellen, also ein r?umlich und zeitlich variables Magnetfeld, dass durch die Raumzeit propagiert. Man nennt die resultierende, grossskalige Struktur: Torsionalen Alfv?n-Wellenzug (Torsional Alfv?n Wave Train, TAWT). Es handelt sich um eine MHD-Welle, die entlang der Rotationsachse des Schwarzen Loches propagiert und dabei Plasma mitreisst. Ihre Geschwindigkeit, die Alfv?n-Geschwindigkeit, h?ngt von der Umgebungsdichte ab: In einem dichteren Medium wird diese MHD-Welle langsamer. Mithilfe des TAWT-Mechanismus erkl?rt man sich die Jet-Entstehung: Jets sind grossskalige Plasmastr?me aus dem Innern von Konfigurationen aus Schwarzem Loch und Akkretionsscheibe. Bei den extragalaktischen Makro-Jets von Aktiven Galaktischen Kernen (AGN), wie Radiogalaxien, Quasaren und Blazaren, und auch bei den Mikro-Jets von (stellaren) Mikroquasaren werden die Jets sogar relativistisch schnell. Relativistische Jets sind also magnetisch getrieben! Jets reichern schliesslich durch ihre Ausbreitung das interstellare und intergalaktische Medium mit Materie an. Aus diesem Material k?nnen durch gravitative Instabilit?ten wieder Sterne entstehen.




      Genauso wie die Planeten im Sonnensystem um die Sonne kreisen, gibt es auch stabile Keplerbahnen um ein Schwarzes Loch. Es gibt neben diesen stabilen Orbits aber auch instabile Bahnen. Im Prinzip gibt es f?nf M?glichkeiten f?r die Bewegung eines Teilchens mit Drehimpuls in der Umgebung eines rotierenden Schwarzen Loches:
      i) Das Teilchen f?llt direkt aus dem Unendlichen in das Schwarze Loch.
      ii) Das Teilchen wird aus dem Unendlichen eingefangen und f?llt nach einigen Uml?ufen in das Schwarze Loch.
      iii) Das Teilchen beschreibt eine stabile Kreisbahn (mit konstantem Radius) um das Schwarze Loch.
      iv) Das Teilchen beschreibt eine elliptische Bahn mit einer Periastron-Drehung um das Schwarze Loch.
      v) Das Teilchen entkommt dem Schwarzen Loch, weil es genug Energie hat bzw. der "Stossparameter" sehr gross ist.
      Diese ?berlegungen macht man sich leicht am Potentialverlauf klar. Die Diskussion l?uft analog zum Newtonschen Fall, nur dass man verallgemeinerte effektive Potentiale der Kerr-Geometrie hat. Analytisch behandelt man bei Teilchenbewegungen (Materieteilchen oder Photonen) mit der Geod?tengleichung. Eine L?sung dieser Gleichung auf der Kerr-Geometrie f?hrt zu den Geod?ten f?r Materieteilchen und den Nullgeod?ten f?r Photonen. Numerisch kann man vorhandene Erhaltungsgr?ssen ausnutzen: neben den klassischen, konservativen Gr?ssen Masse, Energie und Drehimpuls existiert - und das nur ganz speziell in der Kerr Metrik! - eine vierte Erhaltungsgr?sse: die Carter-Konstante. Brandon Carter fand diese Gr?sse 1968 (Papier: "Global structure of the Kerr family of gravitational fields") aus der Separabilit?t der Hamilton-Jacobi Gleichung: diese Gleichung formuliert auf der Kerr-Geometrie enth?lt das Wirkungsfunktional. Carter nahm daf?r einen Separationsansatz an, der im Wesentlichen in den Koordinaten separiert. Die Carter-Konstante ist mit dem radialen und poloidalen Impuls (des Materieteilchens oder Photons) assoziiert.
      Mit diesem Satz aus vier Erhaltungsgr?ssen l?sst sich die Geod?tengleichung sehr angenehm integrieren. Die Geod?tengleichung ist eine Differentialgleichung zweiter Ordnung, die nach dem Existenz- und Eindeutigkeitssatz eine eindeutige L?sung besitzt: die Bahn des Materieteilchens oder Photons. Die Simulationen mit Kerr Ray Tracern zeigen, dass die Photonen nicht nur durch den klassischen Doppler-Effekt, sondern auch durch relativistische Effekte stark beeinflusst werden:
      Beaming - ein Effekt der speziellen Relativit?tstheorie - sorgt f?r eine Kollimation der Strahlung in Bewegungsrichtung des Emitters. Dieses Ph?nomen wurde auch in Teilchenbeschleunigern entdeckt, wo relativistische, geladene Teilchen eine scharf in Bewegungsrichtung geb?ndelte Strahlung abgeben: die Synchrotronstrahlung (benannt nach dem Typus des Teilchenbeschleunigers, einem Synchrotron). In der Umgebung Schwarzer L?cher rotiert das Plasma ausserhalb der marginal stabilen Bahn in der Regel Keplersch in einer geometrisch d?nnen Standard-Akkretionsscheibe. Beaming bewirkt nun, dass der Teil der Scheibe, der auf den Beobachter zurotiert heller wird, w?hrend der andere Teil der Scheibe, der vom Beobachter wegrotiert in der Helligkeit unterdr?ckt ("weggebeamt", aber nicht im Sinne von Scotty) wird.
      Gravitationsrotverschiebung sorgt vor allem nahe am Ereignishorizont f?r eine Verschiebung der Wellenl?nge der Photonen zum roten, niederenergetischen Ende hin. Ursache ist das starke Gravitationsfeld des Schwarzen Loches, gegen das die Photonen ank?mpfen m?ssen. Um ?berhaupt dem Einflussbereich des Loches zu entkommen, verlieren die Photonen viel Energie. Dieser Effekt reduziert jede Emission am Horizont besonders stark! Man sagt: um das Schwarze Loch bildet sich ein "Schatten" aus (wenn der Vergleich auch etwas hinkt).


