Hartz IV gescheitert

  • Hartz IV gescheitert

    Mehr Kosten, weniger Jobs, geringerer Lohn

    Die Ausgaben f?r die Hartz-IV-Arbeitsmarktreform laufen aus dem Ruder: Allein f?r dieses Jahr werden Mehrkosten in Milliardenh?he erwartet. Dabei erweisen sich viele der Ma?nahmen als kontraproduktiv f?r den Arbeitsmarkt. So missbrauchen Firmen zunehmend die Regelungen, um Vollzeitstellen zu streichen und Lohndumping zu betreiben.

    Von S. Buchen, C. Justus, M. Rudolph und A. Th?ringer (NDR)

    Nicole Brunner ist Vollzeitfriseurin, eine der letzten im Erzgebirge. Sie muss eine Idealistin sein, denn finanziell lohnt sich 40 Stunden Haare schneiden in der Woche kaum. Sie muss ihren Lohn mit Geld vom Staat aufstocken. "Im Monat krieg ich bar auf die Hand knapp 600 Euro und vom Arbeitsamt sind es an Zusch?ssen 175,50 Euro." Das hei?t: Ihr Lohn ist geringer als das staatlich festgelegte Existenzminimum. Obwohl Nicole Vollzeit arbeitet, bezieht sie Arbeitslosengeld II. "Ich h?tte auch nie gedacht, dass ich hier, wenn ich hier acht Stunden besch?ftigt bin, ?berhaupt aufs Arbeitsamt gehen oder mir irgendwelche Zusch?sse geben lassen muss."
    Der Vollzeitjob wird unattraktiv

    Der Friseursalon "New Line" in Annaberg hat 13 Mitarbeiter, davon sind nur zwei Vollzeitkr?fte. Kein Wunder, weil alle im Prinzip Anspruch auf staatliche Zusch?sse haben, lohnt sich ein Vollzeitjob finanziell nicht. Nancy zum Beispiel jobbt nur 20 Stunden - aber am Monatsende hat sie genauso viel auf dem Konto wie ihre Vollzeitkollegin Nicole. Die kann das nicht nachvollziehen: "Ich hab manchmal das Gef?hl, dass ich hier ehrenamtlich arbeite."
    Kombilohn durch die Hintert?r

    Im Erzgebirge ist jeder dritte Hartz-IV-Empf?nger ein "Aufstocker", also jemand, der ein paar hundert Euro durch Arbeit verdient und den Rest vom Arbeitsamt dazu bekommt. Rund eine Million Menschen betrifft das bereits deutschlandweit, Tendenz: weiter steigend. Ein wucherndes Kombilohnmodell - das sieht auch der Wirtschaftswissenschaftler Karl Brenke vom Deutschen Institut f?r Wirtschaft so: "Das ist ein au?erordentlich teures Kombilohnmodell. Und auch ein Kombilohnmodell, dass f?r viele keine Anreiz schafft, eine regul?re Besch?ftigung zu suchen."
    Arbeitgeber betrieben Lohndumping auf Staatskosten

    Lohnsubvention durch die Hintert?r: Immer mehr sprechen sich die M?glichkeiten von Hartz IV im Lande herum. Einmal im Monat bringt Christian Wolff seinen Lohnzettel zum Arbeitsamt Hoyerswerda. Er arbeitet bei McDonald's, Teilzeit, 28 Stunden die Woche. Im April kam er damit auf 598 Euro. Er darf mit einem Plus von 30 Euro rechnen. In seiner McDonald's-Filiale ist Aufstockung die Regel: "Das sind bei uns alle, glaube ich, alle Kollegen, die diese Aufstockung mitmachen." Den Tipp dazu gab?s von der Vorgesetzten.
    Ausgaben laufen aus dem Ruder

    Aber immer mehr Unternehmen in Deutschland profitieren davon, dass der Staat Niedrigl?hne subventioniert. "Die Arbeitgeber k?nnen die L?hne immer weiter absenken, weil sie bei vielen Besch?ftigten die Sicherheit haben, dass der Staat die Ausfallb?rgschaft ?bernimmt und die Leistungen aufstockt", meint Claudia Weinkopf, Forschungsdirektorin am Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen. So wird Hartz IV immer teurer. Die gro?e Politik schl?ft, vor Ortschl?gt man Alarm. Sigrid Zaunick von Arbeitsamt Hoyerswerda wei? nicht mehr weiter: Wenn sich die Lage weiter so entwickele, dass immer mehr Aufstocker Leistungen auf ALG II beantragen, dann "k?nnen wir das auch nicht mehr finanzieren".
    Schuften f?r 3,50 Euro in der Stunde