      Die linke Abbildung zeigt die Winkelgeschwindigkeit in der Kerr-Metrik. Dieser Ausdruck ist ganz fundamental und gilt immer in der Kerr-Geometrie. Man sieht die Abh?ngigkeit von den Boyer-Lindquist-Funktionen (R ist der "Zylinderradius" und identisch mit dem obigen omega, das eine Tilde aufweist) und von einer Gr?sse, die mit lambda bezeichnet ist. Lambda ist gerade das Verh?ltnis von den Erhaltungsgr?ssen Drehimpuls L und Energie E eines einfallenden Materieteilchens oder Photons. Die Winkelgeschwindigkeit wird am Horizont gerade klein omega, weil wie aus dem Diagramm oben ersichtlich, alpha null wird. Das ist gerade der Frame-Dragging Effekt: das Loch zwingt alles mit dem Horizont zu rotieren!
      Auf Keplerbahnen kann man f?r die Gr?ssen E und L (also auch lambda) fixe Ausdr?cke ableiten, die nur von der Masse des Schwarzen Loches, dessen Rotationszustand (parametrisiert mit a) und dem Radius der Kreisbahn abh?ngen. Diese Ausdr?cke gehen f?r grosse Radien in den Newtonschen Grenzfall ?ber.
      Man unterscheidet bei der Winkelgeschwindigkeit bzw. bei Kreisbahnen um ein Schwarzes Loch zwei M?glichkeiten: bei prograden Orbits rotiert das Teilchen (oder der Stern etc.) mit dem Schwarzen Loch in die gleichen Umlaufrichtung; bei retrograden Orbits entsprechend gegenl?ufig. Dies macht in den Gleichungen nur Vorzeichenunterschiede bei einigen Termen aus.
      Stabile Kepler-Rotation auf Kreisbahnen ist nur bis zur marginal stabilen Bahn m?glich. Dies gab gerade diesem charakteristischen Radius um ein Schwarzes Loch seinen Namen. F?r kleinere Radien ist keine stabile Rotation mehr m?glich und das Teilchen wird im freien Fall in das Schwarze Loch fallen, am Drehimpulswall reflektiert (wenn es gen?gend Drehimpuls hat) oder den Bereich des Schwarzen Loches wieder verlassen (wenn es gen?gend Energie hat).
      Bis zur marginal stabilen Bahn kann man somit die Formel f?r Omega vereinfachen: man erh?lt dann die bekannte Winkelfrequenz f?r Keplerbahnen. Alle Werte f?r die Winkelgeschwindigkeit, die ?berhaupt angenommen werden d?rfen, liegen im farbigen Bereich der n?chsten Abbildung: die obere Kurve ist gerade die prograde Winkelgeschwindigkeit, die untere Kurve die retrograde Winkelgeschwindigkeit. Der Bereich ausserhalb dieser Kurven ist physikalisch verboten, weil hier das Geschwindigkeitsfeld nicht mehr global zeitartig ist.
      Keplersche Rotation ist bis zum Horizont m?glich, weil in diesem extremen Fall, genannt Maximum-Kerr, alle charakteristischen Radien bei 1 liegen: der Horizont, die marginal stabile Bahn, die marginal gebundene Bahn, der Photonenorbit und die Ringsingularit?t koinzidieren. Dies zeigt das Diagramm weiter unten.

      Ein wesentlicher Unterschied zwischen rotierenden und nicht rotierenden Schwarzen L?chern ist, dass beim Kerr-Typus die intrinsische Singularit?t bei r = 0 verschwindet und durch die Ringsingularit?t in der ?quatorebene beim Radius a ersetzt wird. In der Kerr-Geometrie ist demnach ein singul?rer Massenfluss, der in einem unendlich d?nnen Ring fliesst, die Quelle des rotierenden Gravitationsfeldes. a nennt man den Rotations-, Spin- oder Kerr-Parameter, der den Drehimpuls des rotierenden Loches festlegt: a = 0 bedeutet keine Rotation (also Schwarzschild), a = -1 (retrograd) bzw. a = +1 (prograd) ist die maximal rotierende Kerr-L?sung. Zwischen a = -1 und a = +1 liegen weniger schnell rotierende Kerr-L?cher. Man kann sich vorstellen, dass die Ringsingularit?t mit abnehmendem a immer kleiner wird und schliesslich im kritischen Grenzfall a = 0, der Schwarzschild-L?sung, zu einer zentralen Punktsingularit?t bei r = 0 wird. Dies muss auch so sein, weil die Schwarzschild-Metrik kugelsymmetrisch ist. Wie man sich leicht ?berlegt, liegt die Ringsingularit?t immer innerhalb beider Horizonte. Nur im maximalen Kerr-Fall, a = -1 oder a = +1, liegt die Ringsingularit?t auf beiden Horizonten gleichermassen in der ?quatorebene. Dieser Extremfall stellte eine "nackte", d.h. sichtbare Singularit?t dar, die gem?ss der Kosmischen Zensur verboten sind.

      Ausserdem gibt es in der Kerr-Metrik ein abgeplattetes Gebiet, das man Ergosph?re nennt. Sie liegt dicht am ?usseren Horizont und hat eine Berandung, die vom Poloidalwinkel abh?ngt: An den Polen des maximal rotierenden Kerr-Lochs f?llt sie mit dem Horizont zusammen und steigt mit dem Kosinus des Poloidalwinkels bis auf 2 Gravitationsradien (also einem Schwarzschildradius) in der ?quatorebene an. Diese Begrenzung in der ?quatorebene ist unabh?ngig vom Rotationszustand des Schwarzen Loches und heisst statisches Limit: Im Schwarzschildfall gibt es keine Ergosph?re, denn hier f?llt die Berandungsfl?che mit dem Horizont zusammen. Akkretionsscheiben, die im Bereich zwischen ein und zwei Gravitationsradien existieren, nennt man ergosph?rische Scheiben. Teilchen k?nnen in der Ergosph?re negative Energien annehmen. Auf diese Weise w?re es zumindest theoretisch m?glich dem Schwarzen Loch Energie zu entziehen: Man schiesst ein Teilchen in die Ergosph?re hinein, l?sst es dort zerfallen. Nun muss man daf?r sorgen, dass das Teilchen, das negative Energie tr?gt ins Loch f?llt, w?hrend das andere die Ergosph?re wieder verl?sst und aufgefangen wird. Auf diese Weise h?tte man Energie aus dem Loch gewonnen. Diesen Mechanismus nennt man Penrose-Prozess. Man stellt sich heute vor, dass die Makro-Jets Aktiver Galaktischer Kerne in der Ergosph?re Energie erhalten und so ein elektromagnetischer Energiefluss (genannt Poynting-Fluss) unmittelbar vor dem Horizont des rotierenden Schwarzen Loches getrieben wird, der den Jet nach aussen elektromagnetisch beschleunigt. Die Astrophysiker sagen, das relativistische Jets magnetisch getrieben sind (Details dazu in meiner Doktorarbeit).