    Schulschluss in Freiberg Sachsen - das ist die Stunde der Putzfrauen, angestellt vom Reinigungsriesen Piepenbrock. Sie haben Angst vor dem Rauswurf, deshalb wollen sie unerkannt bleiben. Es sind Minijobberinnen mit einem Monatsverdienst von unter 400 Euro. Der Staat ?bernimmt die Sozialabgaben. Aber trotzdem sind die Putzfrauen am unteren Ende der Lohnskala angekommen: Sie erhalten 3,50 Euro pro Stunde. "Ein Hungerlohn, davon kann man nicht existieren", meint eine der Betroffenen. "Ich w?rde zu jeder Zeit hier rausgehen. W?rde eventuell in meinem eigentlichen Beruf wieder arbeiten. Aber das klappt nicht."
    Weniger statt mehr Vollzeitstellen durch Minijobs

    Rot-Gr?n hatte vor allem Langzeitarbeitslose in solche Jobs bringen wollen. Die Realit?t sieht anders aus. Die meisten Frauen hier hatten zuvor Vollzeitjobs, mit Stundenl?hnen von 10 Euro und mehr. Jetzt sind sie zu Mini-Jobberinnen degradiert. Viele von ihnen m?ssen beim Arbeitsamt aufstocken. Karl Brenke sieht darin eine doppelte Unterst?tzung: "Die geringf?gige Besch?ftigung in Form von Minijobs ist ja in gewisser Weise subventioniert, weil keine Sozialabgaben anfallen und auf der anderen Seite ist es ja so, dass der Arbeitslose, wenn er Arbeitslosengeld II bezieht, staatliche Unterst?tzung erh?lt."
    Auch ?ffentliche Arbeitgeber machen mit

    Bei den Putzfrauen zeigt sich die Absurdit?t des Subventionsdschungels. Die Stadt Freiberg wollte sparen. Sie senkte den Etat f?r die Reinigung ihrer Geb?ude um mehr als die H?lfte. Aber so billig konnten nur die Firma Piepenbrock und zwei weitere Unternehmen putzen - auch dank subventionierter Minijobs. Das Ergebnis: Was die Stadt hier spart, zahlt der Staat bei den Minijobs wieder drauf.
    Staat setzt falsche Anreize

    Drei Jahre nach der Arbeitsmarktreform zeichnet sich ab: Minijobs und Hartz IV helfen nicht bei der Bek?mpfung der Arbeitslosigkeit, setzen die falschen Anreize. Vier Milliarden Euro wird Hartz IV wohl in diesem Jahr mehr kosten als geplant, auch wegen der Aufstocker. Trotz leerer Kassen zeigt sich der Staat f?rsorglich, unterst?tzt immer mehr Menschen. Das leuchtet nicht ein, aber es wirkt sozial. Claudia Weinkopf erkl?rt, wie es dazu kommen konnte: "Das ist im Prinzip eine Subventionierung mit der Gie?kanne ohne jede Bedarfspr?fung."Der Wirtschaftswissenschaftler Brenke glaubt, dass sich das Problem vielleicht sogar bald von selbst l?sen k?nnte - zum Nachteil aller Beteiligten: "Wenn ich mir das gegenw?rtige Niveau ansehe, was beim ALG II ausgezahlt wird, kann sich der Staat das nicht mehr lange leisten."

    Aber die Politik weigert sich, diese Wahrheit auszusprechen und die Menschen haben sich eingerichtet - in einem absurden System der Subventionen.

    ---
    die politik arbeitet mal wieder gegen das volk und f?r die wirtschaft -_-

    was w?re eine l?sung f?r das dilemma arbeitslosigkeit und lohndumping?
  • Wann immer in unserem Staat eine Regelung Gesetz wird, die dem gesunden Menschenverstand wiederspricht, und deren Auswirkungen von vorn herein von Spezialisten hervorgesagt werden kann, dann sieht man die Geheimb?ndler am Werke. In diesem Fall zum Vorteil der Unternehmen, denen Teile ihrer Kosten vom Steuerzahler ?bernommen werden, was die Unternehmer gegen?ber den Konkurenten bevorteilt, die diese M?glichkeit nicht haben. Statt auf dem Markt zu bestehen, verschafft sich der Unternehmer einen Subventionsvorteil. Tolle Sache! Und so Vorhersehbar!
    nenn mich EO
    zu Ende denken