      Die Abbildung rechts zeigt die Topologie Schwarzer L?cher, hier der allgemeine Fall eines Kerr-Loches: n?hert man sich von aussen diesem Objekt, so st?sst man zun?chst auf den Radius marginaler Stabilit?t (gr?ner Orbit). Dieser Abstand markiert den kleinstm?glichen Abstand, bei dem noch eine stabile Rotation um das Schwarze Loch m?glich ist. Also gibt es f?r Radien kleiner als den f?r marginale Stabilit?t keine stabilen Kreisbahnen mehr. Kommt das Objekt n?her heran, muss es entweder in das Schwarze Loch fallen oder auf einer ungebundenen Bahn verlassen.
      Die marginal gebundene Bahn hingegen schliesst sich weiter innen an (violetter Orbit). Dies ist der charakteristische Abstand, bei dem ein Testteilchen, das im Unendlichen ruhend erscheint, gerade an der Schwelle ist, um vom Schwarzen Loch angezogen zu werden.
      Kurz vor dem Ereignishorizont, findet man die Photonensph?re (gelbe Kugelschale und Orbit): an diesem charakteristischen Radius k?nnen Photonen im Prinzip beliebig lange umlaufen, allerdings nur, wenn sie mit richtiger Geschwindigkeit und Richtung auf diesen Orbit eingeschossen werden. Der Orbit ist instabil und - weil er besonders exponiert ist - spielt f?r die Physik Schwarzer L?cher eher eine untergeordnete Rolle.
      Dann schliesst sich die oben beschriebene Ergosph?re an.
      Die Topologie ist im Wesentlichen f?r Kerr-L?cher mit a gr?sser als 0.7 dieselbe, allerdings ragt der Photonenradius dann in die Ergosph?re hinein; ab a gleich 0.83 wandert auch der Radius f?r marginale Bindung in die Ergosph?re und schliesslich ab einem Kerr-Parameter a von 0.94 auch der Radius f?r marginale Stabilit?t.



      S?mtliche charakteristische Radien Schwarzer L?cher habe ich in Abh?ngigkeit vom Kerr-Parameter a, der die Rotation des Schwarzen Loches parametrisiert in der Abbildung links dargestellt. Die Radien heissen:

      Radius marginaler Stabilit?t rms,
      Radius marginaler Bindung rmb,
      Photonenradius rph,
      Radius der Ergosph?re rerg (auch: statischen Grenze rstat)
      ?usserer Horizontradius r+H,
      Radius der Ringsingularit?t rring
      und innerer Horizontradius r-H.
      ?blicherweise ist a eine positive Gr?sse, dann spricht man von prograder Rotation, was bedeutet, dass der Drehsinn des rotierenden Schwarzen Loches mit dem der Akkretionsscheibe ?bereinstimmt. Dies entspricht also dem rechten Teil der Abbildung. Nimmt man hingegen f?r a negative Werte an, so handelt es sich um retrograde Rotation: Scheibe und Loch rotieren gegenl?ufig. W?hrend Horizont, statisches Limit und Radius der Ringsingularit?t unabh?ngig vom Vorzeichen von a sind (Symmetrie zur Vertikalen durch a = 0 in der Abbildung), h?ngen Radius marginaler Stabilit?t, Radius marginaler Bindung und Photonenradius stark vom Umlaufsinn ab. Retrograd ist demnach der Bereich links in der Abbildung. Besonders wichtig wird das beim Radius marginaler Stabilit?t, angewandt in der Akkretionstheorie, wo ein gegenl?ufig rotierendes Loch die Standardscheibe (die Keplerrotation bis rms aufweist) weit nach aussen dr?ckt: im Extremfall, a = -1, auf 9 Gravitationsradien!
      Wie ausserdem leicht zu erkennen ist, gilt immer, dass der Radius marginaler Stabilit?t aussen liegt, sich dann der marginal gebundene Orbit und die Photonensph?re anschliessen, bis schliesslich der Ereignishorizont ganz innen liegt. Noch weiter innen, hinter dem Ereignishorizont befindet sich die Ringsingularit?t. Sie ist sogar immer innerhalb des inneren Horizont (innerhalb der Cauchy-Fl?che) wie eine genaue Untersuchung der Singularit?tenstruktur ergibt (Carter 1968).
      Hier unterscheiden sich rotierende und nicht-rotierende Schwarze L?cher eklatant, denn im Kerr-Fall wird die zentrale Punktsingularit?t zu einem (unendlich d?nnen) Ring mit Radius a "aufgeblasen". Die Ringsingularit?t liegt in der ?quatorebene. Im Schwarzschild-Fall a = 0, die genau in der Mitte der Abbildung liegt, kollabiert die Ringsingularit?t zu einer Punktsingularit?t bei r = 0. Die intrinsischen Singularit?ten der Schwarzen L?cher sind gerade die Quellen des Gravitationsfeldes der Vakuuml?sungen der Einsteinschen Feldgleichungen.
      Die maximal rotierenden Schwarzen L?cher, a = -1 bzw. a = +1, haben die verbl?ffende Eigenschaft, dass alle charakteristischen Radien (bis auf den der Ergosph?re bzw. des statischen Limits) zusammenfallen, n?mlich beim Radius r = 1 rg! Wie die Abbildung zeigt, geht die gegenseitige Ann?herung der charakteristischen Radien eines Kerr-Loches relativ glatt mit variablem Kerr-Parameter vonstatten (es gibt keine Spr?nge/Unstetigkeiten der Radiusfunktionen). Die Ergosph?re, also der Bereich negativer Energien, hat in diesem Fall (und ebenso f?r a = -1) ihr maximales Volumen, das Loch hingegen seinen kleinstm?glichen Radius des ?usseren Horizonts. Dadurch dass Schwarze L?cher durch Akkretion schnell Drehimpuls gewinnen (engl. spin-up effect), ist zu erwarten, dass sehr viele von ihnen nahe an diesem Limit rotieren. Rotation ist vital, um die Bildung von Poynting-Fl?ssen, die den Jets speisen, zu erkl?ren.



      Eine wesentliche Gr?sse bei der Betrachtung der Strahlungsemission nahe Schwarzen L?cher ist der verallgemeinerte Doppler-Faktor (auch generalisierter Rotverschiebungsfaktor genannt). Man muss diese auch g-Faktor genannte dimensionslose Zahl generell dann ber?cksichtigen, wenn man die Strahlungsemission nahe Schwarzer L?cher verstehen m?chte. H?ufig sind Astronomen daran interessiert, den spektralen Fluss im Beobachtersystem zu bestimmen, zum Beispiel ein Kontinuumsspektrum oder eine bestimmte Spektrallinie. Wird diese Strahlung jedoch in der gekr?mmten Raumzeit Schwarzer L?cher emittiert, wenige Gravitationsradien vom Horizont entfernt oder auf typischen Abst?nden marginaler Stabilit?t, so hinterl?sst die Raumzeit deutliche, spektrale Signaturen: quadratischer Doppler-Effekt, Beaming, Gravitationsrotverschiebung, Aberration ver?ndern die Strahlung in charakteristischer Weise, bis sie den Beobachter in asymptotischer Flachheit erreicht.
      Wie nebenstehende Gleichung zeigt h?ngt der g-Faktor im Allgemeinen vom Geschwindigkeitsfeld des Plasmas ab (die v-Komponenten in pseudo-sph?rischen Koordinaten des ZAMO-Systems), den metrischen Funktionen der Kerr-Geometrie, dem spezifischen Drehimpuls des Photons (lambda, einer Erhaltungsgr?sse, dem Quotienten aus Drehimpuls und Energie eines Photons), dem Lorentz-Faktor (gamma, in die Gleichung gekommen durch eine Lorentz-Transformation vom ZAMO in das Ruhesystems des Plasmas) und zwei Polynomen (R und Theta), die B. Carter 1968 einf?hrte, um die (Photonen-)Impulse in der Kerr-Metrik auszuwerten.
      Wie der Relativist und Astrophysiker C.W. Misner 1970 zeigen konnte, gibt es eine Invariante, die man ausnutzen kann, um die Intensit?t im System eines Beobachters im Unendlichen mit dem Emittersystem in Verbindung zu bringen. Bei dieser Vorgehensweise kommt eine Gewichtung des Fluss-Integrals mit dem g-Faktor in der dritten Potenz hinein. Nimmt man nun eine intrinsische Emission im Ruhesystems des Emitters an, die n?herungsweise einer Delta-Distribution entspricht kommt eine weitere Potenz des g-Faktors hinzu.


      Der verallgemeinerte Doppler-Faktor verschiebt gerade die Ruhewellenl?nge der Strahlung. Dabei bedeutet:
      g kleiner 1: Rotverschiebung
      g = 1: keine Verschiebung
      g gr?sser 1: Blauverschiebung

      Die n?chste Abbildung zeigt nun die Verteilung des g-Faktors emittierenden Plasmas einer d?nnen Akkretionsscheibe um ein Schwarzes Loch. Das Besondere dieser Rechnung ist eine Ber?cksichtigung von radialer Drift, d.h. zus?tzlich zur Kepler-Rotation f?llt das Scheibenmaterial auch radial ein. Die Parameter im Ray Tracing waren:
      Kerr-Parameter a = 0.1,
      Scheibeninklination i = 40 Grad,
      Scheibeninnenrand ist der Horizont bei 1.996 Gravitationsradien,
      Scheibenaussenrand 10.0 Gravitationsradien,
      das Plasma f?llt ab einem Radius von 5.0 Gravitationsradien inw?rts.

      Der Betrag des g-Faktors, der zwischen null (am Horizont) und etwa 1.5 (Beaming) variiert, wurde als dritte Koordinate ?ber der Bildschirmebene der Kamera des Ray Tracers dargestellt. Es ergibt sich eine gekr?mmte Fl?che (rubber sheet) ?ber der Bildebene, auf der ebenfalls Isokonturlinien des g-Faktors dargestellt sind: von innen nach aussen nimmt g auf den Kurven von 0.2, 0.3, 0.4,...nach 1.0 zu. Die ?usserste Konturlinie oben links entspricht gerade den Orten auf der akkretierenden Standardscheibe, wo die Emission nicht verschoben wird (g = 1).
      Das resultierende Bild entspricht im Prinzip der Visualisierung des Gravitationstrichter-Diagramms (grosse Version). Der Gravitationstrichter wird ?blicherweise mit der Lapse-Funktion visualisiert (siehe Abbildung Lapse-Funktion eines maximal rotierenden Loches). Zum Horizont des Schwarzen Loches hin, f?llt der g-Faktor signifikant ab und wird schliesslich exakt null am ?usseren Horizont selbst. Diesen Effekt nennt man Gravitationsrotverschiebung: jedes Materieteilchen oder Photon verliert grosse Energiemengen, um der stark gekr?mmten Raumzeit zu entkommen. Am Horizont erreicht die Entweichgeschwindigkeit gerade eine kritische Grenze, die Lichtgeschwindigkeit. Dann gibt es kein Entkommen mehr und alle Geod?ten enden in der Singularit?t (trapped surface).

      Wie in der Historie Schwarzer L?cher bereits angemerkt, haben auch die Schwarzen L?cher der Kerr-Familie eine Verallgemeinerung erfahren: rotierende Schwarze L?cher mit elektrischer Ladung. Diese Kerr-Newman L?sungen wurden 1965 von Newman et al. abgeleitet. F?r Relativisten ist das Studium dieser Raumzeiten mit elektromagnetischen Feldern ausserordentlich interessant. F?r Astrophysiker spielt sie eher eine untergeordnete Rolle, weil die Ladung durch Akkretion von Plasma aus der Umgebung schnell kompensiert werden w?rde, sollte sich ein geladenes Schwarzes Loch gebildet haben. Aus diesem Grund betrachten Astrophysiker in der Regel nur ungeladene Schwarze L?cher vom Kerr-Typ.
      Alle Versuche eine innere Kerr-L?sung als rotierendes Pendant zur inneren Schwarzschild-L?sung aufzufinden, sind bisher gescheitert. Eine gewisse Verwandtschaft zu diesen m?glicherweise existierenden L?sungen weisen die Raumzeiten von Neutronensternen und Magnetaren auf: sie bestehen aus einem rotierenden, magnetisiertem Fluidum, das eine Kugel mit endlichem Radius ausf?llt.

      Quelle: http://www.vfgp.de/